• Frontjahr Strom verliert mehr als 10 Euro
  • 23 Stadtwerke schließen Vertrag zur CO2-Verringerung
  • Wechsel an der Spitze von Uniti
  • Negativer Sommer-Winter-Spread bereitet Sorge
  • Eon sieht sich auf Kurs
  • Fortschritte auf dem Weg zum globalen Kohlenstoffmarkt
  • Bezahlbarkeit der Energiewende auf vielen Wegen sichern
  • Hoher Informationsbedarf bei dynamischen Tarifen
  • Tschechien plant rückwirkende Kürzungen bei PV-Anlagen
  • Warme Wohnzimmer mit Atommüll?
Enerige & Management > Regulierung - Regulierer will Redispatch 2.0 je nach Kraftwerk einführen
Quelle: Bundesnetzagentur
REGULIERUNG:
Regulierer will Redispatch 2.0 je nach Kraftwerk einführen
Erste Verteilnetzbetreiber müssen frühestens 2027 kurzfristige Eingriffe in die Fahrweise von Kraftwerken selbst bilanziell ausgleichen. Das ist Eckpunkten der Netzagentur zu entnehmen.
 
Das Wirtschaftsministerium (BMWK) möchte die Verteilnetzbetreiber „grundsätzlich“ weiter bis Ende 2031 vor dem bilanziellen Ausgleich von Redispatch-Maßnahmen verschonen, den sie 2021 hätten übernehmen müssen. Das geht aus einem Referentenentwurf zur Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) von August hervor.

Allerdings will das BMWK darin die Bundesnetzagentur ermächtigen, diesen sogenannten Redispatch 2.0 teilweise vorzuziehen. Das Festlegungsverfahren der Beschlusskammern 6 und 8 dazu läuft seit August 2023. Ein Jahr später haben sie Eckpunkte vorgelegt, die sie bis 4. November mit der Branche konsultieren. Demzufolge zeigt sich der Regulierer gewillt, den offen gelassen Spielraum für einen früheren Redispatch 2.0 auszuschöpfen.

Die Netzagentur beabsichtigt demnach, dass künftig die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) gemeinsam jährlich zum 1. September Listen von Kraftwerken erarbeiten, deren Anschlussnetzbetreiber (ANB) im jeweiligen Folgejahr vom finanziellen zum bilanziellen Ausgleich ihrer kurzfristigen Eingriffe übergehen müssen. Es geht der Behörde um eine teilweise Einführung des Redispatch 2.0 Jahr für Jahr.

Es geht im Wesentlichen um höchstens 133.000 Anlagen

Es sollen nur Anlagen infrage kommen, die für das Netzengpassmanagement überhaupt „relevant“ sind. Damit ist schon mal das Gros der 6,3 Millionen Erneuerbaren-Anlagen außer Betracht. Es wäre ohnehin nicht fernsteuerbar. Nur 133.000 davon leisten laut Marktstammdatenregister mehr als 100 kW. Sie sind die Ausgangsbasis für den Redispatch 2.0. Ziel ist es, die „wesentlichen“ Strommengen vor Ende 2031 in den Bilanzausgleich durch den Netzbetreiber zu bekommen.

Auch oberhalb von 100 kW dürften die fluktuierenden Energien aus Wind onshore und PV nur dann Infragekommen, wenn es sich um größere Parks handelt – vor dem Einbezug einzelner Windräder oder kleiner Freiflächen-Anlagen hatte der nicht namentlich genannte Gutachter die Netzagentur gewarnt.

Die ÜNB müssen aus dem Pool die „relevanten“ Anlagen nach Abstimmung mit den Anschlussnetzbetreibern benennen, dies diskriminierungsfrei begründen, öffentlich konsultieren und zum Schluss vom Regulierer genehmigen lassen.

Da im EnWG-Entwurf steht, dass die Behörde dies erstmals am 1. Juli 2025 festlegen darf, wäre die erste Redispatch-2.0-Kraftwerksliste frühestens am 1. September 2025 fertig. Dies ist aber höchst unwahrscheinlich, denn dann müssten sich alle fürs Netzengpass-Management erheblichen Verteilnetzbetreiber (VNB) wenigstens innerhalb eines Schaltbezirks mit ihrem ÜNB im Prinzip vorher schon geeinigt haben, damit die zwei Monate für Konsultation, Genehmigung und Veröffentlichung reichen.

Der Redispatch 2.0 war aber 2021 auch daran gescheitert, dass manche VNB ihn sabotierten, weil sie nicht in IT, weitere elektronische Marktkommunikation und Sensorik investieren wollten. Mit allem Druck des Regulierers auf widerspenstige VNB und mit Zeit für die Bedenken und Klagen anderer Strommarkt-Teilnehmer gäbe es vielleicht am 1. September 2026 die erste Liste, die am 1. Januar 2027 scharf schalten würde. Mitte 2027 soll der Redispatch 2.0 aber schon evaluiert werden.

Die Direktvermarkter hingegen – genauer: die „Einsatzverantwortlichen (EIV) der Steuerbaren Ressource (SR)“ und „Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) der Marktlokation (MaLo)“ der Kraftwerke – haben kein Wahlrecht, ob sie in den Redispatch 2.0 wechseln wollen.

Damit könnten die meisten wohl gut leben, weil sie ihre Bilanzkreise nach Ankündigung eines Redispatch gar nicht mehr im Intradaymarkt ausgleichen oder Ausgleichsenergie bezahlen müssten. Den Ausgleich müsste dann der ANB selbst machen, statt ihn wie bisher nur zu bezahlen. Diesem Geld rennen die Direktvermarkter und damit auch die Anlageneigner bis mehr als ein Jahr hinterher. Im Gegenzug müssten sie den neuerdings den ANB Fahrpläne über die geplante Fahrweise schicken.

Der Redispatch 2.0 („Planwertmodell“ statt „Prognosemodell“) ist bei den ÜNB eingeführt, an die Offshore-Windparks und andere Großkraftwerke angeschlossen sind. In den niedrigeren Spannungsebenen, also in der Domäne der VNB, war der bilanzielle Ausgleich 2021 auch an komplizierten und detaillierten Vorgaben für die dazu notwendigen Kommunikationsprozesse gescheitert.

Die Bundesnetzagentur erwägt, deren Weiterentwicklung zu delegieren sowie einen klaren Zeitplan und Anreize für einen kosteneffizienteren Redispatch setzen (siehe separate Meldung).

Die Netzagentur stellt ihre Eckpunkte zum Redispatch auf einer Unterseite  bereit, ebenso woanders das BMWK seinen Referentenentwurf zur EnWG-Novelle. 
 

Georg Eble
Redakteur
+49 (0) 8152 9311 44
eMail
facebook
© 2024 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 16.10.2024, 11:31 Uhr

Mehr zum Thema