
Redox-Flow-Batterien versprechen viele Vorteile: Ihre Kapazität nimmt auch nach tausenden Zyklen nicht merklich ab, sie sind nicht brennbar und lassen sich in puncto Leistung und Kapazität auf den Bedarf auslegen. Zudem brauchen sie keine kritischen Materialien, und ihre Elektrolyte können vollständig zurückgewonnen werden. Aber: Bis dato waren sie schlichtweg zu teuer für den Massenmarkt.
Forscher des Fraunhofer Umsicht konnten nun dieses Problem nachhaltig lösen: Sie haben die Herstellungsweise des zentralen
elektrisch leitfähigen Kunststoffs neu erfunden, sodass dieser flexibel bleibt und sich verschweißen lässt. Dieses neue Verfahren
hat erhebliche Auswirkungen: "Der neu entwickelte Stack, das Herzstück einer jeden Redox-Flow-Batterie, ist von den Materialkosten
her 40 Prozent günstiger, auch die Produktionskosten konnten deutlich gesenkt werden. Der Stack wiegt 80 Prozent weniger als ein herkömmlicher Stack und ist nur etwa halb so groß", fasst Prof. Christian Doetsch zusammen.
Üblicherweise bestehen die Stacks aus 160 gestapelten Komponenten, die mit einer Vielzahl von Schrauben und massiven Metallplatten
zusammengehalten und mit zahlreichen Dichtungen abgedichtet werden. Ein Teil dieser Komponenten wird spritzgegossen und ist
aufgrund der für den Spritzguss notwendigen hohen Drücke und Temperaturen spröde wie eine Bleistiftmine. Um dies zu umgehen,
verwendet das Forscherteam zwar ähnliche Ausgangsstoffe, also Grafite und Ruße, ging aber auf andere Art und Weise an den
Prozess heran: Pelletförmiger Kunststoff wird auf bis zu minus 80 Grad Celsius gekühlt, zu Pulver zermahlen und mit 80 Gewichtsprozent Graphit gemischt.
Das entstehende Pulver schickt das Forscherteam durch ein System aus mehreren Walzen mit verschiedenen Temperaturen und Geschwindigkeiten.
Zwischen den Walzen wird das Pulver bei moderaten Temperaturen und geringen Drücken kurz aufgeschmolzen, geknetet, zu einer
"Endlos-Platte" gewalzt und schließlich aufgerollt. "Das neue Material erhält dabei thermoplastische Eigenschaften, es ist
also biegsam und verschweißbar, obwohl der Kunststoff nur einen Anteil von 20 Prozent hat", erläutert Lukas Kopietz.
Schrauben und Dichtungen werden überflüssig
Der Stack kommt somit ohne eine einzige Dichtung aus, auch Schrauben sind überflüssig – die Zellen werden einfach miteinander
verschweißt. Ein weiterer Vorteil: Über diese Methode lassen sich Bipolarplatten nicht nur deutlich schneller und damit kostengünstiger
herstellen, es gibt auch keine Größenbegrenzung mehr. Bipolarplatten mit bis zu mehreren Quadratmetern sind problemlos möglich.
Der zweite entscheidende, weil kostensenkende Schritt war die Entwicklung eines kontinuierlichen Produktionsverfahrens: das
Pulver-zu-Rolle-Verfahren, in dem sich die Bipolarplatten als Endlos-Rolle fertigen lassen. Auf diese Weise lassen sich sehr
dünne Platten herstellen. Ist die Plattendicke beim Spritzgießen produktionsbedingt auf mehrere Millimeter begrenzt, kann
sie beim Pulver-zu-Rolle-Verfahren zwischen 0,1 und 0,4 Millimeter dünn werden. Es ist also deutlich weniger Material notwendig, was den Preis wiederum senkt sowie leichtere kompaktere
Stacks ermöglicht.
Vermarktet wird der Stack vom Spin-off Volterion, das bereits mehr als
tausend Stacks gebaut und verkauft hat. Für diese Entwicklung haben Christian Doetsch und Lukas Kopietz vom Fraunhofer Umsicht
sowie Thorsten Seipp von Volterion jetzt den Joseph-von-Fraunhofer-Preis bekommen.
Donnerstag, 06.05.2021, 15:25 Uhr