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Enerige & Management > Aus Der Zeitung - RechtEck: Nutzung öffentlicher Straßen: Stolperstein der Wärmewende?
Quelle: E&M
AUS DER ZEITUNG:
RechtEck: Nutzung öffentlicher Straßen: Stolperstein der Wärmewende?
Weshalb das Recht zur Nutzung öffentlicher Verkehrswege ein Baustein der Wärmewende ist und wie die Rechtslage aussieht, erläutern Astrid Meyer-Hetling und Dennis Tischmacher*.
 
Der Klimawandel und die zu seiner Eindämmung auf internationaler und nationaler Ebene zahlreich verabschiedeten Klimaschutzziele machen einen Systemwechsel in der mehrheitlich noch fossilen Wärmeversorgung unumgänglich. Fast 40 Prozent aller deutschen CO2-Emissionen gehen auf den Wärmemarkt zurück. Kein Wunder also, dass die Bundesregierung versucht, die Wärmewende nicht nur mit Worten, sondern (endlich) auch durch Taten voranzutreiben.

Neben dem „Gesetz zur Einsparung von Energie und zur Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteerzeugung in Gebäuden“ (Gebäudeenergiegesetz − GEG) markieren viele weitere gesetzgeberische Maßnahmen den Weg in die klimaneutrale Richtung. So sind die Kommunen seit dem 1.1.2024 dazu verpflichtet, Wärmepläne zu erstellen. Diese sollen unter Berücksichtigung der lokalen Gegebenheiten aufzeigen, wie die Wärmeversorgung vor Ort Schritt für Schritt auf die Nutzung erneuerbarer Energien oder unvermeidbarer Abwärme umgestellt werden kann. 

Die Zukunft soll der Fern- und Nahwärme gehören

Viele Kommunen setzen hierbei auf den Auf- oder Ausbau von Fern- und Nahwärmenetzen; diese werden vielerorts als zentraler Baustein der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung angesehen. Auch die Bundesregierung hat diese Chance erkannt und den massiven Ausbau der deutschen Wärmenetze ausgerufen: Bis zum Jahr 2045 soll sich die Zahl der angeschlossenen Gebäude gegenüber dem aktuellen Stand von rund 14 Prozent in etwa verdreifachen.

Mittelfristig sollen jährlich mindestens 100.000 Gebäude an Wärmenetze angeschlossen werden. Um dieses Ziel zu erreichen, soll der aktuelle rechtliche und förderpolitische Rahmen „deutlich verbessert“ werden. Mit Blick auf geplante Gesetzesnovellierungen nimmt die von Bundesregierung und Branchenvertretern bereits 2023 verabschiedete Erklärung „Mehr Tempo bei der Transformation der Wärmeversorgung“ vor allem § 556c BGB (Kosten der Wärmelieferung als Betriebskosten) und die Wärmelieferverordnung in den Fokus, die in ihrer aktuellen Form als Hemmnis für das ambitionierte Ausbauziel wahrgenommen werden.

Der geltende Rechtsrahmen hält noch mehr Stolpersteine bereit

Eines der aktuell wohl größten Hindernisse haben bisher indes nur die wenigsten vor Augen, nämlich den Rechtsrahmen zur Vergabe von Wegenutzungsrechten an öffentlichen Straßen, häufig auch das Recht der Fernwärmekonzessionen genannt. Der Transport der dezentral erzeugten Energie erfolgt über ein in der Regel erdverlegtes Rohrsystem. Die Verlegung und der Betrieb von Fernwärmeanlagen setzt voraus, dass den Versorgungsunternehmen das Recht zur Nutzung fremder Grundstücke eingeräumt wird. Regelmäßig handelt es sich bei den Grundstückseigentümern nicht um Private, sondern um Kommunen, die ihre öffentlichen Verkehrswege zur Verfügung stellen (müssen).

Die Einräumung von Wegerechten an den öffentlichen Verkehrswegen erfolgt dabei üblicherweise auf vertraglicher Grundlage. Der Vertragsschluss hält allerdings viele zwingend zu beachtende Fallstricke bereit. Kommunen müssen, was diese oft überhaupt nicht wissen, vor dem Abschluss von Wegenutzungsverträgen prüfen, ob sie dem Versorger hierdurch eine ausschließliche (Versorger-)Stellung vermitteln, also: Wird der Versorger durch den Vertragsschluss Monopolist im vom Vertrag umfassten Versorgungsgebiet?

Das wäre beispielsweise bei einem Anschluss- und Benutzungszwang der Fall, durch welchen die Kommune alle Haushalte im vom Vertrag umfassten Gebiet dazu verpflichtet, sich an das Wärmenetz anzuschließen und es zu benutzen. Aber auch wenn der Straßenkörper keinen Platz für ein paralleles Rohrsystem eines anderen Unternehmens aufweist oder der Betrieb eines parallelen Netzes wirtschaftlich nicht erfolgversprechend ist, kann bereits eine faktische Ausschließlichkeitsstellung des Versorgers vorliegen.

Wird eine solche vermittelt, muss die Kommune wohl einen Wettbewerb um die Wegerechte eröffnen, an dem alle interessierten Unternehmen teilnehmen können − so legt es zumindest eine aktuelle Entscheidung des BGH um das Fernwärmenetz in Stuttgart vom 5.12.2023 (Az.: KZR 101/20) nahe, auch wenn der BGH in dem dort entschiedenen Fall die Frage einer generellen kommunalen Ausschreibungspflicht offen gelassen hat.

Gesetzgeberisches Handeln erforderlich

Anders als im Strom- und Gasbereich gibt es im Fernwärmebereich bisher keine speziellen Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten und auch keinen klaren Rechtsrahmen. Diese Ausgangslage führt auf allen Seiten zu erheblicher Rechtsunsicherheit und birgt das Potenzial, die Geschwindigkeit des ambitionierten Ausbaus der Wärmenetze stark zu drosseln.

Das zeigt nicht zuletzt ein Blick auf den im Strom- und Gasbereich geltenden Rechtsrahmen, der trotz der im Jahr 1998 getroffenen Grundsatzentscheidung zur verpflichtenden Durchführung von (Konzessions-)Wettbewerben viele elementare Fragen offen ließ, infolgedessen mehrfach novelliert werden musste und seit jeher häufig Gegenstand von langwierigen Rechtsstreitigkeiten ist. Wenn der Motor der Wärmewende anspringen soll, muss der Gesetzgeber zeitnah eine Richtungsentscheidung treffen.
 
* Astrid Meyer-Hetling, Rechtsanwältin, Becker Büttner Held (BBH), Berlin; Dennis Tischmacher, Rechtsanwalt, Becker Büttner Held (BBH), Berlin
 

Redaktion
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Montag, 08.07.2024, 09:15 Uhr

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