 
				
					Quelle: E&M
				
			
				AUS DER AKUELLEN AUSGABE:
			
		
		
			RechtEck: Netzbetreiber zwischen Planungssicherheit und Gleichbehandlung
		
		
			
				Wie im gallischen Dorf: Der BGH erlaubt das „große Versprechen“ zur Reservierung von Netzverknüpfungspunkten − unter klaren Regeln für alle Beteiligten. Ein Text von Jens Vollprecht*.
			
		
		
			„Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ...“ So müsste es jetzt eigentlich losgehen.
Doch dieses Abenteuer verläuft anders. Von mutigen Menschen, die nur davor Angst haben, dass ihnen der Himmel auf den Kopf
fällt, wird aber trotzdem zu erzählen sein. Denn lange Zeit gaben einzelne Netzbetreiber Anschlussbegehrenden das große Versprechen,
etwa ihre Windkraftanlage an einen bestimmten Netzverknüpfungspunkt anzuschließen − und das, bevor die Anlage anschlussfertig
errichtet war, und ohne weitere Voraussetzungen. 
Stellt man sich unser gallisches Dorf vor, so wäre es wohl Versprechnix, der hier folgende Bedenken angemeldet hätte: „Wir kennen doch unseren Traumtänzer Bauvielleichtnix. Wenn wir dem einfach so das Versprechen geben, kriegen wir vielleicht mit Realisierfix Ärger. Wie ihr wisst, kommt der auch noch mit seiner Windkraftanlage und will an den für Bauvielleichtnix reservierten Verknüpfungspunkt. Schicken wir Realisierfix dann an einen weiter entfernten Verknüpfungspunkt, hat der höhere Kosten für den Netzanschluss zu tragen. Stellt euch vor, der bekommt mit, dass wir dem Bauvielleichtnix für den Verknüpfungspunkt einen Blankoscheck ausgestellt haben und der das mal wieder nicht ernst gemeint hat. Dann werden wir für den Realisierfix einige Sesterzen auf den Tisch legen müssen.“
Möglicherweise zückt Versprechnix auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), hält es in die Höhe und schreit mit hochrotem Kopf: „Wo steht denn hier, dass wir Netzverknüpfungspunkte überhaupt reservieren dürfen? Mir ist das Ganze zu heiß!“ Tatsächlich würde man auch in den alten Fassungen des EEG keine explizite Regelung dazu finden. Majestix käme auf seinem Schild jetzt vielleicht ein kleines bisschen ins Wanken und würde von Gutemine bestimmt böse Blicke ernten.
Doch im Jahre 2023 n. Chr. konnte Majestix freudestrahlend verkünden: „Beim Teutates! Der Bundesgerichtshof (31.03.2023, Az. XIII ZR 2/20) hat entschieden, dass wir Netzverknüpfungspunkte reservieren dürfen! Das muss gefeiert werden!“ An dem Wildschweinessen führte nichts vorbei. Versprechnix bliebe skeptisch. Denn er hatte den Eindruck, dass das mit dem großen Versprechen nicht so einfach geht.
Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen
Und tatsächlich: Der Netzbetreiber muss bei der Ausgestaltung des Reservierungsverfahrens die Interessen aller beteiligten Anschlusspetenten angemessen berücksichtigen. Erforderlich ist ein transparentes, diskriminierungs- und willkürfreies Reservierungsverfahren, das zudem den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht behindern darf. Kurz bevor ihm die Augen zufielen, murmelte Versprechnix noch, dass die Netzbetreiber nicht zu solchen Reservierungen verpflichtet sind, und sank zufrieden in einen wohligen Schlaf.
Am nächsten Morgen suchte er Miraculix auf und fragte ihn, wie er die Vorgaben des BGH umsetzen würde. Der strich sich durch seinen langen weißen Bart, nahm den Topf mit dem Zaubertrank vom Feuer und antwortete: „Wir wollen doch die Windmüller und all die anderen Erneuerbaren unterstützen und sollten daher auch in Zukunft Netzverknüpfungspunkte reservieren. Das hilft auch uns. Denn wenn wir wissen, welche Anlagen mit welcher Leistung voraussichtlich an das Netz angeschlossen werden und welche Projekte es nicht oder nicht wie geplant schaffen, können wir unser Netz besser planen. Aber wie machen wir das konkret? Ich denke, dass wir − wie bisher − keine erneuerbare Energie von dem Reservierungsverfahren ausnehmen können.“
„Wie sieht es aber mit der Anlagengröße aus?“, warf Versprechnix ein. „Wenn wir das große Versprechen für alle Anlagen abgeben, schaffen wir das mit den Römern nicht mehr.“ Miraculix kratzte sich am Kopf. „So sehe ich das auch. Aber wenn wir nicht verpflichtet sind, einen Verknüpfungspunkt zu reservieren, dann können wir doch eine Grenze vorsehen, ab der wir das große Versprechen geben. Wir müssen auch aufpassen, dass unsere Leute das richtig umsetzen. Denn wenn hier Fehler gemacht werden, drohen Schadensersatzansprüche. Das riskieren wir nicht. Vielleicht orientieren wir uns an der im EEG bei den Ausschreibungen teilweise verwendeten Grenze und starten mit Anlagen über einem Megawatt. Später können wir die Grenze immer noch auf zum Beispiel 135 kW absenken. Das ist eine Grenze aus der Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen.“
Unser Druide weiß einfach eine Menge, dachte Versprechnix. „Zudem müssen wir uns überlegen, welche Projektreife erreicht werden muss, damit eine Reservierung ausgesprochen werden kann. Wir müssen also den Auslöser bestimmen. Die Anforderungen an ein Netzanschlussbegehren nach § 8 Abs. 5 EEG reichen dafür nicht aus. Denn du musst bedenken, dass wir mit dem großen Versprechen andere von dem reservierten Punkt ausschließen. Denk an unseren Bauvielleichtnix.
Zudem müssen wir die Reservierungen befristen und immer wieder überprüfen, ob es mit dem Projekt auch vorangeht. Solche Meilensteine können etwa die Erteilung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage, die Erteilung des Zuschlags seitens der Bundesnetzagentur, der Baubeginn und schließlich der Netzanschluss sein. Die zeitlichen Abstände zwischen diesen Meilensteinen, die Reservierungsabschnitte, müssen auf der einen Seite so lang sein, dass der jeweils nächste Meilenstein auch erreicht werden kann. Die Bundesnetzagentur braucht beispielsweise einige Monde, bis sie über die Erteilung der Zuschläge entschieden hat.
Auf der anderen Seite dürfen die Reservierungsabschnitte nicht zu lang sein. Denn wir müssen den Projektfortschritt ja im Auge behalten.“ „Wir müssen auch sicherstellen, dass wir die Anforderungen für die Erfüllung des Auslösers beziehungsweise der Meilensteine so klar definieren, dass wir das ganz einfach überprüfen können. Wenn wir andauernd Berategutundfix einschalten müssen, steigen unsere Rechtsberatungskosten ins Unermessliche“, ergänzte Versprechnix. „Stimmt! Und der Anschlussbegehrende muss uns umgehend darüber unterrichten, wenn sich an seinem Projekt etwas ändert oder er es aufgibt. Damit jeder weiß, was zu tun ist, sollten wir das Ganze in einen Reservierungsvertrag gießen.
Hier sollten wir Berategutundfix aber dazunehmen. Das Geld lohnt sich. Doch es ist spät geworden und der Zaubertrank muss wieder aufs Feuer − du weißt ja, die Römer … Lass uns morgen weitermachen.“
Das sah Versprechnix auch so und machte sich in die gallische Nacht auf. Für das große Versprechen braucht man doch mutige Menschen, dachte er. Asterix und Obelix schlenderten mit Idefix noch durch das Dorf. Als Versprechnix sie traf und ihnen von seinem Besuch beim Druiden erzählte, war Obelix begeistert. „Wenn der Reservierungsvertrag fertig ist, muss es unbedingt ein großes Wildschweinessen geben!“, rief er und klatschte in die Hände.
* Rechtsanwalt und Dipl. Forstw. (Univ.) Jens Vollprecht, Partner bei Becker Büttner Held in Berlin
		Stellt man sich unser gallisches Dorf vor, so wäre es wohl Versprechnix, der hier folgende Bedenken angemeldet hätte: „Wir kennen doch unseren Traumtänzer Bauvielleichtnix. Wenn wir dem einfach so das Versprechen geben, kriegen wir vielleicht mit Realisierfix Ärger. Wie ihr wisst, kommt der auch noch mit seiner Windkraftanlage und will an den für Bauvielleichtnix reservierten Verknüpfungspunkt. Schicken wir Realisierfix dann an einen weiter entfernten Verknüpfungspunkt, hat der höhere Kosten für den Netzanschluss zu tragen. Stellt euch vor, der bekommt mit, dass wir dem Bauvielleichtnix für den Verknüpfungspunkt einen Blankoscheck ausgestellt haben und der das mal wieder nicht ernst gemeint hat. Dann werden wir für den Realisierfix einige Sesterzen auf den Tisch legen müssen.“
Möglicherweise zückt Versprechnix auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), hält es in die Höhe und schreit mit hochrotem Kopf: „Wo steht denn hier, dass wir Netzverknüpfungspunkte überhaupt reservieren dürfen? Mir ist das Ganze zu heiß!“ Tatsächlich würde man auch in den alten Fassungen des EEG keine explizite Regelung dazu finden. Majestix käme auf seinem Schild jetzt vielleicht ein kleines bisschen ins Wanken und würde von Gutemine bestimmt böse Blicke ernten.
Doch im Jahre 2023 n. Chr. konnte Majestix freudestrahlend verkünden: „Beim Teutates! Der Bundesgerichtshof (31.03.2023, Az. XIII ZR 2/20) hat entschieden, dass wir Netzverknüpfungspunkte reservieren dürfen! Das muss gefeiert werden!“ An dem Wildschweinessen führte nichts vorbei. Versprechnix bliebe skeptisch. Denn er hatte den Eindruck, dass das mit dem großen Versprechen nicht so einfach geht.
Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen
Und tatsächlich: Der Netzbetreiber muss bei der Ausgestaltung des Reservierungsverfahrens die Interessen aller beteiligten Anschlusspetenten angemessen berücksichtigen. Erforderlich ist ein transparentes, diskriminierungs- und willkürfreies Reservierungsverfahren, das zudem den Ausbau der erneuerbaren Energien nicht behindern darf. Kurz bevor ihm die Augen zufielen, murmelte Versprechnix noch, dass die Netzbetreiber nicht zu solchen Reservierungen verpflichtet sind, und sank zufrieden in einen wohligen Schlaf.
Am nächsten Morgen suchte er Miraculix auf und fragte ihn, wie er die Vorgaben des BGH umsetzen würde. Der strich sich durch seinen langen weißen Bart, nahm den Topf mit dem Zaubertrank vom Feuer und antwortete: „Wir wollen doch die Windmüller und all die anderen Erneuerbaren unterstützen und sollten daher auch in Zukunft Netzverknüpfungspunkte reservieren. Das hilft auch uns. Denn wenn wir wissen, welche Anlagen mit welcher Leistung voraussichtlich an das Netz angeschlossen werden und welche Projekte es nicht oder nicht wie geplant schaffen, können wir unser Netz besser planen. Aber wie machen wir das konkret? Ich denke, dass wir − wie bisher − keine erneuerbare Energie von dem Reservierungsverfahren ausnehmen können.“
„Wie sieht es aber mit der Anlagengröße aus?“, warf Versprechnix ein. „Wenn wir das große Versprechen für alle Anlagen abgeben, schaffen wir das mit den Römern nicht mehr.“ Miraculix kratzte sich am Kopf. „So sehe ich das auch. Aber wenn wir nicht verpflichtet sind, einen Verknüpfungspunkt zu reservieren, dann können wir doch eine Grenze vorsehen, ab der wir das große Versprechen geben. Wir müssen auch aufpassen, dass unsere Leute das richtig umsetzen. Denn wenn hier Fehler gemacht werden, drohen Schadensersatzansprüche. Das riskieren wir nicht. Vielleicht orientieren wir uns an der im EEG bei den Ausschreibungen teilweise verwendeten Grenze und starten mit Anlagen über einem Megawatt. Später können wir die Grenze immer noch auf zum Beispiel 135 kW absenken. Das ist eine Grenze aus der Verordnung zum Nachweis von elektrotechnischen Eigenschaften von Energieanlagen.“
Unser Druide weiß einfach eine Menge, dachte Versprechnix. „Zudem müssen wir uns überlegen, welche Projektreife erreicht werden muss, damit eine Reservierung ausgesprochen werden kann. Wir müssen also den Auslöser bestimmen. Die Anforderungen an ein Netzanschlussbegehren nach § 8 Abs. 5 EEG reichen dafür nicht aus. Denn du musst bedenken, dass wir mit dem großen Versprechen andere von dem reservierten Punkt ausschließen. Denk an unseren Bauvielleichtnix.
Zudem müssen wir die Reservierungen befristen und immer wieder überprüfen, ob es mit dem Projekt auch vorangeht. Solche Meilensteine können etwa die Erteilung der Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage, die Erteilung des Zuschlags seitens der Bundesnetzagentur, der Baubeginn und schließlich der Netzanschluss sein. Die zeitlichen Abstände zwischen diesen Meilensteinen, die Reservierungsabschnitte, müssen auf der einen Seite so lang sein, dass der jeweils nächste Meilenstein auch erreicht werden kann. Die Bundesnetzagentur braucht beispielsweise einige Monde, bis sie über die Erteilung der Zuschläge entschieden hat.
Auf der anderen Seite dürfen die Reservierungsabschnitte nicht zu lang sein. Denn wir müssen den Projektfortschritt ja im Auge behalten.“ „Wir müssen auch sicherstellen, dass wir die Anforderungen für die Erfüllung des Auslösers beziehungsweise der Meilensteine so klar definieren, dass wir das ganz einfach überprüfen können. Wenn wir andauernd Berategutundfix einschalten müssen, steigen unsere Rechtsberatungskosten ins Unermessliche“, ergänzte Versprechnix. „Stimmt! Und der Anschlussbegehrende muss uns umgehend darüber unterrichten, wenn sich an seinem Projekt etwas ändert oder er es aufgibt. Damit jeder weiß, was zu tun ist, sollten wir das Ganze in einen Reservierungsvertrag gießen.
Hier sollten wir Berategutundfix aber dazunehmen. Das Geld lohnt sich. Doch es ist spät geworden und der Zaubertrank muss wieder aufs Feuer − du weißt ja, die Römer … Lass uns morgen weitermachen.“
Das sah Versprechnix auch so und machte sich in die gallische Nacht auf. Für das große Versprechen braucht man doch mutige Menschen, dachte er. Asterix und Obelix schlenderten mit Idefix noch durch das Dorf. Als Versprechnix sie traf und ihnen von seinem Besuch beim Druiden erzählte, war Obelix begeistert. „Wenn der Reservierungsvertrag fertig ist, muss es unbedingt ein großes Wildschweinessen geben!“, rief er und klatschte in die Hände.
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					© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 11.09.2025, 09:30 Uhr
				
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