
Russische Ölraffinerien dürfen zudem in Zukunft keine europäische Technologie mehr kaufen. Damit werde Russland mittelfristig
nicht mehr in der Lage sein, die EU-Standards für den Import von Mineralöl-Produkten zu erfüllen. 2019 importierte die EU
solche Produkte im Wert von 24 Mrd. Euro aus Russland. Importe von russischem Rohöl bleiben unbeschränkt möglich.
Im Jahr 2014 hatte die EU nach der russischen Annexion der Krim bereits den Export von Technik zur Förderung von Erdöl und
Erdgas unter ein Embargo gestellt. Die weitestgehenden Sanktionen will die EU gegen russische Banken verhängen, die in Zukunft
vom europäischen Finanz- und Kapitalmarkt ausgeschlossen werden. Das bedeutet, dass sie keine Geschäfte mehr in Euro abwickeln,
keine Kredite mehr erhalten oder Anleihen begeben können.
Auch der russische Staat und die Zentralbank werden von den Finanzmärkten der EU ausgeschlossen. Das gleiche gilt für Unternehmen
im Staatsbesitz wie die Bahn. Ihre Aktien werden nicht mehr an den Börsen der EU notiert.Konten russischer Bürger und Bürgerinnen
mit Guthaben über 100.000 Euro werden besonderen Beschränkungen unterworfen. Ihre Besitzer dürfen keine Transaktionen mehr
mit Russland vornehmen und bestimmte Vermögenswerte wie Aktien nicht mehr erwerben.
Die Sanktionen für die russischen Banken werden in gleicher Weise auch von der Schweiz und Großbritannien verhängt. Bundesfinanzminister
Christian Lindner (FDP) sagte am 25. Februar in Paris, die Geschäfte der russischen Banken seien bereits völlig blockiert:
„Damit ist der Geschäftsverkehr mit Russland nahezu beendet.“ Ein Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungssystem
Swift sei so auch überflüssig. Russische Gaslieferungen oder Überweisungen deutscher Firmen an Tochterfirmen in Russland seien
weiter möglich.
Swift bleibt unberührt − vorläufig
Der Ausschluss aus Swift wurde von den Staats- und Regierungschefs nicht beschlossen. Die baltischen Länder, Polen und andere
osteuropäische Regierungschefs konnten sich in dieser Frage nicht gegen Deutschland und Italien durchsetzen, die diese Maßnahme
erst nach einer weiteren Eskalation der Krise durch Russland ergreifen wollen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ließ in Brüssel offen, in welcher „Situation“ der Ausschluss von angemessen wäre. In der Kommission
wurde darauf verwiesen, dass ein Ausschluss Russlands vom internationalen Zahlungsverkehr den Handel mit der EU praktisch
zum Erliegen bringe. Ohne könnten keine Waren mehr bezahlt werden, die Russland von der EU kaufe oder an die EU liefere. Dafür
müsste auch die EU einen „hohen Preis“ bezahlen, sagte ein Beamter der Kommission in Brüssel.
Außerdem besteht die Befürchtung, dass Russland mit einem Teil der Transaktionen auf sein eigenes Zahlungsverkehrs-System
ausweichen könnte, das dadurch gestärkt würde. Ein Ausschluss von Swift bleibe aber „auf dem Tisch“ und werde von der Kommission
weiter geprüft, heißt es in Brüssel. Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn bestätigte, die Frage sei weiter auf
der politischen Tagesordnung.
Stopp bei Hochtechnologie
Maßnahmen richten sich gegen den Verkauf europäischer Hochtechnologie, wie Halbleiter, Computer oder Lasertechnik, auch etwa
Ersatzteile für russische Airlines. Die Kontrollen für den Export sogenannter Dual-Use-Produkte, die für zivile und militärische
Zwecke eingesetzt werden können, sollen ausgeweitet und intensiviert werden. Alle Geschäfte mit dem militärisch-industriellen
Komplex Russlands müssen in Zukunft genehmigt werden.
Nicht betroffen von den Exportbeschränkungen sind humanitäre Zwecke und die pharmazeutische Industrie. Den Handel mit Hochtechnologie
bezifferte ein Beamter der Kommission auf 4 bis 6 Mrd. Euro im Jahr. Durch die Sanktionen könnte er um etwa 1,5 Mrd. Euro
zurückgehen.
Welche Auswirkungen die Maßnahmen insgesamt auf den Handel haben, kann die Kommission nicht beziffern. 2019 lieferte die EU
Waren im Wert von 88 Mrd. Euro nach Russland und bezog Lieferungen im Wert von 143 Mrd. Euro. Für bestehende vertragliche
Verpflichtungen sollen die Sanktionen nicht gelten.
Freitag, 25.02.2022, 16:29 Uhr