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Enerige & Management > Inside EU Energie - Pragmatische Wende
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Pragmatische Wende
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 

Die Kommission macht sich weiter daran, die Vorschriften zum Schutz des Klimas, die sie in der letzten Legislaturperiode durchgesetzt hat, zu verwässern. In dieser Woche ging es um die Autoindustrie, die ihre Vorgaben zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nicht einhalten kann, weil der Absatz von Elektrofahrzeugen (EV) nicht in Schwung kommt. Die Hersteller sollen vorerst keine Strafe zahlen, wenn sie die für dieses Jahr festgelegten Reduktionsziele nicht erreichen.

Bußgelder werden erst fällig, wenn die Zielwerte im Durchschnitt der kommenden drei Jahre (2025-27) nicht erreicht werden. Die Kommission trage damit dem Umstand Rechnung, dass die Branche durch „rasche technologische Veränderungen und zunehmenden Wettbewerb“ herausgefordert werde, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Und sie fügte hinzu: „Wir werden an unseren vereinbarten Emissionszielen festhalten, jedoch mit einem pragmatischen und flexiblen Ansatz.“

Das ist nur ein Teil ihres Aktionsplanes zur Unterstützung der Autoindustrie. Um den Absatz von EV anzukurbeln, setzt man in Brüssel auf neue Kaufanreize. Die Mitgliedsstaaten sollen Mittel, die sie aus dem Klima-Sozialfonds erhalten, auch dafür einsetzen, die Nutzung von EV für sozial schwache Gruppen zu ermöglichen, unter anderem durch die Einführung von „Sozialleasingsystemen“, in denen auch gebrauchte EV zum Einsatz kommen würden. In den nächsten Monaten will sie außerdem Vorschläge unterbreiten, wie Unternehmen und Behörden ihren Fuhrpark leichter elektrifizieren können. In Brüssel geht man davon aus, dass 60 Prozent der Neuzulassungen auf Dienstwagen entfallen.

Potenzial von Smart Charging bislang ungenutzt

Die Ladeinfrastruktur ist 2023 und 2024 zwar schneller ausgebaut worden als zusätzliche EV zugelassen wurden. Die Verfügbarkeit von Ladesäulen hat sich verbessert aber nicht gleichmäßig entwickelt.

Die Kommission kann beim Ausbau des Ladesäulennetzes auf die Unterstützung der Elektrizitätswirtschaft zählen. Sie sieht in der Elektromobilität nicht nur eine Chance zum Ausbau ihres Kerngeschäftes. Ihr Dachverband, Eurelectric, hat in dieser Woche darauf hingewiesen, dass die Batterien der Elektrofahrzeuge auch einen Beitrag zur Stabilisierung des Netzes leisten könnten. Mit „Smart Charging“ könne überschüssiger Strom aus Wind- oder PV-Anlagen in den Autobatterien gespeichert und später an die Netzbetreiber zurückverkauft werden. Die Speicherkapazität in den Fahrzeugen könne bis 2030 rund 114 TWh (4% des europäischen Jahresverbrauchs) erreichen. Den Autofahrern eröffne dies die Aussicht auf Gewinne zwischen 450 und 2.900 Euro pro Jahr und Fahrzeug. 

Dieses Potential bleibe bislang ungenutzt, weil es keine Anreize für die Verbraucher gebe. Es fehle an den richtigen Preissignalen, dem Zugang zu einem flexiblen Markt und den notwendigen Daten. „Die Kunden müssen in der Lage sein zu wählen und sie brauchen Anreize es auch zu tun“, sagt Eurelectric-Chef Kristian Ruby. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur müsse beschleunigt werden. Im Aktionsplan der Kommission sind, zusätzlich zu den schon bereitgestellten 1,7 Milliarden, weitere 570 Millionen Euro vorgesehen, um vor allem die Einrichtung von Schnellladepunkten zu unterstützen.

Der Aktionsplan stößt auf ein überwiegend positives Echo, nur die Grünen im Europäischen Parlament sehen in der Streckung der CO2-Grenzwerte einen Kniefall vor den Autokonzernen. Sie fürchten, dass die Kommission den Green Deal mit Hilfe der rechts-konservativen Mehrheit im Parlament „auf den Schrottplatz“ fahren will. Die Autoindustrie begrüßt „die pragmatische Wende“ der Kommission, verlangt aber zusätzlich Kaufanreize, Kostensenkungen und einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur. Der ZVEI, der viele Zulieferer vertritt, betont, die Elektromobilität als Schlüsseltechnologie dürfe aber nicht „durch zusätzliche Diskussionen in Frage“ gestellt werden.

Eine neue Diskussion hat die Kommission allerdings schon angekündigt. Noch in diesem Jahr will sie überprüfen, ob die EU am Aus für den Verbrenner ab 2035 festhalten soll. Die Prüfung dieses Zieles war eigentlich erst im nächsten Jahr geplant. Deutschland wollte damit erreichen, dass Verbrenner, die ausschließlich mit synthetischen oder Biokraftstoffen betankt werden, auch nach 2035 zugelassen werden dürfen. Darauf bestehen vor allem die konservativen Parteifreunde der Kommissionspräsidentin im Europäischen Parlament. Grüne und Sozialdemokraten fürchten dagegen, dass der Green Deal damit endgültig zu Grabe getragen würde.
 

Tom Weingärtner
 

Tom Weingärtner
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Donnerstag, 06.03.2025, 16:26 Uhr

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