
Der österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV wird „in Russland zukünftig keine Investitionen mehr“ tätigen. Das meldete
er am 5. März. Geprüft wird der Verkauf der Beteiligung von 24,99 % am Gasfeld Jushno Russkoe in der westsibirischen Jamal-Nenzen-Region, die die OMV 2017 für rund 1,7 Mrd. Euro von Uniper
übernommen hatte. Verbunden damit ist eine Abwertung des Anteils um 500 bis 800 Mio. Euro, die „das berichtete operative Ergebnis
im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres belasten“ wird, teilte die OMV mit. Ferner der Konzern davon aus, dass seine
Forderungen gegenüber der Nord Stream 2 AG „uneinbringlich“ sind. Seit Tagen herrscht Unklarheit darüber, ob die in Zug in
der Schweiz ansässige Firma insolvent ist.
Die angenommene „Uneinbringlichkeit“ der Forderungen der OMV bedeutet dieser zufolge, dass sie im ersten Quartal 2022 weitere
rund 987 Mio. Euro abschreiben muss. Dabei gehe es „um eine nicht liquiditätswirksame Wertanpassung, die das Ergebnis vor
Steuern im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres belasten wird“. Insgesamt nimmt die OMV im Russlandgeschäft somit
Wertberichtigungen bis zu 1,8 Mrd. vor.
Österreich sucht Alternativen
Die bestehenden langfristigen Gaslieferverträge mit Russland zu kündigen, ist zumindest vorläufig kein Thema. Laut der OMV-Mitteilung
nimmt der Konzern „die Verantwortung für die Versorgung Europas und Österreichs mit Erdgas sehr ernst“. Haushalte, Einrichtungen
und Industriebetriebe seien von verlässlichen Gaslieferungen abhängig. Dazu gehöre auch Gas aus Russland, dessen Lieferung
in langfristigen Verträgen geregelt sei.
„Gleichzeitig bemüht sich die OMV, weiter Bezugsquellen zu identifizieren und zu erschließen“, heißt es in der Mitteilung.
Am 1. März hatte der Konzern das Ende seiner Verhandlungen mit dem russischen Gaskonzern Gazprom über die Beteiligung an den
Blöcken 4A und 5A der Achimovskoe-Formation im westsibirischen Urengoj-Gasfeld bekannt gegeben.
Auf der Suche nach Alternativen zu russischem Gas bereist dieser Tage eine österreichische Delegation Katar und die Vereinigten
Arabischen Emirate (VAE), darunter Abu Dhabi. Dessen Investitionskonzern Mubadala hält an der OMV 24,9 %. Zu der Delegation gehören Bundeskanzler Karl Nehammer, Finanzminister Magnus Brunner und Landwirtschaftsministerin Elisabeth
Köstinger (alle drei Österreichische Volkspartei, ÖVP) sowie Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) und OMV-Generaldirektor
Alfred Stern.
Die erste Station war Abu Dhabi, wo Köstinger laut Medienberichten am 6. März eine Absichtserklärung über den Import „grünen“
Wasserstoffs unterzeichnete. Allerdings: Ein ähnliches Papier unterschrieb schon im Sommer 2021 Nehammers Vorgänger Sebastian
Kurz (ÖVP), der später nach Korruptionsvorwürfen zurücktrat. Bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer Österreich am 14.
September 2021 berichtete Andreas Liebmann, der österreichische Botschafter in den VAE, Abu Dhabi plane Wasserstoffexporte
ab etwa 2027. Ob es sich dabei um „grünen“ Wasserstoff handeln werde, sei offen. Liebmann betonte ausdrücklich, Österreich
gehe die „Wasserstoff-Allianz“ mit Abu Dhabi „moderat“ an.
Roiss schlägt um sich
Unterdessen schlägt der ehemalige OMV-Generaldirektor Gerhard Roiss in einem Interview mit dem Wochenmagazin „Profil“ um sich.
Er sei aus dem Konzern gedrängt worden, weil er sich gegen ein stärkeres Engagement in Russland gestemmt habe. Damit sei er
einer „großen Fraktion von Putin-Verstehern“ im Weg gewesen, spekuliert Roiss. Das von ihm verfolgte Pipeline-Projekt South
Stream habe nicht dem Import russischen Gases gedient, sondern der Erschließung des Neptun-Felds im Schwarzen Meer. Allerdings
habe es sich aus russischer Sicht vermutlich um eine „Papierleiche“ gehandelt, weil Russland schon damals auf den Bau von
Nord Stream 2 gesetzt habe.
Montag, 07.03.2022, 10:55 Uhr