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Quelle: Shutterstock / Hamik
E&M VOR 20 JAHREN:
Ölpreisbindung in der Kritik
Ende 2004 waren hohe Energiepreise genauso ein Aufreger wie heute. Viel wurde damals auch über die Gaspreisentwicklung diskutiert und gestritten. Und auch LNG war schon ein Thema.
Im Herbst vor 20 Jahren hatten die Energieversorger großflächig Gaspreiserhöhungen angekündigt. Wieder einmal zeigten sich
alle diejenigen enttäuscht, die mit der Liberalisierung der Energiemärkte rund sechs Jahre zuvor, auf einen intensiven Wettbewerb
und nachhaltige Preissenkungen gehofft hatten.
Das Bundeskartellamt sprach Ende 2004 sogar von „zahlreichen Ungereimtheiten“ angesichts der Entwicklung der Gaspreise, während die Gaswirtschaft die Ölpreisbindung verteidigte.
E&M-Redakteur Peter Focht beobachtete damals die Diskussion:
Ulf Böge monierte die Gaspreiserhöhungen für Haushaltskunden. Die Äußerungen des Präsidenten des Bundeskartellamts, die lautes Medienecho erzeugten, unterstrichen die Kritik des Bundes der Energieverbraucher (BEV) an der wenig transparenten Preispolitik vieler Gasversorger. Böge befürchtet eine allzu großzügige Preisgestaltung wegen der aus dem Netzmonopol resultierenden marktbeherrschenden Stellung der Versorger. Das Amt geht deshalb aktuell mehreren Beschwerden nach. Damit stehen wieder einmal die Preisgestaltung generell und die zumeist praktizierte Bindung der Gaspreise an die Ölpreise zur Diskussion.
Die Gaswirtschaft verteidigt die Ölpreisbindung. Danach folgen die Erdgaspreise denen des Öls im Abstand von etwa einem halben Jahr. Diese Preisbindung ergebe Sinn und sei keine Einbahnstraße nach oben, argumentiert der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW). So seien die Gaspreise zwischen 1985 und 2002 um rund 3 Prozent gesunken. Die Ölpreisbindung sei wirksamer Verbraucherschutz, weil sie gegen überzogene Forderungen der Produzenten schütze und gewährleiste, dass die Gaspreise bei fallenden Ölpreisen auch wieder sinken.
Der Bund der Energieverbraucher dagegen kritisiert die Ölpreisbindung als beliebig von den Gasversorgern einsetzbares Instrument zur Preisanpassung. Preissenkungen würden nicht in gleichem Maße weitergegeben wie Erhöhungen. Auch das Kartellamt stellt die Gaspreisbindung als möglicherweise nicht mehr zeitgemäß in Frage, ebenso wie Verbraucherministerin Renate Künast.
Doch wie sollen die Preise dann gebildet werden? Wer will es den Produzenten von Öl und Gas – in vielen Fällen sind es dieselben – verwehren, die Preise ihrer Produkte aneinander auszurichten? Wer will sicher behaupten, dass das Gas billiger wird, wenn die Ölpreisbindung fällt? Mit welchen Argumenten will man künftig Gasversorger daran hindern, ihre örtlichen Preise an den Angeboten der konkurruierenden Ölhändler zu orientieren? Trotz all dieser Fragen – in der Marktwirtschaft werden Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Nachfrage nach Erdgas steigt – auch weltweit –, während die deutsche Gasversorgung weiter vorwiegend auf wenige lieferfähige Anbieter aus Russland, Norwegen und den Niederlanden angewiesen ist.
Da hilft es wenig, sich darüber zu beklagen, dass es noch keine funktionierende deutsche Gasbörse gibt, und die Schuld dafür den Netzbetreibern in die Schuhe zu schieben. Bewegung in die Preisgestaltung könnten Tankschiffe bringen, die verflüssigtes Erdgas aus Förderländern ohne Pipelineanschluss nach Westeuropa und Deutschland transportieren – aber auch Schiffe und Anlande-Terminals müssen erst noch gebaut werden.
Der BGW wies jüngst neben der Kritik an der Ölpreisbindung auch den Vorwurf des BEV zurück, die Gasversorger würden ohne Grund die Preise erhöhen. Die seit Frühjahr steigenden Heizölpreise machten eine Anpassung der Erdgaspreise notwendig, so der Verband der Gaswirtschaft. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle seien die Grenzübergangspreise für Erdgas von März bis Juni 2004 um 3,7 Prozent gestiegen.
Dem hält der Verbraucherverband entgegen, dass die Gaspreise an vielen Orten in der Tendenz stärker steigen als dies die Ölpreise rechtfertigen. Die derzeitigen Erhöhungen für die Haushalte lägen zwischen sieben und zwölf Prozent, gerechtfertigt seien höchstens zwei Prozent. Zwischen Juni 2003 und Juni 2004 seien die Importpreise um 6,4 Prozent gesunken. Seit Jahresbeginn sei allenfalls ein leichter Anstieg zu verzeichnen gewesen. Auch das Bundeskartellamt kündigte an, zu klären, ob die Gasverteilunternehmen ihre Preise stärker anheben als die Importpreise gestiegen sind. Als Indiz dafür, dass mit den Gaspreisen etwas nicht in Ordnung ist, wertet der BEV auch die Tatsache, dass die Preise von Region zu Region um bis zu 30 Prozent differieren.
Hinsichtlich der Importpreise weist die Gaswirtschaft darauf hin, dass die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erhobenen Werte den Durchschnitt der Preise aller Importverträge abbilden. Vor allem die Preise für kurzfristige Lieferungen lägen erheblich über den errechneten Durchschnitts-Importpreisen.
Zu welchen Konditionen die Importeure wie Ruhrgas, Wingas, VNG, RWE und BEB tatsächlich einkaufen, bleibt indes wenig transparent. Auch die Preisgestaltung ist recht individuell geregelt. Die Ruhrgas als Marktführer unter den Importeuren hatte im Mai angekündigt, ihre Abgabepreise an Weiterverteiler wegen gestiegener Bezugskosten um sieben bis acht Prozent anzuheben. Die Leipziger VNG AG hatte für ihre Kunden sechs bis sieben Prozent Aufschlag vorhergesagt. Nicht auf einen Steigerungssatz festlegen will sich dagegen die Kasseler Wingas AG: „Bei Wingas gibt es keine generellen Preiserhöhungen zu irgendwelchen Stichtagen“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Verträge würden individuell verhandelt. Kunden, die eine Preisbindung an Öl wünschten, könnten dies vereinbaren. Die Frage, mit welcher Zeitspanne Preissteigerungen beim gewünschten Referenzprodukt auf Gas weitergegeben werden, sei ebenfalls individuell verhandelbar. Auch bei Wingas rechnet man jedoch mit „tendenziell steigenden Preisen“ und beklagt wie die gesamte Branche eine „politisch emotionale Debatte“ über die Gaspreise.
Es bleibt allerdings festzuhalten: Würde sich die Gaswirtschaft um etwas mehr Preistransparenz bemühen, könnten künftige Diskussionen darüber mehr sachbezogen und weniger emotionalisiert geführt werden.
Das Bundeskartellamt sprach Ende 2004 sogar von „zahlreichen Ungereimtheiten“ angesichts der Entwicklung der Gaspreise, während die Gaswirtschaft die Ölpreisbindung verteidigte.
E&M-Redakteur Peter Focht beobachtete damals die Diskussion:
Ulf Böge monierte die Gaspreiserhöhungen für Haushaltskunden. Die Äußerungen des Präsidenten des Bundeskartellamts, die lautes Medienecho erzeugten, unterstrichen die Kritik des Bundes der Energieverbraucher (BEV) an der wenig transparenten Preispolitik vieler Gasversorger. Böge befürchtet eine allzu großzügige Preisgestaltung wegen der aus dem Netzmonopol resultierenden marktbeherrschenden Stellung der Versorger. Das Amt geht deshalb aktuell mehreren Beschwerden nach. Damit stehen wieder einmal die Preisgestaltung generell und die zumeist praktizierte Bindung der Gaspreise an die Ölpreise zur Diskussion.
Die Gaswirtschaft verteidigt die Ölpreisbindung. Danach folgen die Erdgaspreise denen des Öls im Abstand von etwa einem halben Jahr. Diese Preisbindung ergebe Sinn und sei keine Einbahnstraße nach oben, argumentiert der Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW). So seien die Gaspreise zwischen 1985 und 2002 um rund 3 Prozent gesunken. Die Ölpreisbindung sei wirksamer Verbraucherschutz, weil sie gegen überzogene Forderungen der Produzenten schütze und gewährleiste, dass die Gaspreise bei fallenden Ölpreisen auch wieder sinken.
Der Bund der Energieverbraucher dagegen kritisiert die Ölpreisbindung als beliebig von den Gasversorgern einsetzbares Instrument zur Preisanpassung. Preissenkungen würden nicht in gleichem Maße weitergegeben wie Erhöhungen. Auch das Kartellamt stellt die Gaspreisbindung als möglicherweise nicht mehr zeitgemäß in Frage, ebenso wie Verbraucherministerin Renate Künast.
Doch wie sollen die Preise dann gebildet werden? Wer will es den Produzenten von Öl und Gas – in vielen Fällen sind es dieselben – verwehren, die Preise ihrer Produkte aneinander auszurichten? Wer will sicher behaupten, dass das Gas billiger wird, wenn die Ölpreisbindung fällt? Mit welchen Argumenten will man künftig Gasversorger daran hindern, ihre örtlichen Preise an den Angeboten der konkurruierenden Ölhändler zu orientieren? Trotz all dieser Fragen – in der Marktwirtschaft werden Preise durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die Nachfrage nach Erdgas steigt – auch weltweit –, während die deutsche Gasversorgung weiter vorwiegend auf wenige lieferfähige Anbieter aus Russland, Norwegen und den Niederlanden angewiesen ist.
Da hilft es wenig, sich darüber zu beklagen, dass es noch keine funktionierende deutsche Gasbörse gibt, und die Schuld dafür den Netzbetreibern in die Schuhe zu schieben. Bewegung in die Preisgestaltung könnten Tankschiffe bringen, die verflüssigtes Erdgas aus Förderländern ohne Pipelineanschluss nach Westeuropa und Deutschland transportieren – aber auch Schiffe und Anlande-Terminals müssen erst noch gebaut werden.
Der BGW wies jüngst neben der Kritik an der Ölpreisbindung auch den Vorwurf des BEV zurück, die Gasversorger würden ohne Grund die Preise erhöhen. Die seit Frühjahr steigenden Heizölpreise machten eine Anpassung der Erdgaspreise notwendig, so der Verband der Gaswirtschaft. Nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle seien die Grenzübergangspreise für Erdgas von März bis Juni 2004 um 3,7 Prozent gestiegen.
Dem hält der Verbraucherverband entgegen, dass die Gaspreise an vielen Orten in der Tendenz stärker steigen als dies die Ölpreise rechtfertigen. Die derzeitigen Erhöhungen für die Haushalte lägen zwischen sieben und zwölf Prozent, gerechtfertigt seien höchstens zwei Prozent. Zwischen Juni 2003 und Juni 2004 seien die Importpreise um 6,4 Prozent gesunken. Seit Jahresbeginn sei allenfalls ein leichter Anstieg zu verzeichnen gewesen. Auch das Bundeskartellamt kündigte an, zu klären, ob die Gasverteilunternehmen ihre Preise stärker anheben als die Importpreise gestiegen sind. Als Indiz dafür, dass mit den Gaspreisen etwas nicht in Ordnung ist, wertet der BEV auch die Tatsache, dass die Preise von Region zu Region um bis zu 30 Prozent differieren.
Hinsichtlich der Importpreise weist die Gaswirtschaft darauf hin, dass die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erhobenen Werte den Durchschnitt der Preise aller Importverträge abbilden. Vor allem die Preise für kurzfristige Lieferungen lägen erheblich über den errechneten Durchschnitts-Importpreisen.
Zu welchen Konditionen die Importeure wie Ruhrgas, Wingas, VNG, RWE und BEB tatsächlich einkaufen, bleibt indes wenig transparent. Auch die Preisgestaltung ist recht individuell geregelt. Die Ruhrgas als Marktführer unter den Importeuren hatte im Mai angekündigt, ihre Abgabepreise an Weiterverteiler wegen gestiegener Bezugskosten um sieben bis acht Prozent anzuheben. Die Leipziger VNG AG hatte für ihre Kunden sechs bis sieben Prozent Aufschlag vorhergesagt. Nicht auf einen Steigerungssatz festlegen will sich dagegen die Kasseler Wingas AG: „Bei Wingas gibt es keine generellen Preiserhöhungen zu irgendwelchen Stichtagen“, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Verträge würden individuell verhandelt. Kunden, die eine Preisbindung an Öl wünschten, könnten dies vereinbaren. Die Frage, mit welcher Zeitspanne Preissteigerungen beim gewünschten Referenzprodukt auf Gas weitergegeben werden, sei ebenfalls individuell verhandelbar. Auch bei Wingas rechnet man jedoch mit „tendenziell steigenden Preisen“ und beklagt wie die gesamte Branche eine „politisch emotionale Debatte“ über die Gaspreise.
Es bleibt allerdings festzuhalten: Würde sich die Gaswirtschaft um etwas mehr Preistransparenz bemühen, könnten künftige Diskussionen darüber mehr sachbezogen und weniger emotionalisiert geführt werden.
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Freitag, 15.11.2024, 15:15 Uhr
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