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Quelle: Shutterstock
E&M VOR 20 JAHREN:
Nicht nur Pflichterfüllung
Weniger Synergie, aber dafür mehr Markt – das war die Hoffnung vieler Unternehmen, die sich vor 20 Jahren mit dem Thema Unbundling erstmals auseinandersetzen mussten.
Die Umsetzungsfrist für die EU-Richtlinie zur Entflechtung von Netzbetrieb einerseits und Energieerzeugung und Handel andererseits
war bereits am 1. Juli 2004 verstrichen. Im Oktober desselben Jahres wurde noch im Bundestag darüber debattiert, bevor dann
endlich im darauffolgenden Sommer die nationale Rechtsgrundlage verabschiedet wurde. Unternehmensberater warnten 2004 die
betroffenen Unternehmen jedoch schon dringend davor abzuwarten. Die Beratungsgesellschaft Booz Allen Hamilton machte damals
mit einer Reihe von Studien zum Thema auf sich aufmerksam.
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtete damals.
Unbundling wird von deutschen, österreichischen und schweizerischen Energieunternehmen nicht nur als Kostentreiber angesehen, sondern auch als chancenreiches Managementmodell. Das ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Insgesamt befragten die Berater 300 Geschäftsführer und Vorstandschefs von Energieunternehmen, darunter sowohl internationale Konzerne als auch Stadtwerke. Die Rücklaufquote betrug 32 Prozent – nach Ansicht von Karlheinz Bozem, Partner und Geschäftsführer von Booz Allen Hamilton in München, relativ hoch und somit ein Zeichen für den hohen Stellenwert, den das Thema in der Energiewirtschaft hat.
Die Motivation für die Untersuchung lag Bozem zufolge zum einen in den verschärften EU-Beschleunigungsrichtlinien. Zum anderen sei der Trend, sich entlang der Wertschöpfungskette in einzelne Gesellschaften aufzuspalten und dann unter einer Holding zu organisieren, bei vielen Unternehmen augenfällig, und habe hinterfragt werden sollen.
Bereits vor zwei Jahren hatte Booz Allen Hamilton in Marktstudien die Entflechtung deutscher Energieversorger untersucht. Während 2002 lediglich 15 Prozent der Befragten drohende Synergieverluste als größte Herausforderung des Unbundlings ansahen, seien es in der jüngsten Erhebung bereits 68 Prozent. Drei Gründe seien hierfür vor allem verantwortlich: Erstens die Verkleinerung einzelner Einheiten mit dem Verlust von Skaleneffekten und der Notwendigkeit, Systeme und Strukturen mehrfach aufzubauen, zweitens eine größere Zahl von Hierarchieebenen, mit möglicherweise unterschiedlichen Interessen der unabhängigen Managementeinheiten, und drittens die Zersplitterung von Know-how aufgrund eines erschwerten bzw. verbotenen Informationsaustauschs.
Dass sich die „Herausforderungen” auch in Kostendimensionen ausdrücken lassen, liegt auf der Hand. Zusätzliche „Overhead-Funktionen” und die Synergieverluste seien die entscheidenden Treiber für steigenden Personalbedarf und sonstige Mehrkosten. Während der zusätzliche Personalbedarf von den Befragten mit 3,1 Prozent beziffert werde, rechneten sie mit einem Kostenzuwachs von durchschnittlich 3,6 Prozent. Den Autoren der Studie zufolge werden vor allem der Aufwand für Ausgründungen (65 Prozent), komplexere Schnittstellen (53 Prozent) und gestiegene Anforderungen an das Controlling (51 Prozent) hierfür verantwortlich gemacht.
Um die möglichen Synergieverluste auszugleichen, erwägen nach Erkenntnissen von Booz Allen Hamilton immer mehr Firmen Kooperationen. Insbesondere beim Stromhandel seien diese bereits realisiert, aber auch beim Vertrieb sowie beim Messen und Abrechnen. Wobei jedoch Branchenfremde als Partner kaum gefragt seien.
Diese Aussagen zeigen, dass „Unbundling” nicht nur für die durch die EU-Richtlinien vorgeschriebene Entflechtung von Netz und Vertrieb steht, sondern generell auch für die vertikale Entkoppelung funktionaler Einheiten beispielsweise mit dem Ziel der Effizienzsteigerung.
Dementsprechend nahe liegend ist die aus der Studie gewonnene Erkenntnis, dass die Firmen mit der Entflechtung der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen nicht nur Nachteile verbinden. Insofern sind die angesprochenen Kooperationen auch möglicherweise eher als aktiver Vorstoß zum Beispiel zur Realisierung von Skaleneffekten oder zum Know-how-Transfer zu betrachten, denn als „Kompensationsmaßnahme” für Synergieverluste.
Zwar sind für die Befragten die regulativen Erfordernisse der stärkste Treiber für das Unbundling. Insgesamt 57 Prozent der Befragten sehen es aber auch als Chance, ein neues und besseres Managementmodell im Unternehmen zu verankern. Positiv würden in diesem Zusammenhang die Erhöhung der internen Transparenz (61 Prozent), Effizienzsteigerungen (46 Prozent) und eine stärkere Marktorientierung (45 Prozent) gesehen. Damit nicht genug. Zum Beispiel eine bessere Unternehmenssteuerung, die Generierung von neuem Umsatz mit Dritten oder stärker fokussierte Tätigkeitsfelder und Verantwortungsbereiche seien weitere positive Erfahrungen, die mit dem Unbundling einhergingen.
In dieses Bild passt auch eine stetig wachsende Zahl ausgelagerter Funktionen, von denen die Studie berichtet. In erster Linie handele es sich dabei um Querschnittsaufgaben, wie die Informationstechnologie und den Bereich Einkauf/Materialwirtschaft. Während in der letzten Studie vom Dezember 2002 lediglich 29 Prozent der Befragten Shared Services im IT-Bereich genutzt hätten, seien es mittlerweile 57 Prozent, beim Einkauf 32 Prozent (2002: 12 Prozent), ebenso wie bei der Personalverwaltung (2002: 17 Prozent). Bei technischen Dienstleistungen sehen die Münchner Unternehmensberater für diesen Ansatz allerdings noch ein großes, bisher ungenutztes Potenzial.
Insgesamt hätten 77 Prozent der Befragten im Strombereich und 62 Prozent im Gasbereich mindestens eine Wertschöpfungsstufe entflochten – entweder als Profit Center (Management Unbundling) oder als rechtlich selbständige Einheit (Legal Unbundling), entweder um die Risiken der entsprechenden Wertschöpfungsstufe besser managen zu können oder um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Dabei handele es sich beim Strom vor allem um die Erzeugung (36 Prozent) und den Handel (32 Prozent), beim Gas um den Netzbetrieb (32 Prozent) und den Handel (29 Prozent). Ihren rechtlichen Entflechtungspflichten sind hingegen insgesamt erst 35 Prozent der betroffenen Unternehmen nachgekommen, wie die Autoren der Studie herausfanden.
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm berichtete damals.
Unbundling wird von deutschen, österreichischen und schweizerischen Energieunternehmen nicht nur als Kostentreiber angesehen, sondern auch als chancenreiches Managementmodell. Das ergab eine Umfrage der Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton in Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Insgesamt befragten die Berater 300 Geschäftsführer und Vorstandschefs von Energieunternehmen, darunter sowohl internationale Konzerne als auch Stadtwerke. Die Rücklaufquote betrug 32 Prozent – nach Ansicht von Karlheinz Bozem, Partner und Geschäftsführer von Booz Allen Hamilton in München, relativ hoch und somit ein Zeichen für den hohen Stellenwert, den das Thema in der Energiewirtschaft hat.
Die Motivation für die Untersuchung lag Bozem zufolge zum einen in den verschärften EU-Beschleunigungsrichtlinien. Zum anderen sei der Trend, sich entlang der Wertschöpfungskette in einzelne Gesellschaften aufzuspalten und dann unter einer Holding zu organisieren, bei vielen Unternehmen augenfällig, und habe hinterfragt werden sollen.
Bereits vor zwei Jahren hatte Booz Allen Hamilton in Marktstudien die Entflechtung deutscher Energieversorger untersucht. Während 2002 lediglich 15 Prozent der Befragten drohende Synergieverluste als größte Herausforderung des Unbundlings ansahen, seien es in der jüngsten Erhebung bereits 68 Prozent. Drei Gründe seien hierfür vor allem verantwortlich: Erstens die Verkleinerung einzelner Einheiten mit dem Verlust von Skaleneffekten und der Notwendigkeit, Systeme und Strukturen mehrfach aufzubauen, zweitens eine größere Zahl von Hierarchieebenen, mit möglicherweise unterschiedlichen Interessen der unabhängigen Managementeinheiten, und drittens die Zersplitterung von Know-how aufgrund eines erschwerten bzw. verbotenen Informationsaustauschs.
Dass sich die „Herausforderungen” auch in Kostendimensionen ausdrücken lassen, liegt auf der Hand. Zusätzliche „Overhead-Funktionen” und die Synergieverluste seien die entscheidenden Treiber für steigenden Personalbedarf und sonstige Mehrkosten. Während der zusätzliche Personalbedarf von den Befragten mit 3,1 Prozent beziffert werde, rechneten sie mit einem Kostenzuwachs von durchschnittlich 3,6 Prozent. Den Autoren der Studie zufolge werden vor allem der Aufwand für Ausgründungen (65 Prozent), komplexere Schnittstellen (53 Prozent) und gestiegene Anforderungen an das Controlling (51 Prozent) hierfür verantwortlich gemacht.
Um die möglichen Synergieverluste auszugleichen, erwägen nach Erkenntnissen von Booz Allen Hamilton immer mehr Firmen Kooperationen. Insbesondere beim Stromhandel seien diese bereits realisiert, aber auch beim Vertrieb sowie beim Messen und Abrechnen. Wobei jedoch Branchenfremde als Partner kaum gefragt seien.
Diese Aussagen zeigen, dass „Unbundling” nicht nur für die durch die EU-Richtlinien vorgeschriebene Entflechtung von Netz und Vertrieb steht, sondern generell auch für die vertikale Entkoppelung funktionaler Einheiten beispielsweise mit dem Ziel der Effizienzsteigerung.
Dementsprechend nahe liegend ist die aus der Studie gewonnene Erkenntnis, dass die Firmen mit der Entflechtung der energiewirtschaftlichen Wertschöpfungsstufen nicht nur Nachteile verbinden. Insofern sind die angesprochenen Kooperationen auch möglicherweise eher als aktiver Vorstoß zum Beispiel zur Realisierung von Skaleneffekten oder zum Know-how-Transfer zu betrachten, denn als „Kompensationsmaßnahme” für Synergieverluste.
Zwar sind für die Befragten die regulativen Erfordernisse der stärkste Treiber für das Unbundling. Insgesamt 57 Prozent der Befragten sehen es aber auch als Chance, ein neues und besseres Managementmodell im Unternehmen zu verankern. Positiv würden in diesem Zusammenhang die Erhöhung der internen Transparenz (61 Prozent), Effizienzsteigerungen (46 Prozent) und eine stärkere Marktorientierung (45 Prozent) gesehen. Damit nicht genug. Zum Beispiel eine bessere Unternehmenssteuerung, die Generierung von neuem Umsatz mit Dritten oder stärker fokussierte Tätigkeitsfelder und Verantwortungsbereiche seien weitere positive Erfahrungen, die mit dem Unbundling einhergingen.
In dieses Bild passt auch eine stetig wachsende Zahl ausgelagerter Funktionen, von denen die Studie berichtet. In erster Linie handele es sich dabei um Querschnittsaufgaben, wie die Informationstechnologie und den Bereich Einkauf/Materialwirtschaft. Während in der letzten Studie vom Dezember 2002 lediglich 29 Prozent der Befragten Shared Services im IT-Bereich genutzt hätten, seien es mittlerweile 57 Prozent, beim Einkauf 32 Prozent (2002: 12 Prozent), ebenso wie bei der Personalverwaltung (2002: 17 Prozent). Bei technischen Dienstleistungen sehen die Münchner Unternehmensberater für diesen Ansatz allerdings noch ein großes, bisher ungenutztes Potenzial.
Insgesamt hätten 77 Prozent der Befragten im Strombereich und 62 Prozent im Gasbereich mindestens eine Wertschöpfungsstufe entflochten – entweder als Profit Center (Management Unbundling) oder als rechtlich selbständige Einheit (Legal Unbundling), entweder um die Risiken der entsprechenden Wertschöpfungsstufe besser managen zu können oder um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Dabei handele es sich beim Strom vor allem um die Erzeugung (36 Prozent) und den Handel (32 Prozent), beim Gas um den Netzbetrieb (32 Prozent) und den Handel (29 Prozent). Ihren rechtlichen Entflechtungspflichten sind hingegen insgesamt erst 35 Prozent der betroffenen Unternehmen nachgekommen, wie die Autoren der Studie herausfanden.
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Freitag, 11.10.2024, 14:46 Uhr
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