
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
Nicht-EU-Mitarbeiter gesucht
Die Bundesregierung will über ein novelliertes Fachkräfteeinwanderungsgesetz mehr Arbeitskräfte aus Drittstaaten nach Deutschland holen. Was Stadtwerke und Recruiter dazu sagen.
Über den Fachkräftemangel in IT-Berufen oder bei den Ingenieuren wird schon sehr, sehr lange diskutiert. Neu aber ist, dass
sich der Fachkräftemangel mehr und mehr im Alltag bemerkbar macht. Weil schlichtweg Fahrer fehlen, werden nicht nur in den
Großstädten Frankfurt und Düsseldorf immer wieder Busfahrten gestrichen. Die Kollegen von der Energieversorgung sind zwar
noch ganz gut aufgestellt, was das Fachpersonal angeht. Doch auch die Energiebranche muss aktiver werden, um gute Mitarbeiter
zu bekommen − denn diese wird sie brauchen, um die künftigen Aufgaben zu stemmen.
So identifiziertet eine Studie vom November 2022 vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) allein 190 Berufe, die für den Ausbau der Solar- und Windenergie benötigt werden. „Mehr als die Hälfte der Berufe ist bereits jetzt eng auf dem Arbeitsmarkt und wird auch in anderen Branchen dringend gesucht“, schreibt das IW. Insgesamt fehlten in den relevanten Berufen 216.000 Fachkräfte.
Doch die Energieversorgung besteht nicht nur aus PV und Wind. Auch die Energienetze müssen ertüchtigt und digitalisiert werden. In den Stadtwerken selbst braucht es IT-Experten, Monteure und Kaufleute, um die Energieversorgungen am Laufen zu halten und den Verbrauch abzurechnen.
Die Ampelregierung hat bereits im Koalitionsvertrag beschlossen, das Problem des Fachkräftemangels anzugehen − ein Baustein sind mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland. Eine Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes soll nun helfen, gut ausgebildete Menschen aus Nicht-EU-Staaten wie Albanien, Tunesien oder Indien nach Deutschland zu locken. Eckpunkte zur Gesetzesnovellierung hat die Regierung dazu Ende November vorgelegt (siehe Kasten).
Lücke von bis zu 400.000 Personen − pro Jahr
Mitarbeiter aus Pakistan oder Ägypten in einem deutschen Stadtwerk? Zwar zählen die Stadtwerke München (SWM) 11.000 Mitarbeiter aus 84 Nationen, aber aktiv spricht das Unternehmen Mitarbeiter aus Drittstaaten noch nicht an. Das könnte sich ändern, so eine Sprecherin: „Wir prüfen gerade intensiv, für welche Zielgruppen sich eine Akquise in welchen Drittstaaten lohnt. Wir gehen davon aus, dass eine solche Akquise mittelfristig ein unverzichtbares Puzzlestück zur Bewältigung des Fachkräftemangels sein wird.“ Voraussetzung sei, dass die Fachkräfte dauerhaft in Deutschland bleiben können und wollen.
Grundsätzlich begrüßen die Stadtwerke München die Initiative der Bundesregierung. Deutschland braucht − je nach Studie − jährlich 250.000 bis 400.000 Einwanderer, um die durch den demografischen Wandel entstehenden Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen. „Das wird nur gelingen, wenn wir Einwanderungshürden abbauen und Prozesse verschlanken, die Initiative ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so die Sprecherin weiter.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt die Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung. Der Fachkräftemangel ist in der Kommunalwirtschaft „deutlich zu spüren“, so der Verband. Er halte es „für richtig und notwendig, dass alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen werden“, um das Angebot an Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Auch Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Energieverbands BDEW, hält die Initiative der Regierung für notwendig. „Die Modernisierung der Einwanderung ist eine große politische Aufgabe, die nicht nur, aber auch die Energiewirtschaft betrifft.“ Die Unternehmen forderte sie auf, sich aktiv in die Diskussion einzubringen und Anforderungen zu formulieren.
Klaus Aden ist Geschäftsführer von LAB & Company, einer Personalberatung, die auf Führungskräfte in der Energiewirtschaft spezialisiert ist. Er sieht bei den Verantwortlichen in den Unternehmen durchaus die Bereitschaft, sich im Ausland nach gutem Personal umzusehen. „Bei Suchmandaten auf der Topmanagementebene, die wir als LAB für große Stadtwerke betreuen, werden in jüngerer Zeit zunehmend auch ausländische Märkte adressiert“, so Aden.
Allerdings trauten die Unternehmen ihrer eigenen Courage oftmals nicht. Denn, so schränkt Aden ein, „in der Regel entscheiden sich die verantwortlichen Gremien doch für einen Bewerber aus dem nationalen Umfeld“. Gleichwohl sei Internationalität kein Nachteil bei der Besetzung von Führungsposten.
Die Tücke liegt im Alltag
Doch auch wenn der Top-Mitarbeiter oder die Top-Mitarbeiterin dann wirklich ins Unternehmen gelotst wird, gibt es Tücken im Alltag, derer sich der Energieversorger bewusst sein sollte. Darauf weist die Sprecherin der Stadtwerke München hin. Vor allem die Sprachbarriere sollte nicht unterschätzt werden. Ein Stadtwerk ist kein internationaler Konzern, in dem Englisch gesprochen wird. „Unsere Belegschaft ist deutschsprachig, auch Schulungen, Unterweisungen und generelle Informationen wie zum Beispiel über das Intranet sind nur in Deutsch vorhanden.“
Die Münchner wissen, dass sie hier in Vorleistung gehen müssen, um generell für Menschen aus dem Ausland attraktiv zu werden. „Mittelfristig werden wir das Unternehmen hier bereitmachen müssen, auch Kollegen mit wenig Deutschkenntnissen integrieren zu können.“ Dazu würden bei den SWM schon verschiedene Projekte angeschoben.
Für LAB-Geschäftsführer Aden kann der „Blick auf ausländische Arbeitsmärkte ein Teil der Lösung sein“. Doch gebe es auch andere Lösungen, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Dazu gehören für ihn in erster Linie das Thema Mitarbeiterbindung als auch die systematische Erschließung des weiblichen Bewerberpotenzials sowie eine verbesserte Attraktivität für Berufseinsteiger. Vorstellbar ist für Aden auch eine längere Lebensarbeitszeit.
Den Stadtwerken München gelingt es aktuell noch, alle Stellen zu besetzen. Sie setzen laut Sprecherin auf einen Mix aus neuen Strategien zur Mitarbeitergewinnung, Anpassung der Ausbildungsberufe und Mitarbeiterbindung. Weiterhin gebe es Überlegungen, „wo man Tätigkeiten automatisieren kann“. Und sie setzen möglicherweise auch verstärkt auf neue Kollegen und Kolleginnen aus Drittstaaten.
Die Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes wandert nun in den Bundestag. Wie es aus dem Bundesarbeitsministerium heißt, will sich das Parlament in den kommenden Wochen mit den Neuerungen zur Fachkräfteeinwanderung befassen.
So identifiziertet eine Studie vom November 2022 vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) allein 190 Berufe, die für den Ausbau der Solar- und Windenergie benötigt werden. „Mehr als die Hälfte der Berufe ist bereits jetzt eng auf dem Arbeitsmarkt und wird auch in anderen Branchen dringend gesucht“, schreibt das IW. Insgesamt fehlten in den relevanten Berufen 216.000 Fachkräfte.
Doch die Energieversorgung besteht nicht nur aus PV und Wind. Auch die Energienetze müssen ertüchtigt und digitalisiert werden. In den Stadtwerken selbst braucht es IT-Experten, Monteure und Kaufleute, um die Energieversorgungen am Laufen zu halten und den Verbrauch abzurechnen.
Die Ampelregierung hat bereits im Koalitionsvertrag beschlossen, das Problem des Fachkräftemangels anzugehen − ein Baustein sind mehr qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland. Eine Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes soll nun helfen, gut ausgebildete Menschen aus Nicht-EU-Staaten wie Albanien, Tunesien oder Indien nach Deutschland zu locken. Eckpunkte zur Gesetzesnovellierung hat die Regierung dazu Ende November vorgelegt (siehe Kasten).
Lücke von bis zu 400.000 Personen − pro Jahr
Mitarbeiter aus Pakistan oder Ägypten in einem deutschen Stadtwerk? Zwar zählen die Stadtwerke München (SWM) 11.000 Mitarbeiter aus 84 Nationen, aber aktiv spricht das Unternehmen Mitarbeiter aus Drittstaaten noch nicht an. Das könnte sich ändern, so eine Sprecherin: „Wir prüfen gerade intensiv, für welche Zielgruppen sich eine Akquise in welchen Drittstaaten lohnt. Wir gehen davon aus, dass eine solche Akquise mittelfristig ein unverzichtbares Puzzlestück zur Bewältigung des Fachkräftemangels sein wird.“ Voraussetzung sei, dass die Fachkräfte dauerhaft in Deutschland bleiben können und wollen.
Grundsätzlich begrüßen die Stadtwerke München die Initiative der Bundesregierung. Deutschland braucht − je nach Studie − jährlich 250.000 bis 400.000 Einwanderer, um die durch den demografischen Wandel entstehenden Lücken am Arbeitsmarkt zu schließen. „Das wird nur gelingen, wenn wir Einwanderungshürden abbauen und Prozesse verschlanken, die Initiative ist ein Schritt in die richtige Richtung“, so die Sprecherin weiter.
Auch der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt die Eckpunkte zur Fachkräfteeinwanderung. Der Fachkräftemangel ist in der Kommunalwirtschaft „deutlich zu spüren“, so der Verband. Er halte es „für richtig und notwendig, dass alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ergriffen werden“, um das Angebot an Fachkräften auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu erhöhen.
Auch Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Energieverbands BDEW, hält die Initiative der Regierung für notwendig. „Die Modernisierung der Einwanderung ist eine große politische Aufgabe, die nicht nur, aber auch die Energiewirtschaft betrifft.“ Die Unternehmen forderte sie auf, sich aktiv in die Diskussion einzubringen und Anforderungen zu formulieren.
Klaus Aden ist Geschäftsführer von LAB & Company, einer Personalberatung, die auf Führungskräfte in der Energiewirtschaft spezialisiert ist. Er sieht bei den Verantwortlichen in den Unternehmen durchaus die Bereitschaft, sich im Ausland nach gutem Personal umzusehen. „Bei Suchmandaten auf der Topmanagementebene, die wir als LAB für große Stadtwerke betreuen, werden in jüngerer Zeit zunehmend auch ausländische Märkte adressiert“, so Aden.
Allerdings trauten die Unternehmen ihrer eigenen Courage oftmals nicht. Denn, so schränkt Aden ein, „in der Regel entscheiden sich die verantwortlichen Gremien doch für einen Bewerber aus dem nationalen Umfeld“. Gleichwohl sei Internationalität kein Nachteil bei der Besetzung von Führungsposten.
Die Tücke liegt im Alltag
Doch auch wenn der Top-Mitarbeiter oder die Top-Mitarbeiterin dann wirklich ins Unternehmen gelotst wird, gibt es Tücken im Alltag, derer sich der Energieversorger bewusst sein sollte. Darauf weist die Sprecherin der Stadtwerke München hin. Vor allem die Sprachbarriere sollte nicht unterschätzt werden. Ein Stadtwerk ist kein internationaler Konzern, in dem Englisch gesprochen wird. „Unsere Belegschaft ist deutschsprachig, auch Schulungen, Unterweisungen und generelle Informationen wie zum Beispiel über das Intranet sind nur in Deutsch vorhanden.“
Die Münchner wissen, dass sie hier in Vorleistung gehen müssen, um generell für Menschen aus dem Ausland attraktiv zu werden. „Mittelfristig werden wir das Unternehmen hier bereitmachen müssen, auch Kollegen mit wenig Deutschkenntnissen integrieren zu können.“ Dazu würden bei den SWM schon verschiedene Projekte angeschoben.
Für LAB-Geschäftsführer Aden kann der „Blick auf ausländische Arbeitsmärkte ein Teil der Lösung sein“. Doch gebe es auch andere Lösungen, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Dazu gehören für ihn in erster Linie das Thema Mitarbeiterbindung als auch die systematische Erschließung des weiblichen Bewerberpotenzials sowie eine verbesserte Attraktivität für Berufseinsteiger. Vorstellbar ist für Aden auch eine längere Lebensarbeitszeit.
Den Stadtwerken München gelingt es aktuell noch, alle Stellen zu besetzen. Sie setzen laut Sprecherin auf einen Mix aus neuen Strategien zur Mitarbeitergewinnung, Anpassung der Ausbildungsberufe und Mitarbeiterbindung. Weiterhin gebe es Überlegungen, „wo man Tätigkeiten automatisieren kann“. Und sie setzen möglicherweise auch verstärkt auf neue Kollegen und Kolleginnen aus Drittstaaten.
Die Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes wandert nun in den Bundestag. Wie es aus dem Bundesarbeitsministerium heißt, will sich das Parlament in den kommenden Wochen mit den Neuerungen zur Fachkräfteeinwanderung befassen.
Fachkräfteeinwanderung: Das plant die Bundesregierung
Die Bundesregierung hat Ende November vergangenen Jahres ein Eckpunkteprogramm zur Fachkräfteeinwanderung beschlossen. Damit
will die Ampelkoalition es ausländischen Fachkräften erleichtern, in Deutschland zu arbeiten. Das Programm betrifft ausschließlich
Personen aus Nicht-EU-Staaten. Das sind die wichtigsten Maßnahmen:
Die „Blaue Karte EU“ soll leichter ausgegeben werden. Sie ist vergleichbar mit der Green Card in den USA und ermöglicht den Arbeitnehmenden aus Nicht-EU-Ländern hier in Deutschland günstige Bedingungen für eine Aufenthaltserlaubnis, für den Familiennachzug und den Jobwechsel.
Es soll eine einfachere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und entsprechender Berufserfahrung geben. Die bislang oftmals vor der Arbeitsaufnahme formale Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses ist nicht mehr erforderlich. Jedoch ist eine Gehaltsschwelle einzuhalten oder es muss eine Tarifbindung vorliegen. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass Fachkräfte aus Drittstaaten − anders als bisher − erst nach der Einreise die Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses einleiten und nebenher bereits eine qualifizierte Beschäftigung ausüben.
Weiterhin soll auch Arbeitskräften ohne Arbeitsvertrag die Möglichkeit gegeben werden, sich in Deutschland nach einem Job umzusehen. Es ist die Ausgabe einer sogenannten „Chancenkarte“ geplant, die berechtigt, für ein Jahr Probe- und Nebenarbeiten anzunehmen. Sie wird auf Basis eines Punktesystems erteilt. Zu den Auswahlkriterien gehören unter anderem Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und das Alter.
Die „Blaue Karte EU“ soll leichter ausgegeben werden. Sie ist vergleichbar mit der Green Card in den USA und ermöglicht den Arbeitnehmenden aus Nicht-EU-Ländern hier in Deutschland günstige Bedingungen für eine Aufenthaltserlaubnis, für den Familiennachzug und den Jobwechsel.
Es soll eine einfachere Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und entsprechender Berufserfahrung geben. Die bislang oftmals vor der Arbeitsaufnahme formale Anerkennung des ausländischen Berufsabschlusses ist nicht mehr erforderlich. Jedoch ist eine Gehaltsschwelle einzuhalten oder es muss eine Tarifbindung vorliegen. Alternativ besteht die Möglichkeit, dass Fachkräfte aus Drittstaaten − anders als bisher − erst nach der Einreise die Anerkennung ihres ausländischen Berufsabschlusses einleiten und nebenher bereits eine qualifizierte Beschäftigung ausüben.
Weiterhin soll auch Arbeitskräften ohne Arbeitsvertrag die Möglichkeit gegeben werden, sich in Deutschland nach einem Job umzusehen. Es ist die Ausgabe einer sogenannten „Chancenkarte“ geplant, die berechtigt, für ein Jahr Probe- und Nebenarbeiten anzunehmen. Sie wird auf Basis eines Punktesystems erteilt. Zu den Auswahlkriterien gehören unter anderem Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug und das Alter.
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© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 17.01.2023, 08:32 Uhr
Dienstag, 17.01.2023, 08:32 Uhr
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