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Enerige & Management > Photovoltaik - Mehrfamilienhäuser treten aus dem PV-Schatten hervor
Quelle: E&M / Davina Spohn
PHOTOVOLTAIK:
Mehrfamilienhäuser treten aus dem PV-Schatten hervor
Mietskasernen liegen im Schatten des deutschen Solarbooms. Das ändert sich mit einem neuen Betreiberkonzept aus dem Solarpaket I von 2024, meinen ein Vermieterverband und der BSW Solar.
 
Solarwirtschaft und Vermieter sehen in einem neuen Betreiberkonzept und einem gesellschaftlichen Konsens für PV zwei Treiber, um den Rückstand bei Mehrfamilienhäusern aufzuholen und Mieter an der Energiewende zu beteiligen. Zusammen mit dem Bundesverband Solarwirtschaft (BSW Solar) nannte Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der deutschen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (GdW), am 4. März, die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ vor der Presse einen „echten Change: Wir unterstützen das Konzept massiv.“

Die Ampel hatte das Betreiberkonzept im April 2024 im Solarpaket I eingeführt. In Deutschland steht die „Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ seither neben dem älteren „Mieterstrommodell“, das Esser zufolge „nicht wirklich bei uns Fuß fassen konnte, weil die Regulatorik da überbordend ist“.

Die Photovoltaik hatte in Deutschland auch 2024 in fast allen Segmenten einen Boom hingelegt. Ausnahmen waren Einfamilienhäuser, wo der Zubau gegenüber 2023 abkühlte (wir berichteten), und Mehrfamilienhäuser, auf die nach Schätzung des BSW Solar nur 0,5 Prozent der installierten PV-Leistung in Deutschland entfallen, nämlich 500 MW.

Lediglich 50 MW wurden Ende 2023 als Mieterstrom vermarktet. Das technische PV-Potenzial von Mehrfamilienhäusern liegt aber bei 75.000 MW, so Agora Energiewende und Greenventory 2023 (wir berichteten). Auf Einfamilienhäusern waren Ende vorigen Jahres 38.000 MW, auf Gewerbedächern 29.000 MW installiert.

Vorteile gegenüber dem Mieterstrom

Warum ist die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung ein Game-Changer? Der Vermieter darf sich auf den PV-Strom vom Dach beschränken. Ihren restlichen Bedarf holen sich die Mieter dann aus dem Netz von einem Versorger. Beim Mieterstrommodell dagegen muss der Vermieter den gesamten Bedarf liefern. Dann wird er zum Stromversorger. Das bedeutet höhere Anforderungen an die Rechnungen, etwa die Stromkennzeichnung, und den Zwang, mehrere Zahlungswege anzubieten.

Auch die Umsatzsteuer-Befreiung von PV-Anlagen in dieser Leistungsklasse ist für die Vermieter-Lobbyistin Esser ein „echter Push“, dem ein weiterer Schub mit der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie folgen werde. Diese sieht vom Jahr 2030 an eine PV-Pflicht vor.

Laut BSW-Solar-Referent Benedikt Fischer sind bereits erste Projekte der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung umgesetzt, erste Dienstleister haben sich darauf spezialisiert. Für Stadtwerke hatte GdW-Frau Esser hier eher schlechte Nachrichten: „Ob sie immer der örtliche Versorger umsetzt?“, fragte sie rhetorisch. Sie sieht den Versorger „eher“ weiter beim Mieterstrommodell. Laut Benedikt Fischer vom BSW Solar lohnt sich aber immer noch der Vergleich zwischen den Betreiberkonzepten. Er stellte einen neuen Leitfaden des BSW Solar und des GdW vor, der Vermietern, aber auch Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) die Entscheidung erleichtern soll.

Die Mieter dürfen laut Fischer auf Solarstrom-Arbeitspreise „etliche Cent“ unter denen des grauen Netzstroms hoffen. Die Erwartungen sind gewaltig: Auf eine frühere Frage von Yougov im Auftrag des BSW Solar bevorzugten 53 Prozent der befragten Mieter unter einer Auswahl von Nachhaltigkeitsmaßnahmen PV - mit Abstand der höchste Prozentsatz (wir berichteten).
 
Große Zustimmung unter befragten Vermietern, ob sie sich die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung mit PV vorstellen können. Bei denen, die sie nicht kannten, waren die Werte ähnlich hoch
(zur Vollansicht bitte auf die Grafik klicken)
Quelle: BSW Solar

Bei den aktuell befragten 360 GdW-Vermietern herrscht ebenso eitel Sonnenschein mit der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung (siehe Grafik). Nur 16 Prozent wollten, dass die Sonne weiter unnütz auf ihre Dächer scheint.

Ein echtes Hindernis, vor allem bei kleinen Mehrfamilienhäusern, könnte der teure Einbau moderner Messeinrichtungen (mME) bei jedem teilnehmenden Mieter sein, weil der Verbrauch viertelstündlich gemessen werden muss. Und theoretisch könnte auch noch das Voraburteil des Europäischen Gerichtshofs zur „Kundenanlage“, sobald es der Bundesgerichtshof in seinem Haupturteil umgesetzt hat, den Vermieter zum Netzbetreiber machen. GdW-Frau Esser forderte − wie andere Verbände vor ihr (wir berichteten) −, dass der Bundestag danach die „Kundenanlage“ rechtssicher neu definiert. Zumindest müsse es einen Bestandsschutz geben, sonst würden solche PV-Betreibermodelle „einen Rückschlag erleiden“.

Entwarnung gab BSW-Solar-Chef Körnig bei der immer noch ausstehenden beihilferechtlichen Genehmigung des Solarpakets I durch die EU: Sie betreffe die Gemeinschaftliche Gebäudeversorgung nicht.

Der „Leitfaden zur Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung“  lässt sich über die Internetseite des BSW Solar anfordern. 
 

Georg Eble
Redakteur
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Dienstag, 04.03.2025, 15:53 Uhr

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