
Matthias Kurth (2004); Quelle: E&M
E&M VOR 20 JAHREN:
Mehr Wettbewerb durch Regulierung
Vor 20 Jahren fand in Berlin der erste Regulierungskongress für die Energiewirtschaft statt – noch bevor die Regulierungsbehörde ihre Arbeit aufgenommen hatte.
Die Regulierungsdebatten waren im Herbst 2004 „schrill“ und „vielstimmig“. So beschrieb Matthias Kurth, der damals designierte
Regulator des Strom- und Gasmarktes“ seine Wahrnehmung der Diskussionen um die künftigen Rahmenbedingungen für den Wettbewerb
im Energiesektor. Bei einer Euroforum-Konferenz erläuterte er, an welchen Grundsätzen sich seine Arbeit orientieren werde.
Gleichzeitig ließ EnBW damals mit einem Positionspapier zur Anreizregulierung aufhorchen. Der damalige Vorstandschef Utz Claasen hatte bereits am Rande der Konferenz des World Energy Council in Sydney erklärt, dass sich sein Unternehmen entgegen der mehrheitlichen Haltung in der Branche für eine Anreizregulierung stark machen werde.
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm und Korrespondentin Cerstin Gammelin berichteten damals über die Versuche, mit einem neuen regulatorischen Rahmen den Wettbewerb in den Energiemärkten zu ermöglichen und zu stärken.
Er sehe seine Aufgaben darin, Transparenz in den Energiemarkt zu bringen, mit nachvollziehbaren Entscheidungen Vertrauen zu schaffen und damit Planungssicherheit, sagte Matthias Kurth in einem schwungvollen Vortrag bei der ersten Euroforum-Regulierungskonferenz in Berlin. Es sei an der Zeit, die kontroversen Debatten über Details zu beenden und das Handwerkszeug für den Regulator zu verabschieden. Die Debatten unter den Energieunternehmen erinnerten ihn an den „Kosakenzipfel“ von Loriot, in dem vermeintlich langjährige gute Freunde plötzlich alle Einigkeit vergessen, merkte der designierte Regulator süffisant an.
Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP), die auch die Regulierung der Strom- und Gasnetze übernehmen wird, werde zum 1. Januar 2005 „voll arbeitsfähig“ sein und insgesamt etwa 150 Mitarbeiter beschäftigen. Bereits seit dem 1. Juli vertrete die RegTP im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement Deutschland in internationalen Gremien wie der Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden (CEER), dem Madrid- Forum (European Gas Regulatory Forum of Madrid) und dem Florenz-Forum (European Electricity Regulatory Forum of Florenz). Kurth bezeichnete die Arbeit in den europäischen Gremien als „sehr konstruktiv“, lehnte aber die Einrichtung einer Europäischen Regulierungsbehörde ab, da sich „keiner mit nationalen Details auskennt“.
Kurth hält außerdem nichts von der Forderung der Bundesländer nach mehr Regulierungskompetenz. Die bereits von den Landesbehörden seit langem praktizierte vorgeschaltete (ex-ante) Tarifgenehmigung sei nicht „effizient“ gewesen. „Es ist wichtig, dass es einheitliche Prüfkriterien gibt“, sagte Kurth. Seine Behörde arbeite „ergebnisorientiert“ und bevorzuge kein System. Eine Festlegung auf ex-post- oder ex-ante-Kontrolle zum jetzigen Zeitpunkt lehnte er für sich ab. Allerdings wolle er ein System, „mit dem ein Rechtsstreit zu gewinnen ist“, stellte Kurth klar. „Ich will als Sieger das Oberlandesgericht Düsseldorf, das für Streitfälle zuständig ist, verlassen.“ Insofern sei die im Entwurf der Novelle des Energiewirtschaftsrechts festgelegte Beweislastumkehr „als pfiffiges Detail“ zu begrüßen.
Kurth plädierte weiterhin für Strukturklassen (Ost-West) und das Vergleichsmarktprinzip, in dem nicht mehr die dreißig oder fünfzig günstigsten Anbieter das Durchschnittsentgelt festlegen, sondern beispielsweise die drei günstigsten Anbieter. „Qualität, Effizienz und Versorgungssicherheit sind keine Ausschlussargumente“, sagte er und erklärte abschließend, bei allen Regulierungsgrundsätzen spiele die Musik jeweils bei den „Prüfmaßstäben“ - ob Anreizregulierung, Zinssatzbestimmung oder Nettosubstanzerhaltung.
Derweil diskutiert die Branche noch über ein Positionspapier, mit dem EnBW hat aufhorchen lassen. Während die überwiegende Zahl der Versorgungsunternehmen einem Regulierer skeptisch oder gar ablehnend gegenübersteh, heißt es im Papier des baden-württembergischen Verbundkonzerns: „Die EnBW will den Wettbewerb. Die EnBW sieht die Chance dieses Wettbewerbs.“
EnWG-Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums ist hinfällig
Wettbewerb sei im deutschen Stromnetz möglich, ohne den Standortvorteil einer sicheren Versorgung aufgeben zu müssen. Wettbewerb eröffne sogar neue Chancen. „Durch die Erschließung von Effizienzpotenzialen im Netzbereich sinken mittelfristig die Energiekosten“, heißt es im Positionspapier. Damit werde der Industriestandort Deutschland nachhaltig gestärkt. EnBW sei prädestiniert, in der politischen Diskussion die Initiative zu ergreifen, da der Konzern zu den großen Verbundunternehmen mit eigenen Netzen gehöre und gleichzeitig der größte Durchleiter in fremden Netzen sei.
Die Verantwortlichen bei EnBW, allen voran Vorstandschef Utz Claasen, betonen bei jeder Gelegenheit, die Schwächen der Verbändevereinbarung „als erster großer Versorger in Deutschland“ erkannt zu haben. Im Unterschied zu diversen Wettbewerbern setze EnBW auf die Chancen des Wettbewerbs und habe immer wieder öffentlich und nachdrücklich die Einsetzung eines handlungsfähigen Regulierers gefordert. Das von der EnBW vorgelegte wettbewerbsorientierte Regulierungsmodell stelle somit gewissermaßen die logische Fortsetzung dieses Engagements der EnBW dar.
Das nun vorgelegte Regulierungsmodell stützt sich auf zwei Wettbewerbsaspekte, wie die Autoren des Positionspapiers erläutern:Wettbewerb im Strommarkt: Die „Neutralisierung“ der Netze öffnet den monopolistischen Flaschenhals, den das Netz in der Wertschöpfungskette der Elektrizitätswirtschaft bildet und ermöglicht so den uneingeschränkten Wettbewerb im Strommarkt.
Wettbewerb im Netz, oder genauer gesagt ein Als-ob-Wettbewerb im Netz: Durch die Kombination des Prinzips des Nettosubstanzerhalts und des Ansatzes einer Yardstick-Competition entsteht ein echter Anreiz-Wettbewerb, auch in einem natürlichen Monopol. Das Yardstick-Competition-Modell legt die Netzentgelte nämlich in Höhe der mittleren Netzkosten des Marktes fest. Effiziente Anbieter werden gewinnen, weniger effiziente Anbieter werden verlieren.
Ausdrücklich unterstützt EnBW auch eine Befugnis der Regulierungsbehörde, ex-ante tätig zu werden und nicht allein, wie dies bisher vom Bundeswirtschaftsministerium präferiert wird, ex-post eine Missbrauchskontrolle auszuüben.
Mittlerweile haben sich nach Informationen aus Regierungskreisen das Bundesumwelt- und das Bundeswirtschaftsministerium darauf geeinigt, dass die Entgelte für die Nutzung der Strom- und Gasnetze der künftigen Regulierungsbehörde vorab zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Die Einigung erstrecke sich auch auf die Ausrichtung der Anreizregulierung, die künftig nicht nur eine rationelle Betriebsführung bei der Entgeltermittlung berücksichtigen werde, sondern auch Effizienzkriterien.
Damit wird auch der bisherige Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes hinfällig, der eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht vorgesehen hatte.
Gleichzeitig ließ EnBW damals mit einem Positionspapier zur Anreizregulierung aufhorchen. Der damalige Vorstandschef Utz Claasen hatte bereits am Rande der Konferenz des World Energy Council in Sydney erklärt, dass sich sein Unternehmen entgegen der mehrheitlichen Haltung in der Branche für eine Anreizregulierung stark machen werde.
E&M-Redakteur Fritz Wilhelm und Korrespondentin Cerstin Gammelin berichteten damals über die Versuche, mit einem neuen regulatorischen Rahmen den Wettbewerb in den Energiemärkten zu ermöglichen und zu stärken.
Er sehe seine Aufgaben darin, Transparenz in den Energiemarkt zu bringen, mit nachvollziehbaren Entscheidungen Vertrauen zu schaffen und damit Planungssicherheit, sagte Matthias Kurth in einem schwungvollen Vortrag bei der ersten Euroforum-Regulierungskonferenz in Berlin. Es sei an der Zeit, die kontroversen Debatten über Details zu beenden und das Handwerkszeug für den Regulator zu verabschieden. Die Debatten unter den Energieunternehmen erinnerten ihn an den „Kosakenzipfel“ von Loriot, in dem vermeintlich langjährige gute Freunde plötzlich alle Einigkeit vergessen, merkte der designierte Regulator süffisant an.
Die Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation (RegTP), die auch die Regulierung der Strom- und Gasnetze übernehmen wird, werde zum 1. Januar 2005 „voll arbeitsfähig“ sein und insgesamt etwa 150 Mitarbeiter beschäftigen. Bereits seit dem 1. Juli vertrete die RegTP im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement Deutschland in internationalen Gremien wie der Gruppe der europäischen Regulierungsbehörden (CEER), dem Madrid- Forum (European Gas Regulatory Forum of Madrid) und dem Florenz-Forum (European Electricity Regulatory Forum of Florenz). Kurth bezeichnete die Arbeit in den europäischen Gremien als „sehr konstruktiv“, lehnte aber die Einrichtung einer Europäischen Regulierungsbehörde ab, da sich „keiner mit nationalen Details auskennt“.
Kurth hält außerdem nichts von der Forderung der Bundesländer nach mehr Regulierungskompetenz. Die bereits von den Landesbehörden seit langem praktizierte vorgeschaltete (ex-ante) Tarifgenehmigung sei nicht „effizient“ gewesen. „Es ist wichtig, dass es einheitliche Prüfkriterien gibt“, sagte Kurth. Seine Behörde arbeite „ergebnisorientiert“ und bevorzuge kein System. Eine Festlegung auf ex-post- oder ex-ante-Kontrolle zum jetzigen Zeitpunkt lehnte er für sich ab. Allerdings wolle er ein System, „mit dem ein Rechtsstreit zu gewinnen ist“, stellte Kurth klar. „Ich will als Sieger das Oberlandesgericht Düsseldorf, das für Streitfälle zuständig ist, verlassen.“ Insofern sei die im Entwurf der Novelle des Energiewirtschaftsrechts festgelegte Beweislastumkehr „als pfiffiges Detail“ zu begrüßen.
Kurth plädierte weiterhin für Strukturklassen (Ost-West) und das Vergleichsmarktprinzip, in dem nicht mehr die dreißig oder fünfzig günstigsten Anbieter das Durchschnittsentgelt festlegen, sondern beispielsweise die drei günstigsten Anbieter. „Qualität, Effizienz und Versorgungssicherheit sind keine Ausschlussargumente“, sagte er und erklärte abschließend, bei allen Regulierungsgrundsätzen spiele die Musik jeweils bei den „Prüfmaßstäben“ - ob Anreizregulierung, Zinssatzbestimmung oder Nettosubstanzerhaltung.
Derweil diskutiert die Branche noch über ein Positionspapier, mit dem EnBW hat aufhorchen lassen. Während die überwiegende Zahl der Versorgungsunternehmen einem Regulierer skeptisch oder gar ablehnend gegenübersteh, heißt es im Papier des baden-württembergischen Verbundkonzerns: „Die EnBW will den Wettbewerb. Die EnBW sieht die Chance dieses Wettbewerbs.“
EnWG-Gesetzentwurf des Wirtschaftsministeriums ist hinfällig
Wettbewerb sei im deutschen Stromnetz möglich, ohne den Standortvorteil einer sicheren Versorgung aufgeben zu müssen. Wettbewerb eröffne sogar neue Chancen. „Durch die Erschließung von Effizienzpotenzialen im Netzbereich sinken mittelfristig die Energiekosten“, heißt es im Positionspapier. Damit werde der Industriestandort Deutschland nachhaltig gestärkt. EnBW sei prädestiniert, in der politischen Diskussion die Initiative zu ergreifen, da der Konzern zu den großen Verbundunternehmen mit eigenen Netzen gehöre und gleichzeitig der größte Durchleiter in fremden Netzen sei.
Die Verantwortlichen bei EnBW, allen voran Vorstandschef Utz Claasen, betonen bei jeder Gelegenheit, die Schwächen der Verbändevereinbarung „als erster großer Versorger in Deutschland“ erkannt zu haben. Im Unterschied zu diversen Wettbewerbern setze EnBW auf die Chancen des Wettbewerbs und habe immer wieder öffentlich und nachdrücklich die Einsetzung eines handlungsfähigen Regulierers gefordert. Das von der EnBW vorgelegte wettbewerbsorientierte Regulierungsmodell stelle somit gewissermaßen die logische Fortsetzung dieses Engagements der EnBW dar.
Das nun vorgelegte Regulierungsmodell stützt sich auf zwei Wettbewerbsaspekte, wie die Autoren des Positionspapiers erläutern:Wettbewerb im Strommarkt: Die „Neutralisierung“ der Netze öffnet den monopolistischen Flaschenhals, den das Netz in der Wertschöpfungskette der Elektrizitätswirtschaft bildet und ermöglicht so den uneingeschränkten Wettbewerb im Strommarkt.
Wettbewerb im Netz, oder genauer gesagt ein Als-ob-Wettbewerb im Netz: Durch die Kombination des Prinzips des Nettosubstanzerhalts und des Ansatzes einer Yardstick-Competition entsteht ein echter Anreiz-Wettbewerb, auch in einem natürlichen Monopol. Das Yardstick-Competition-Modell legt die Netzentgelte nämlich in Höhe der mittleren Netzkosten des Marktes fest. Effiziente Anbieter werden gewinnen, weniger effiziente Anbieter werden verlieren.
Ausdrücklich unterstützt EnBW auch eine Befugnis der Regulierungsbehörde, ex-ante tätig zu werden und nicht allein, wie dies bisher vom Bundeswirtschaftsministerium präferiert wird, ex-post eine Missbrauchskontrolle auszuüben.
Mittlerweile haben sich nach Informationen aus Regierungskreisen das Bundesumwelt- und das Bundeswirtschaftsministerium darauf geeinigt, dass die Entgelte für die Nutzung der Strom- und Gasnetze der künftigen Regulierungsbehörde vorab zur Genehmigung vorgelegt werden müssen. Die Einigung erstrecke sich auch auf die Ausrichtung der Anreizregulierung, die künftig nicht nur eine rationelle Betriebsführung bei der Entgeltermittlung berücksichtigen werde, sondern auch Effizienzkriterien.
Damit wird auch der bisherige Entwurf des Energiewirtschaftsgesetzes hinfällig, der eine nachträgliche Missbrauchsaufsicht vorgesehen hatte.
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Samstag, 19.10.2024, 21:51 Uhr
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