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Enerige & Management > 30 Jahre E&M - KWK-Kompetenz von Anfang an
Quelle: E&M
30 JAHRE E&M:
KWK-Kompetenz von Anfang an
Energie & Management begleitet und gestaltet seit 30 Jahren die energiewirtschaftliche Diskussion zur Kraft-Wärme-Kopplung intensiv mit. 
 
Von tiefgehenden Analysen der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen über Berichte über neue Technologien, Pilotprojekte und Forschungsergebnisse bis hin zu Zubauzahlen von Blockheizkraftwerken und deren Marktanteilen: Energie & Management bildet seit 30 Jahren die Entwicklung der Kraft-Wärme-Kopplung ab.

Bereits in der ersten Ausgabe von E&M vom 1. April 1994 wurde ein Streitgespräch über Blockheizkraftwerke veröffentlicht. Wobei sich die damaligen Diskutanten Joachim Grawe, Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Elektrizitätswerke (VDEW), und Wilfried Handrock, Vorsitzender der Fördergemeinschaft Blockheizkraftwerke und Geschäftsführer der Stadtwerke Paderborn, trotz Kontroversen per se über die Effizienzvorteile der KWK einig waren. Die Diskussionen betrafen hauptsächlich die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Erfolg von KWK-Anlagen, die bis heute ein zentraler Streitpunkt bleiben.

Der damalige Streitpunkt, die Regelung einer Einspeisevergütung für private KWK-Anlagen, ist Geschichte − genauso wie Monopolstellungen in der Energiewirtschaft. Mitte der 1990er-Jahre dominierte noch die Stromwirtschaft mit Gebietsmonopolen, was KWK-Anlagen zu einer seltenen Möglichkeit für Sondervertragskunden machte, sich von Preisvorgaben zu befreien. So wurden KWK-Anlagen oft herausgekauft, um die Auslastung der eigenen Kohlekraftwerke zu sichern, was den Primärenergieverbrauch ungekoppelter Systeme erhöhte. Bereits damals debattierte man auch über die Bedeutung der KWK für die CO2-Reduktion. Energie wurde seit Mitte der 1980er-Jahre zunehmend aus der Umweltperspektive wahrgenommen, die Sicht auf verschiedene Energieträger änderte sich.

Insbesondere auch die politischen Weichenstellungen, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1990/91 vorgenommen wurden, beeinflusst die Energiewirtschaft bis heute. Da zu dieser Zeit die Niederlande bei ihrer Gasförderung den Höhepunkt überschritten hatten und weitere Gasförderungen aus Norwegen unsicher waren, schien das russische Gas attraktiv. Das Erdgas wurde zunehmend als „Brücke“ verstanden − es sollte zum einen zur Verständigung mit Russland beitragen und zum anderen − verglichen zum Öl − als vergleichsweise sauberer Übergang zu den erneuerbaren Energien fungieren, die damals noch kaum zur Erzeugung beitrugen.

Großen EVU waren dezentrale KWK ein Dorn im Auge

Die rot-grüne Bundesregierung kündigte im Oktober 1999 an, die KWK-Nutzung zu fördern. Zu dieser Zeit tobte bereits ein harter Verdrängungswettbewerb am Stromhandelsmarkt, bei dem KWK-Anlagen von Stadtwerken und Industriebetrieben gegen abgeschriebene Kern- und Kohlekraftwerke von großen überregionalen Energieversorgungsunternehmen keine Chance hatten. Die Umweltministerkonferenz befürwortete im Oktober 1999 den Ausbau der KWK mittels „gesetzlicher Quotenregelung“. Diese Quotenregelung geriet in den darauffolgenden Monaten unter Beschuss, unter anderem durch das damalige Kohleland NRW sowie Verbundkonzerne wie Eon, EnBW, RWE oder VEAG.

Als Alternative trat schließlich im April 2002 das „Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung“ (KWKG) in Kraft, doch die Förderung beschränkte sich zunächst auf kleinere Anlagen und bestehende Systeme. Zudem erhielt nur der ins Netz eingespeiste Strom einen Zuschlag. Schon nach der Verabschiedung des KWK-Gesetzes kommentierte E&M am 15. Februar 2002: „Die schier endlos scheinende Debatte hat ihr Ende gefunden, womit auch die Verunsicherung der Investoren beendet werden könnte. Somit dürfte sich manches auf Eis gelegte KWK-Projekt nun doch als wirtschaftlich erweisen. Doch die Berliner Koalition hat es mit dem KWK-Gesetz wieder einmal geschafft, die Ampel gleichzeitig auf Rot und auf Grün zu schalten.“

Die damalige Einschätzung von E&M traf ins Schwarze: Der Ausschluss des Eigenverbrauchs bremste den Zubau in der Industrie aus. Der erhoffte „marktgetriebene“ Zubau von KWK-Anlagen blieb weitgehend aus. Das KWK-Gesetz wurde in den darauffolgenden Jahren mehrmals geändert und nachgebessert. 2009 beispielsweise passte man die Förderhöhen an, 2012 weitete man die Förderfähigkeit auf kleinere KWK-Anlagen aus und setzte Bonusregelungen für den Einsatz von erneuerbaren Energien fest. 2016 kam es schließlich zur Einführung der Ausschreibungen von KWK-Anlagen. Im Juni 2018 startete auch die erste Ausschreibung für innovative Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Zudem wurden in den vergangenen Jahren Maßnahmen zur Flexibilisierung und Dekarbonisierung von KWK-Anlagen eingeführt. Momentan wartet die Branche wieder darauf, dass das KWKG novelliert wird.

Die KWK-Technologie: von Anfang an mehr als nur Erdgas

Das KWKG wurde einst eingeführt, um die Energieeffizienz zu erhöhen, fossile Ressourcen zu schonen und die CO2-Emissionen zu reduzieren. KWK-Anlagen spielen eine Schlüsselrolle in der deutschen Energiewende, da sie sowohl die Strom- als auch die Wärmeerzeugung effizienter gestalten können. Immer häufiger sind sie Partner der erneuerbaren Energien: Mit dezentralen KWK-Anlagen kann das Stromnetz entlastet werden, vor allem wenn künftig verstärkt Wärmepumpen betrieben werden. KWK-Anlagen würden dann systembedingt dort stehen, wo auch die Lastschwerpunkte sind.

Als „Zeitenwende“ bezeichnete Claus-Heinrich Stahl, Präsident des Bundesverbands Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK), das Jahr 2022 − und sprach sicher für die gesamte Energiewirtschaft. Da in den 1990er-Jahren das russische Pipelinegas günstig zur Verfügung stand, begab sich die damalige Bundesregierung in ihrer Energiepolitik in eine fatale Abhängigkeit. Die Folgen dieser einseitigen Politik, die Energiesicherheitsfragen jahrelang ignorierte, bekam ganz Europa mit Beginn des russisches Angriffskriegs gegen die Ukraine deutlich zu spüren.

Die globalen Energiepreise erlebten einen Preisschock. Die Preise für Erdgas in Europa blieben volatil, mit Spitzenwerten im Sommer 2022, bevor sie sich 2023 wieder auf einem recht hohen Niveau stabilisierten. Mit dieser Gassituation wurden die meist erdgasbetriebenen KWK-Anlagen abermals infrage gestellt. Auch viele Politikerinnen und Politiker schienen keinen Unterschied machen zu wollen zwischen dem eingesetzten Brennstoff und der eingesetzten Technologie. Wärmepumpen waren auf einmal en vogue.

Obwohl bereits lange zuvor in der KWK-Branche klar war: Die Anlagen müssen weg vom Erdgas, hin zu erneuerbaren Gasen. Die Krise gab gerade diesem Punkt nochmals eine neue Dynamik. Nicht wenige BHKW-Anlagen von verschiedenen Herstellern konnten Jahre zuvor schon mit erneuerbaren Gasen wie Biogas oder auch Wasserstoff betrieben werden. Verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit geriet diese Tatsache erst mit der Energiekrise.
 
Seit 30 Jahren bildet E&M den KWK-Markt ab
Grafik: Liebermann

E&M hat die Diskussion zur KWK durch unzählige Beiträge in den vergangenen 30 Jahren abgebildet und mitgestaltet. Die gleiche Aufmerksamkeit widmete E&M auch immer dem Markt und der KWK in der Praxis. Dabei war und ist die Redaktion stets ein Dienstleister. Die jährliche Umfrage unter den Anbietern zu den Absatzzahlen von Modulen und Turbinen ist eine gefragte Orientierungshilfe und füllt eine Statistiklücke auf dem deutschen Markt.

Das erste BHKW-Ranking erschien im Sommer 1999; im Jahr 2005 übernahm das Öko-Institut die Datenerhebung und erweiterte sie. Damit werden der BHKW-Zubau und auch Veränderungen seitens der Unternehmen − differenziert nach fossilen und biogenen Anlagentypen − Jahr für Jahr abgebildet. Seit letztem Jahr fließt auch das Thema Wasserstoff in die Erhebung.

Die Rubrik „BHKW des Monats“ dokumentiert die technische Vielfalt und Innovationen im KWK-Bereich. Das erste BHKW des Monats mit dem Titel „Modell-BHKW mit Biogas“ erschien am 15. April 1996. Die Anlagen dieser Rubrik dokumentieren den beständigen Wandel und machen die Breite der „technischen Möglichkeiten, der Einsatzbrennstoffe und Anwendungsfälle, aber auch der innovativen Entwicklungen der Kraft-Wärme-Kopplung im Leistungsbereich zwischen einigen Kilowatt und mehreren Megawatt sichtbar“, schrieb die Redaktion zu einem BHKW Special im Jahr 2005, in dem die ersten 100 BHKW des Monats nachgedruckt wurden. Mittlerweile sind es mehr als 330 vorgestellte Anlagen aus dem deutschsprachigen Raum.

BHKW des Jahres wird seit 1997 verliehen

Die herausragende Anlage unter den zwölf BHKW des Monats eines jeweiligen Jahres wird seit 1997 zum „BHKW des Jahres“ gekürt. Die Mitglieder der Jury kamen zunächst unter anderem aus dem Beirat der Fördergemeinschaft Blockheizkraftwerke und seit 2001 vom B.KWK. Seitdem wurden die Highlights der KWK-Technik 26-mal ausgezeichnet. Lediglich 1999 wurde die Wahl zum „Memento für die Politik, endlich wirksame Schritte zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung“ zu unternehmen. Symbolisch einen Preis erhielt nämlich das „verhinderte Blockheizkraftwerk“, das eine Vielzahl nicht gebauter und stillgelegter Anlagen repräsentierte.

Zu den prämierten Anlagen der darauffolgenden Jahre zählten die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungsanlage der Microsoft-Zentrale in München (2001) sowie Anlagen aus der Industrie wie das Konzept für ein Werk des Leuchtmittelherstellers Osram (2015) oder für die kommunale Versorgung. Besondere Erwähnung verdient sicherlich das BHKW des Jahres 2019: Es handelt sich um eine KWK-Anlage bei der Städtische Betriebe Haßfurt GmbH, die mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden kann. Ein Novum im kommunalen Umfeld.

Das 2023 zuletzt ausgezeichnete Projekt sticht ebenfalls durch seine Innovationskraft hervor: Die Stadtwerketochter SWS Energie GmbH hat in Stralsund unter anderem zwei Blockheizkraftwerke mit Wärmepumpen so innovativ miteinander kombiniert, dass sich deutlich mehr Abwärme für die Fernwärmeversorgung nutzen lässt. Das gelingt, indem die Wärmepumpen zur Kühlung der Generatoren und zu einer dritten Abgasstufe eingesetzt werden − laut den Stralsundern ebenfalls ein Novum.

So zeigt sich in den Energiekonzepten, dass die KWK außerordentlich wandelbar ist und immer komplexere Aufgaben übernimmt. Die wärmegeführten KWK-Anlagen werden bald Geschichte sein. Stattdessen werden sie zu flexiblen, strommarktgeführten Back-up-Anlagen und damit zum idealen Partner für den Erneuerbaren-Ausbau: Positive Residuallasten können durch Zuschalten von KWK gedeckt, negative Residuallasten durch Aufnahme von Windkraft und Photovoltaik in Power-to-Heat ausgeglichen werden.

Schon heute sind KWK-Systeme in Kombination mit Wärmespeichern und Power-to-Heat-Anlagen hochflexibel und ein idealer Komplementär für die Stromerzeugung aus Sonne und Wind. 
 
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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Donnerstag, 18.07.2024, 08:31 Uhr

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