Die Auszeichnung „BHKW des Jahres“, verliehen von E&M und dem B.KWK, geht in diesem Jahr in die Gemeinde Quierschied. Was die Jury überzeugte, erläutert Barbara Minderjahn*.

 

Auch Ende 2025 wurde wieder auf die „BHKW des Monats“ geschaut, um aus dem reichhaltigen Angebot schon quasi traditionell ein „BHKW des Jahres“ zu wählen. Verliehen wird die Auszeichnung von E&M und dem Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK). Leicht fiel die Wahl auch in diesem Jahr nicht, denn jedes der vorgestellten Projekte hat natürlich wieder seine eigene Besonderheit. Warum die Fachjury sich aber schließlich auf ihren Favoriten einigte, erklärt B.KWK-Hauptgeschäftsführerin Barbara Minderjahn:

Sobald der letzte, von E&M vorgestellte Kandidat fürs „BHKW des Monats“ im November feststand, machte sich die zum Teil neu zusammengesetzte Jury an die Arbeit. Zum einen bin ich selbst das erste Mal mit dabei. Zum anderen wurde Steffen Hofmann, Abteilungsleiter für Projektentwicklung bei den Stadtwerken Schwäbisch Hall, mit dieser nicht ganz einfachen Aufgabe betreut.

Uns zur Seite standen die „alte Hasen“ Professor Bernd Thomas (Hochschule Reutlingen), Marek Preißner (VIONTA GmbH & Co. KG) und David Weiblein (BTB Berlin), die den Diskussionsbedarf bei so einer Wahl sehr gut aus der Vergangenheit kennen.

Dass es 2025 durch die Doppelausgaben der E&M im Januar/Februar und Juli/August nur neun Projekte zur Auswahl gab, machte die Sache nicht wirklich leichter. Was bei diesen kleinen Veränderungen gleich geblieben ist, sind die Kriterien, anhand derer der Gewinner ermittelt wurde:

• Lösungskonzepte der Anlagenkombination
• beteiligte Partner
• Planung
• technische Ausführung 
• Betrieb der Investitionen

Wie keine andere Technik steht die Kraft-Wärme-Kopplung in einer Zeit wie dieser für den Anspruch, durch die kombinierte Gewinnung von Wärme und Strom sichere Energie bereitzustellen und durch den ressourcenschonenden Brennstoffeinsatz gleichzeitig die Umwelt zu schützen.

Neben klassischen KWK-Anlagen mit herausragenden Parametern fanden sich unter den neun zur Wahl stehenden „BHKW des Monats“ innovative Lösungen mit hochflexiblen Anlagen und Kombinationslösungen mit erneuerbaren Energietechnologien und Speichern.

Und der Gewinner ist …

Allein die Bandbreite an elektrischer Leistung zeigte wieder die enorme Vielfalt, denn sie liegt zwischen zweistelligen kW- und MW-Werten. Genauso gestaltet sich die Bandbreite bei den eingesetzten Brennstoffen. Angetrieben werden die vorgestellten KWK-Anlagen mit Biomethan, Wasserstoff, Erdgas − und Grubengas, dessen Hauptbestandteil Methan ist!

Letztlich − so können wir das sagen − war dieser Punkt das Zünglein an der Waage, der uns zur Entscheidung geführt hat. Das Votum für das „BHKW des Jahres“ fiel auf den Kandidaten aus dem April 2025: die intelligente Kraft-Wärme-Kopplungsanlage der Saarbrücker Iqony Energies GmbH.
 
Ende Dezember 2024 wurde die Anlage auf dem Gelände der ehemaligen Grube Camphausen (in der saarländischen Gemeinde Quierschied) in Betrieb genommen. Sie nutzt das anfallende Grubengas sowie die Abwärme des Grubenwassers für die Fernwärmeversorgung. Pro Jahr werden so rund 6.300 Tonnen an CO2-Emissionen vermieden.


Bei dem eingesetzten Brennstoff handelt es sich um methanhaltiges Grubengas. Grubengas hat im Vergleich zu Erdgas einen deutlich geringeren und vor allem schwankenden Heizwert. Sein Einsatz in BHKW-Anlagen ist damit nach Auskunft von Iqony deutlich anspruchsvoller. Das Verbrennungssystem muss für diese Gasqualitäten ausgelegt sein.

Es schont aber durchaus die Umwelt: Gelangt das Grubengas unverbrannt in die Atmosphäre, hat es eine mehr als 20-mal so klimaschädliche Wirkung wie CO2. Darum ist es mit Blick auf das Klima sinnvoll, Grubengas als Brennstoff zu verfeuern, weil das die Klimawirkung massiv reduziert. Der vom Blockheizkraftwerk erzeugte Strom wird zu 100 Prozent ins öffentliche Netz eingespeist.

Gewählt wurde für Camphausen ein BHKW des Herstellers Innio Jenbacher mit einer Leistung von 3,1 MW. Die Kompressionswärmepumpe von der Firma Johnson Controls hat eine Leistung von 900 kW. Dazu kommen eine Power-to-Heat-Anlage mit 1 MW und eine Kesselanlage mit 8 MW. In Summe hat die gesamte Erzeugungsanlage auf dem ehemaligen Zechengelände eine Leistung von 13 MW.

Bereits im Dezember 2020 hatte das Projekt eine Förderzusage im Rahmen einer Ausschreibung für „innovative KWK-Systeme“ der Bundesnetzagentur erhalten. Eine iKWK-Anlage besteht verpflichtend aus drei Teilen, sonst ist sie nicht förderfähig: einer konventionellen KWK-Anlage, einer erneuerbaren Wärmequelle und einem elektrischen Wärmeerzeuger.

Regenerative Wärmequelle

Im Falle der Anlage am ehemaligen Bergwerk Camphausen ist die regenerative Wärmequelle das Grubenwasser, das auch nach der Stilllegung des Steinkohlebergbaus im Zuge der Ewigkeitsaufgaben aus der Grube an die Oberfläche gepumpt werden muss. Das Wasser, das ansonsten ungenutzt in einen nahe gelegenen Fluss eingeleitet wird, hat eine Temperatur von 36 Grad Celsius. Die darin enthaltene Wärme lässt sich so mit einer Wärmepumpe für die Wärmeversorgung nutzbar machen.

Die gewonnene Fernwärme wird den Stadtwerken Sulzbach als lokaler Fernwärmelieferant verkauft. Der Versorger hat mit Iqony Energies einen entsprechenden Kooperationsvertrag um 20 Jahre verlängert. Beliefert werden Teile der Stadt sowie das Krankenhaus Sulzbach, die Waldsiedlung Camphausen, Hirschbach und Goldene Au.

Aus technischer Sicht hat die Anlage in Camphausen noch Kapazitätsreserven, um auch einen höheren Wärmebedarf zu decken. Laut Auskunft von Iqony könnten daher künftig auch eine Wohnsiedlung in der Gemeinde Quierschied sowie weitere Stadtteile von Sulzbach versorgt werden.

Jährlich soll die Wärmepumpe etwa 4.050 MWh thermisch erzeugen, das BHKW 9.300 MWh thermisch und 10.050 MWh an elektrischer Energie. Mit dem weiteren Fernwärmeausbau kann die Wärmeabgabe um bis zu 25 Prozent gesteigert werden, zeigt sich der Saarbrücker Versorger Iqony zuversichtlich.

Seit 2019, nach dem Ende des aktiven Steinkohlenbergbaus in Deutschland, ist die RAG-Stiftung für die Ewigkeitsaufgaben verantwortlich, zum Beispiel für die Grubenwasserhaltung oder die Grundwasserreinigung. Deswegen wird gemeinsam geprüft, ob sich weitere Standorte für die Nutzung von Grubenwasser für Fernwärmezwecke der Iqony eignen.

Weil das BHKW mittels eines als klimaneutral eingestuften Energieträgers befeuert wird, arbeitet es insgesamt bilanziell bereits heute vollständig emissionsfrei. Als KWK-Leuchtturm bringt die innovative KWK-Anlage Wärme, Strom und somit Licht ins Dunkel − im übertragenden wie im ganz realen Sinne. Im Grunde steht das „BHKW des Jahres“ auch stellvertretend für seine Mitbewerber, die allesamt Lösungen für standortspezifische Anforderungen anbieten.

Auch in die Gewinner der Vorjahre reiht sich das „BHKW des Jahres“ ein. In dem Sinne, dass es sich deutlich von ihnen unterscheidet. 2023 ging die Auszeichnung an die Stadtwerke Stralsund, 2024 an das ganzheitliche Wohnquartier inklusive Elektromobilität der Hamburger FRANK Ecoenergy GmbH. Gemeinsam mit diesen Beispielen zeigt nun auch die kleine Gemeinde Quierschied, dass KWK liefert: Strom − Wärme − Sicherheit! 
 


* Hauptgeschäftsführerin des B.KWK