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Enerige & Management > Wärme - Klärschlamm als Rohstoff und Wärmelieferant
Die Anlage in Stavenhagen. Quelle: Energy from Waste
WÄRME:
Klärschlamm als Rohstoff und Wärmelieferant
Künftige Vorgaben zur Klärschlammverwertung führen zu neuen Projekten für Monoverbrennung und Phosphorrecycling. Erste Anlagen sind bereits in Betrieb.
 
Ab 2029 dürfen Kläranlagen, die Abwässer von mehr als 100.000 Menschen reinigen, den anfallenden Klärschlamm nicht mehr auf Feldern entsorgen, sondern müssen ihn thermisch verwerten und zudem muss der darin enthaltene Phosphor zurückgewonnen werden. Für kleinere Anlagen gilt eine Übergangsfrist bis 2032. Die bisher häufig praktizierte Ausbringung auf Felder fällt damit weg − für viele Kommunen und Kläranlagenbetreiber bislang die günstigere Alternative. 

Projekte wie etwa vom Entsorgungsdienstleister EEW Energy from Waste zeigen, wie sich Entsorgungspflichten, Wärmeerzeugung und Rohstoffrückgewinnung wirtschaftlich kombinieren lassen. EEW hat kürzlich eine neue Monoverbrennungsanlage (KVA) in Stavenhagen (Mecklenburg-Vorpommern) in Betrieb genommen. Die Investitionssumme liegt bei rund 70 Millionen Euro. Die Anlage ist auf die Behandlung von 160.000 Tonnen Originalsubstanz pro Jahr ausgelegt. Sie sei damit so dimensioniert, dass sie sämtliche kommunale Klärschlämme in Mecklenburg-Vorpommern verbrennen könnte. 

Zusätzlich plant EEW, die in Stavenhagen entstehende Abwärme für die lokale Versorgung zu nutzen. Die Berechnungen des Unternehmens zeigen, dass rund 80 Prozent des Wärmebedarfs der Stadt gedeckt werden könnten. Die Leitungsarbeiten der KVA mit dem Fernwärmenetz sowie der Ausbau des Netzes in der Stadt laufen. Ab 2026 soll Wärme bereitgestellt werden. 

Drittes Großprojekt von EEW – Phosphor als Sekundärrohstoff

Mit Stavenhagen hat EEW nun die dritte von fünf genehmigten Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen in Betrieb genommen. Die beiden anderen befinden sich in Helmstedt (Niedersachsen) und im niederländischen Delfzijl, in Magdeburg ist eine weitere Anlage in der Inbetriebsetzungsphase.

„Auch uns haben die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise getroffen. Daher überlegen wir genau, wann es sich lohnt, welche Anlage fertigzustellen“, sagt Timo Poppe, CEO der EEW-Gruppe, im Gespräch mit der Redaktion. „Aktuell laufen unsere Anlagen nicht unter Volllast“. Die thermische Behandlung sei klimafreundlicher, aber für Kommunen mit höheren Kosten verbunden – laut Poppe bis zu dreimal so teuer wie die bisherige Ausbringung. 

Die Anlagen schaffen zugleich die Voraussetzung für eine zweite gesetzliche Vorgabe: Ab 2029 ist die Rückgewinnung von Phosphor aus der anfallenden Asche vorgeschrieben. Ein Argument für den Einsatz von Monoverbrennungsanlagen ist die hohe Reinheit der Asche. Da ausschließlich Klärschlamm verbrannt wird, entsteht ein homogener Rückstand und das verbessert die Bedingungen für ein wirtschaftliches Phosphorrecycling. 

Regionale Unterschiede bei der thermischen Verwertung

Nach Zahlen des Statistischen Bundesamts haben die Kläranlagen in Deutschland 2023 rund 1,32 Millionen Tonnen Klärschlamm thermisch verwertet. Das entspricht einem Anteil von 81 Prozent an der insgesamt entsorgten Menge von 1,63 Millionen Tonnen. Der Anteil der Verfahren mit technischer Rückgewinnungsfähigkeit von Phosphor stieg im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent auf 656.000 Tonnen.
  Es bestehen jedoch regionale Unterschiede: In Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern lag der Anteil thermischer Verwertung 2022 zwischen 89 und 99 Prozent. In Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen wurden nur 44 bis 58 Prozent der Klärschlämme verbrannt. Laut Poppe spielt die Agrarstruktur eine Rolle. In nördlichen Bundesländern sei die Ausbringung auf großen Ackerflächen wirtschaftlicher. 

Bei der Rückgewinnung von Phosphor setzt das Unternehmen auf Kooperationen. Die EEW und die Phosphorgewinnung Schkopau GmbH (PGS), ein Joint Venture des schwedischen Unternehmens „EasyMining“ und der Gelsenwasser AG, haben im Juni einen Vertrag geschlossen: Die EEW liefert die Asche an, damit sie dort künftig weiterverarbeitet werden kann. 

Weitere Partnerschaften ist die EEW zuvor mit Remondis und Veolia eingegangen. Veolia arbeitet seit 2020 an der Erprobung einer Prozesskette zur Klärschlammverwertung mit Phosphorrecycling. Dafür ist der Abfallverwerter eine Partnerschaft mit den Stickstoffwerken Piesteritz eingegangen. Remondis hat in Kooperation mit Hamburg Wasser eine Rückgewinnungsanlage am Hamburger Klärwerksbetrieb errichtet. Nach Auskunft von Timo Poppe läuft hierzulande zwar noch kein Verfahren richtig rund. Er geht jedoch davon aus, dass bis 2029 stabile Verfahren zur Verfügung stehen werden.

Ein zusätzlicher Grund für die Verpflichtung zur Rückgewinnung von Phosphor ist die geopolitische Abhängigkeit: Rund 80 Prozent der weltweiten Phosphatproduktion entfallen auf fünf Staaten – darunter China, Marokko und Russland. Deutschland ist fast vollständig auf Importe angewiesen. Die neue Verwertungspflicht soll zur Rohstoffsicherung beitragen. 
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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