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Enerige & Management > Wärmenetz - Kartellamt nimmt Fernwärme ins Visier
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WÄRMENETZ:
Kartellamt nimmt Fernwärme ins Visier
Das Bundeskartellamt sorgt sich um die Fernwärmekunden und darum, dass der Staat im Rahmen der Energiepreisbremsen über den Tisch gezogen wird.
 
Kartellamtpräsident Andreas Mundt sagte bei der Vorstellung des Jahresberichtes seiner Behörde in Bonn, es seien 70 Verfahren eingeleitet worden, um die Umsetzung der Preisbremse für Strom, Gas und Fernwärme zu begleiten. Dabei gehe es darum zu verhindern, dass der Staat überhöhte Subventionen zahlen müsse. Die Preisbremse war 2022 eingeführt worden, um die Verbraucher vor überhöhten Preisen zu schützen. Sie ist Ende 2023 ausgelaufen. Die Versorgungsunternehmen können danach Kosten, die sie wegen des gesetzlichen Preisdeckels nicht an ihre Kunden weiterreichen können, gegenüber dem Staat geltend machen.

Aufgabe des Kartellamtes sei es sicherzustellen, dass dem Staat nur wirklich höhere Kosten in Rechnung gestellt würden, sagte Mundt. Eine endgültige Bilanz könne erst Mitte 2025 gezogen werden, wenn alle Schlussrechnungen vorliegen würden. Er gehe aber davon aus, dass die Einwände des Kartellamtes teilweise schon bei den Zwischenrechnungen berücksichtigt würden.

Ein neues Betätigungsfeld sieht der Präsident des Kartellamtes in der Fernwärme. Hier gehe es nicht nur um ein „natürliches Monopol“ sondern auch um einen Sektor, dem im Rahmen der Energiewende eine besondere Bedeutung zukomme. Das Kartellamt vermutet, dass es die Fernwärmeanbieter bei der Gestaltung ihrer Tarife mit der geltenden Rechtslage nicht immer so genau nehmen.

Pilotverfahren gegen sechs Anbieter

Man habe deswegen gegen sechs Anbieter Pilotverfahren eingeleitet. Geprüft werde unter anderem, „ob die verwendeten sogenannten Preisanpassungsklauseln gegen rechtliche Vorgaben verstoßen und so zu höheren Preisen für Verbraucherinnen und Verbraucher geführt haben“, heißt es im Bericht der Behörde. Es bestehe der Verdacht, dass die gewählten Preisindizes die tatsächliche Kostenentwicklung deutlich überzeichneten. So folge der Preis für die Fernwärme auch bei Anbietern dem Gaspreis, die Wärme aus erneuerbaren oder anderen Energien erzeugten. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung dieser Fragen haben die Landeskartellämter, die für die Fernwärme zuständig sind, ihre Zuständigkeit an das Bundeskartellamt abgetreten.

Mundt sagte, angesichts der wachsenden Bedeutung der Fernwärme bestehe grundsätzlich Handlungsbedarf. Eine Möglichkeit sieht der Chef des Kartellamtes in einer sogenannten „Regulierung light“. Es gebe bereits gesetzliche Vorschriften zum Schutz der Verbraucher und eine umfangreiche Rechtssprechung, auf die zurückgegriffen werden könne. Sie entfalteten aber nur eine geringe Wirkung, wenn sie von jedem einzelnen Kunden auf dem Rechtsweg durchgesetzt werden müssten.

4.000 Netze in Deutschland

Der Gesetzgeber könne eine Behörde damit beauftragen, dafür zu sorgen, dass die bestehenden Vorschriften und Gerichtsurteile von den Fernwärmeanbietern auch eingehalten würden, sagte Mundt. Eine eigene Regulierung der Branche sei dagegen schwierig, weil die Voraussetzungen sehr unterschiedlich seien. Insgesamt gebe es in Deutschland 4.000 Fernwärmenetze von unterschiedlicher Größe und Konzeption. Die Zahl der Nutzer reiche von einem bis 16.000. Einheitliche Regeln seien da nicht zielführend.

Im Hinblick auf einen deutschen Kapazitätsmarkt überprüfe das Kartellamt gegenwärtig seine bislang skeptische Position. Grundsätzlich bleibe das Problem bestehen, dass die Vergütung von Kapazitäten sehr anfällig für Mißbrauch sei. Darauf müsse in jedem Fall geachtet werden. Andererseits habe sich der Energiemarkt stark verändert. Angesichts der inzwischen hohen Volatilität der Erzeugung durch die erneuerbaren Energien müsse die Diskussion neu geführt werden. Zu bedenken sei dabei auch, dass Deutschland stärker von Importen abhängig geworden ist. Für die Versorgungssicherheit müssten deswegen auch grenzüberschreitende Lösungen ins Auge gefaßt werden.

Der Stromimport spielt auch für den Wettbewerb im klassischen Elektrizitätsmarkt eine wichtige Rolle. Dort haben sich die Machtverhältnisse im letzten Jahr verfestigt: RWE ist nach wie vor die Nummer eins und hat die Schwelle zur marktbeherrschenden Stellung klar überschritten, EnBW und die LEAG sind immer häufiger „für die Deckung der Stromnachfrage unverzichtbar“ und deswegen nicht mehr weit von dieser Schwelle entfernt. Dass Deutschland auch immer häufiger auf importierten Strom angewiesen ist, bewerten die Wettbewerbshüter in Bonn deswegen positiv, „um die führenden inländischen Anbieter wettbewerblich in Schach zu halten“.
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 26.06.2024, 16:20 Uhr

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