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Enerige & Management > Emissionshandel - Italien nimmt erstes CCS-Projekt im Meer in Betrieb
Quelle: Fotolia / frenta
EMISSIONSHANDEL:
Italien nimmt erstes CCS-Projekt im Meer in Betrieb
CO2 aus der italienischen Industrie soll in Zukunft klimaschonend in der Adria entsorgt werden.
 
Der Mineraölkonzern Eni und der Fernleitungsnetzbetreiber Snam hatten 2022 ein Joint-Venture gegründet, um Kohlendioxid aus industriellen Prozessen abzuscheiden und einzulagern (CCS). Der italienische Staat ist an beiden Unternehmen zu einem Drittel beteiligt. 2023 hatte die EU das Projekt als förderwürdiges „Projekt von europäischem Interesse“(PCI) anerkannt.

Anfang September ist die Anlage zur Abscheidung des Kohlendioxids nun in Betrieb gegangen. Die Regierung in Rom hat den Start des Projektes begrüßt und darauf hingewiesen, dass sie die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen habe. Italien sei auch international zur Zusammenarbeit in der CCS-Technologie bereit. Snam ist auch in CCS-Projekten in Frankreich, Großbritannien und Griechenland engagiert.

In der ersten Phase werden 25.000 Tonnen CO2 pro Jahr in einer Gasfabrik („gas treatement plant“) in der Nähe von Ravenna isoliert und über eine Leitung zur Offshore-Platform Porto Corsini Mare Ovest im adriatischen Meer transportiert. Die Leitung wurde zuvor für den Transport von Erdgas benutzt, das vor der Küste gefördert wurde. Über die gleiche Leitung wird das CO2 jetzt in das ausgebeutete Gasfeld in 3.000 Meter Tiefe unter dem Meeresboden eingelagert.

In der Gasfabrik werden aus den anfallenden Industrieabgasen zunächst 90 Prozent des CO2 abgeschieden. Diese Rate soll in Zukunft auf 96 Prozent angehoben werden. Damit gehöre die Anlage zu den weltweit effektivsten in einer industriellen Größenordnung, heißt es in einer Mitteilung von Eni. Außerdem werde die Anlage vollständig mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben.

Das Projekt sei von großer Bedeutung für die Dekarbonisierung der italienischen Industrie, sagte Eni-Chef Claudio Descali: „Wir nutzen dafür unsere ausgebeuteten Gasfelder, die vorhandene Infrastruktur und unsere Expertise in der Injektionstechnologie. Damit machen wir ein wettbewerbsfähiges Angebot, das auf großes Interesse stößt.“

Bei Eni und Snam geht man davon aus, dass es in Italien etwa 700 Unternehmen in der Stahl-, Zement- und Keramikindustrie mit einem Umsatz von rund 63 Milliarden Euro und 1,3 Millionen Beschäftigten gibt, deren Produktionsprozesse nicht vollständig dekarbonisiert werden können. Hier sei CCS die Lösung.

Allerdings übersteigen die Kosten für die Abscheidung und Einlagerung einer Tonne CO2 gegenwärtig mit 80 Euro noch den Preis im europäischen Emissionshandel (ETS). Dort kostet ein Zertifikat im Augenblick etwa 70 Euro die Tonne. Allerdings wird damit gerechnet, dass die Notierungen am ETS in den nächsten Jahren ansteigen.

In Phase zwei des Projektes, die 2030 beginnen soll, können bis zu vier Millionen Tonnen CO2 pro Jahr abgeschieden und eingelagert werden. Es werde damit auch einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Italien die Ziele seines nationalen Energie- und Klimaplanes erreiche. In der Endphase könnten bis zu 16 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr unter der Adria entsorgt werden. Die EU hat für 2030 das Ziel vorgegeben, in der Union 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid via CCS zu entsorgen.

Ravenna habe beste Voraussetzungen, sich zum „Hub der Dekarbonisierung“ in Italien zu entwickeln, heißt es in der Mitteilung von Eni weiter. Für Unternehmen der Papier-, Glas- oder chemischen Industrie biete der Standort aufgrund der Möglichkeit, CO2-Emissionen kostengünstig zu entsorgen, einen großen Vorteil.

Umweltverbände wie Greenpeace sehen das anders. Sie halten die CCS-Technik nicht für sicher und kritsieren den hohen Energieverbrauch. Außerdem verhindere sie, dass sich die Unternehmen ernsthaft um eine richtige Dekarbonisierung ihrer Produktionsprozesse bemühten.

 
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 05.09.2024, 15:35 Uhr

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