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Enerige & Management > Geothermie - Im Oberrheingraben wird neues Bohrverfahren getestet
Quelle: E&M
GEOTHERMIE:
Im Oberrheingraben wird neues Bohrverfahren getestet
Für die Region Speyer und Schifferstadt soll im Oberrheingraben ein Tiefengeothermie-Forschungsprojekt umgesetzt werden. Andernorts geht es gleichzeitig um Lithium.
 
Im kürzlich gestarteten Verbundvorhaben „Agens“ verfolgen Forschende das Ziel, mit einem neuen Verfahren eine typische tiefengeothermische Lagerstätte im Oberrheingraben zu erschließen. Das Projekt ist in den pfälzischen Städten Speyer und Schifferstadt angesiedelt. Zum 1. Juni 2024 hatte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) insgesamt 44,4 Millionen Euro für das Verbundvorhaben bewilligt (wir berichteten). 

Der Name„Agens“ steht übersetzt für „Demonstration eines adaptiven, multilateralen Lagerstättenaufschlusses für geothermische Energie zur Seismizitäts- und Kostenmitigation im Oberrheingraben“. Das Verbundprojekt soll aufzeigen, dass durch eine zukunftsweisende Aufschlusstechnik, bei der von einer Hauptbohrung aus mehrere Seitenbohrungen erfolgen, das Reservoir so optimiert erschlossen werden kann, dass die Risiken induzierter Seismizität reduziert werden können. Die Geopfalz, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke Speyer und der Stadt Schifferstadt, koordiniert das Projekt.
  Ein Pilot- und Demonstrationsvorhaben

Das Projekt dient als Pilot- und Demonstrationsvorhaben und soll als Vorbild für weitere geothermische Projekte fungieren. Die Geopfalz arbeitet mit der Ruhr-Universität Bochum, dem Institut für geothermisches Ressourcenmanagement in der ITB gGmbH, der Goethe-Universität Frankfurt am Main, der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau und der Geomecon zusammen.

Die Forschungsarbeiten umfassen die detaillierte Charakterisierung des geothermischen Reservoirs, die Untersuchung des Untergrundverhaltens und die wissenschaftliche Begleitung der Bohrungen. 

Der Oberrheingraben ist eine rund 300 Kilometer lange und 30 bis 40 Kilometer breite Senke zwischen Basel und Frankfurt, die durch geologische Verwerfungen entstanden ist. Der Bundesverband für Geothermie misst dem Gelände besondere Bedeutung bei. Das Grundwasser steige hier aus den angrenzenden Gebirgen Schwarzwald und Vogesen ab und im Grabeninneren aus der wärmeren Tiefe wieder auf, heißt es dazu. Im Oberrheingraben finde man daher in geringer Tiefe hohe Temperaturen - ideale Voraussetzungen für die geothermische Nutzung. 

Im Oberrheingraben haben Fehler Vertrauen erschüttert

Das mineralreiche Thermalwasser im Untergrund des Oberrheingrabens bietet neben der Gewinnung von Wärme und Strom die Chance, den Bodenschatz Lithium zu heben. Beides könnte künftig zur Wirtschaftlichkeit solcher Anlagen beitragen. Die Tiefe Geothermie hat gerade dort allerdings nach wie vor einen schweren Stand, obwohl geologisch sehr gute Bedingungen für die geothermische Wärme- und Stromerzeugung bestehen. Die Ängste der Bürger sind groß, aufgrund von Schadensereignissen in Staufen oder in Landau. 

In Staufen südlich von Freiburg hebt beispielsweise eine missglückte Bohrung im Jahr 2007 die Erde an. Sie verursachte Risse in Gebäuden. In Landau in der Pfalz wurde 2014 eine Anlage stillgelegt, nachdem sich der Boden um die Anlage nach Austritt von Thermalwasser stellenweise um bis zu 7 Zentimeter gehoben hatte und sich dort Risse gebildet hatten.

Trotz einer Vielzahl bundesweit recht reibungslos laufender Anlagen arbeitet die Geothermie-Branche aber immer noch daran, die „Scherben“ einzelner missglückter Bohrungen aufzusammeln. Besonders bei Projekten im Oberrheingraben legen Unternehmen daher Wert auf eine proaktive Informationspolitik. Teilweise werden Bürgerschaftsräte mit ins Boot geholt, die Empfehlungen aussprechen dürfen. 

Auch nach Lithium wird gesucht

Außerdem wird an mehreren Standorten in der Region nach Lithium gesucht: Neben den Stadtwerken Speyer und Schifferstadt − die zusätzlich im Sommer 2022 auch einen Aufsuchungsantrag für Lithium genehmigt bekommen haben − testen weitere Unternehmen den Abbau des begehrten Batterie-Rohstoffes. An der Geothermieanlage Insheim im Süden von Rheinland-Pfalz beispielweise läuft seit Sommer 2020 ein Forschungsprojekt. Federführend ist hier die Explorationsfirma Vulcan Energie Ressourcen (wir berichteten). 

Ein weiteres Projekt startete an der Geothermie-Anlage Bruchsal (Baden-Württemberg), ebenfalls 2020. Hinter dem Vorhaben mit der Abkürzung „Unlimited“ (Untersuchungen zur Lithiumproduktion aus heißen Tiefenwässern in Deutschland) stehen die EnBW Energie Baden-Württemberg AG als Kooperationsführer mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und weiteren Partnern. „Unlimited“ soll die notwendigen technischen und wirtschaftlichen Grundlagen für eine Lithiumproduktion aus heißem Tiefenwasser in Deutschland schaffen.

Der Oberrheingraben ist in Mitteleuropa bislang die einzige Region, in welcher nachhaltige Lithiumvorkommen in geothermischen Tiefenwässern nachgewiesen sind, so Forschende.
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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