• EU-Klimabeirat rät zum Ankurbeln von CO2-Entnahmen
  • Pilotprojekt für lokale Energiegemeinschaft in Oberfranken gestartet
  • Deutlich höhere Day-ahead-Preise zu erwarten
  • EnBW: Landkreise stimmen für Milliarden-Spritze
  • Lex Sauerland: Erste Klagen gegen Zeitspiel der Behörden
  • RWE plant Vermarktung weiterer Kapazitäten
  • Gebündelte Kräfte für den digitalen Netzausbau
  • 100 Millionen Euro für Wasserstoff im Ländle
  • Wasserkraft für Rolls-Royce
  • Umfrage unter Energieunternehmern zeigt Verunsicherung
Enerige & Management > Kernkraft - IEA sieht neues nukleares Zeitalter
Quelle: Fotolia / Thorsten Schier
KERNKRAFT:
IEA sieht neues nukleares Zeitalter
Immer mehr Länder setzen nach einer Untersuchung der Internationalen Energie-Agentur (IEA) auf die Atomkraft. Der Westen habe seine führende Rolle in dieser Technologie verloren.
 
Die Produktion von Atomstrom werde in diesem Jahr einen neuen Höchstwert erreichen, sagte IEA-Direktor Fatih Birol bei der Vorstellung des Berichtes in Paris: „Heute sehen wir, dass das Comeback der Atomenergie, das die IEA schon vor einigen Jahren vorhergesagt hat, stattfindet.“

Zusätzlich zu den im Betrieb befindlichen rund 420 Reaktoren befänden sich gegenwärtig 63 neue Reaktoren mit einer Kapazität von 70 Gigawatt im Bau. Das sei der höchste Wert seit 30 Jahren. Außerdem werde die Laufzeit von 60 Anlagen verlängert. 40 Länder planten, in Zukunft mehr Atomstrom zu produzieren.

Dabei komme überwiegend russische und chinesische Nukleartechnik zum Einsatz. Von den 52 Reaktorneubauten, die seit 2017 begonnen wurden, verwendeten 25 ein chinesisches und 23 ein russisches Design. Die Nuklearindustrie in Westeuropa und in den Vereinigten Staaten stecke dagegen in Schwierigkeiten, sagte Birol. Die jüngsten Reaktorprojekte, die mit erheblicher Verspätung ans Netz gingen und wesentlich teurer wurden als ursprünglich geplant, hätten den Ruf der Branche beschädigt.

Hersteller-Oligopol für angereichertes Uran

Der Westen habe jedoch die Chance, sich erneut einen Spitzenplatz in der Atomtechnik zu sichern, wenn er sich am neuen Atomboom beteilige. Im „hohen Wachstumsszenario“ der IEA würde die Kapazität der Atomkraftwerke in den westlichen Industrieländern bis 2050 um 40 Prozent zulegen. Vor allem bei den größeren Nuklearprojekten, die gegenwärtig in Europa, den USA, Japan und Korea geplant würden, werde westliche Technologie wieder stärker eingesetzt.

Die nukleare Versorgungssicherheit wird nach Ansicht der IEA durch eine hohe Konzentration in der Lieferkette für angereichertes Uran, das für den Betrieb von Reaktoren benötigt wird, infrage gestellt. Mehr als drei Viertel des angereicherten Urans stammten gegenwärtig von vier Herstellern: CNNC (China), Rosatom (Russland), Urenco (GB/Deutschland/Niederlande) und Orano (Frankreich). 40 Prozent der Kapazität für die Urananreicherung werde alleine von Russland kontrolliert. Eine Reihe von Ländern, darunter die USA, planten deswegen eine Diversifizierung und neue Anreicherungsanlagen.

Die Renaissance der Atomkraft wird nach Ansicht der IEA durch mehrere Faktoren angetrieben. In den nächsten Jahren werde die Elektrizitätsnachfrage voraussichtlich sechsmal mehr steigen als die gesamte Nachfrage nach Energie, heißt es in dem Bericht.

Mehr Strom werde nicht nur für den herkömmlichen Bedarf benötigt sondern zusätzlich für Elektroautos, Datenzentren oder künstliche Intelligenz. Atomkraft könne diese Nachfrage ebenso wie einen Teil des Wärmebedarfs kontinuierlich und emissionsfrei befriedigen. Sie sei deswegen eine ideale Ergänzung der erneuerbaren Energien, aus denen der größte Teil des Stroms erzeugt werde.

Hoffnungsträger Small Modular Reactor

Begünstigt werde der Trend zur Atomkraft auch durch die Entwicklung kleiner Reaktoren vom SMR-Typ (Small Modular Reactor). Die geringeren Investitionskosten machten neue Geschäfts- und Finanzierungsmodelle möglich und rückten die Atomkraft in Reichweite neuer Investorengruppen.

International harmonisierte Standards könnten dazu beitragen, die Kleinreaktoren in Serie und kostengünstig herzustellen. Der IEA-Direktor geht davon aus, dass die Kosten für eine Megawattstunde Strom aus einem SMR bis 2040 auf 60 bis 80 Dollar fallen. Der Atomstrom wäre dann nicht teurer als Strom aus einem Off-Shore-Windpark.

Um Kapital für die immer noch hohen Investitionen zu mobilisieren, wird nach Ansicht der IEA ein positives politisches Umfeld benötigt. Ein großer Teil der im Bau befindlichen oder der geplanten Reaktoren werde zwar von staatlichen Unternehmen betrieben, auf privates Kapital könne man aber nicht verzichten. Die Regierungen müssten deswegen ein regulatorisches Umfeld schaffen, in dem die Risiken für Investoren minimiert würden.

Unter diesen Voraussetzungen haben die SMR nach Ansicht der IEA eine große Zukunft vor sich. Die ersten kleinen AKW könnten schon 2030 ans Netz gehen, voraussichtlich in China, Russland oder Nordamerika. Nach den bisherigen Planungen würde die Kapazität der SMR 2050 weltweit 40 GW erreichen. Mit aktiver Unterstützung durch die Politik könnten bis dahin aber auch 1000 SMR mit 120 GW Leistung am Netz sein. Die Investitionskosten dafür veranschlagt die IEA auf 670 Milliarden Dollar.
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 16.01.2025, 15:33 Uhr

Mehr zum Thema