• Frankreichs Rechte treiben deutschen Strompreis nach oben
  • Bund und Länder bürgen für Konverterbau
  • Entflechtungsdiskussion für Fernwärme bremst Wärmewende
  • Bayern will früher ans Netz
  • Werl bekommt neuen Geschäftsführer
  • Deutsche PPA-Preise bleiben im Juni konstant
  • Stadtwerke Bonn schütten trotz Konzern-Minus aus
  • Urban Keussen verlässt EWE
  • Lichtblick blickt zufrieden auf das Geschäftsjahr 2023/24
  • Österreich: GCA zuversichtlich bezüglich Pipeline-Ausbau
Enerige & Management > Österreich - Handelsgericht Wien hält Verbund-Preiserhöhung für unwirksam
Quelle: Pixabay / Jürgen Sieber
ÖSTERREICH:
Handelsgericht Wien hält Verbund-Preiserhöhung für unwirksam
Nach einem Urteil zweiter Instanz durfte der Konzern Strompreise nicht mit dem bloßen Hinweis auf eine Bestimmung im E-Recht erhöhen. Laut Verbund erfolgten schon Rückzahlungen.
 
 
In einem Rechtsstreit zwischen dem Verbraucherschutzverein (VSV) und dem Verbund über eine Strompreiserhöhung seitens des größten österreichischen Energieunternehmens vom 1. März 2023 liegt nun das Urteil zweiter Instanz vor. Darin stellt das Handelsgericht Wien fest, der bloße Hinweis auf eine Bestimmung im Elektrizitätsrecht bilde keine ausreichende Legitimation für eine Preisanpassung und sei daher unwirksam.

Abgewiesen wurden seitens des Handelsgerichts jedoch zwei weitere Begehren des Kunden, in dessen Auftrag der VSV die Klage führte. Verlangt wurde damit erstens die Feststellung, der Verbund sei nicht berechtigt gewesen, den Liefervertrag des Kunden zu kündigen.

Zweitens begehrte der VSV im Namen des Kunden Schadenersatz, weil dieser einen anderen Lieferanten wählen musste und ihm dadurch Kosten entstehen konnten, die über den durch die Preiserhöhung des Verbunds erfolgten lagen. Dass diese Kosten tatsächlich entstanden waren, behauptete der Kläger dem Handelsgericht zufolge nicht. 
Konkret geht es in der Causa um den seit Februar 2022 geltenden Paragraphen 80 Absatz 2a des Elektrizitätwirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG), der sowohl von der E-Wirtschaft als auch von Konsumentenorganisationen wegen seiner Schwammigkeit kritisiert wird.

Laut dem Urteil des Handelsgerichts enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Verbunds eine Klausel, mit der auf diese Bestimmung hingewiesen wird. Die Klausel sei für die Kunden jedoch „gröblich benachteiligend“, weil sie „die Frage nach den tatsächlichen Parametern der Preisanpassung völlig offen lässt.“ Grundsätzlich erlaube sie dem Verbund „eine Preiserhöhung in unbegrenzter Höhe, wenn diese nur in einem angemessenen Verhältnis zu dem Grund der Erhöhung stünde.“ Deshalb sei die Klausel unwirksam.

Kündigung rechtens

Ausdrücklich hält das Gericht jedoch fest, dass der Verbund berechtigt war, den Liefervertrag mit dem Kunden zu beenden. Das Unternehmen habe sein – unumstrittenes – Recht auf einseitige Kündigung nicht sittenwidrig ausgeübt. Daher besteht auch kein Recht auf Schadenersatz. „Ein dem Kläger aus der Preisanpassung entstandener Schaden, der über den Nachteil hinausgeht, der der unzulässigen Preiserhöhung entspricht, ist nicht erkennbar“, betont das Handelsgericht Wien. Das Urteil erster Instanz war Ende November 2023 seitens des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien ergangen.

In einer Reaktion auf dessen nunmehrige teilweise Bestätigung forderte der VSV den Verbund auf, allen Kunden die aufgrund der rechtswidrigen Preiserhöhung verrechneten Mehrkosten zurückzuerstatten. Andere Energieunternehmen, die analog gehandelt hätten, müssten dies ebenfalls tun. Entsprechende Aufforderungen werde der VSV würden den Unternehmen übermitteln, betonte Obfrau Daniela Holzinger-Vogtenhuber.

Verbund reagiert

Der Verbund teilte der Redaktion mit, er habe in der Angelegenheit bereits im Dezember vergangenen Jahres eine Einigung mit der Arbeiterkammer Oberösterreich erzielt. Dieser zufolge erhielten betroffene Kunden je nach Höhe ihres Verbrauchs Rückzahlungen respektive „Bonuszahlung zum Ausgleich der hohen Energiekosten“ von 20, 40 oder 85 Euro. Durch das Urteil des Handelsgerichts Wien werde die Forderung der E-Wirtschaft nach Rechtssicherheit bezüglich der Frage der Preisanpassungen „erneut bekräftigt“, konstatierte der Verbund. Den Gang zum Obersten Gerichtshof hielt sich der Energiekonzern offen.

Wie berichtet, verlangt die Branche bereits seit langem eine Novellierung des ElWOG, um Rechtssicherheit für Preisanpassungen zu erlangen. Geplant war, in das kommende Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG), das das ElWOG ablösen soll, eine rechtlich tragfähige und für die E-Wirtschaft wie auch die Konsumentenschützer befriedigende Bestimmung aufzunehmen.

Allerdings konnte die betreffende Arbeitsgruppe des Energieministeriums keine Einigung erzielen. Ob das ElWG noch vor Auslaufen der Legislaturperiode Ende September beschlossen werden kann, ist offen.
 

Klaus Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 10.06.2024, 12:17 Uhr

Mehr zum Thema