
Quelle: Fotolia / Detlef
FERNWÄRME:
Gute Stimmung in Österreich
Im Wesentlichen läuft der Ausbau klaglos, hieß es bei den Fernwärmetagen in Wien. Allerdings sollte die Politik das Thema stärker forcieren und der Regulator lieber nicht eingreifen.
Weitgehend positiv war die Stimmung bei den Fernwärmetagen des österreichischen Fachverbands Gas-Wärme (FGW) am 12. und 13.
März in Wien. Der Tenor: Der Ausbau laufe im Wesentlichen klaglos. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Zahl der mit
Fernwärme versorgten österreichischen Haushalte um rund 25 Prozent auf 1,2 Millionen erhöht. In seinem aktuellen Zahlenspiegel
beziffert der FGW den Anteil der mit Fernwärme versorgten Haushalte an deren Gesamtzahl mit rund 28,3 Prozent. In Wien beläuft
sich der Anteil auf 40 Prozent. Geplant ist, ihn bis 2040, dem Jahr, in dem Österreichs Bundeshauptstadt „klimaneutral“ werden
möchte, auf rund 56 Prozent zu steigern. Die Länge der österreichischen Ferwärmeleitungen wiederum liegt bei 6.100 Kilometern
und soll bis 2033 um 21,3 Prozent auf 7.400 Kilometer anwachsen.
Zwar erwähnt das Programm der neuen Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP), Sozialdemokraten (SPÖ) und Liberalen (Neos) das Thema nur ein einziges Mal: „In Abstimmung mit den Gebietskörperschaften soll die kommunale Wärmeplanung (zum Beispiel Ausbau Fernwärme) vorausschauend und transparent gestaltet werden, damit Investitionsentscheidungen getroffen werden können.“ Doch das hat für den Fernwärmeausbau kaum Bedeutung, berichtete Gerhard Fida, der Chef der Geschäftsführung der Wiener Netze, der Redaktion: „Die Regierung spricht ja auch von der ‚Transformation des Wärmesektors‘. Und das geht nun einmal nur mit Fernwärme, speziell in Ballungsgebieten wie Wien.“
Regulator pro und kontra
Wenig Sinn sieht Fida allerdings in Überlegungen, die Fernwärme ähnlich wie den Strom- sowie den Gassektor zu „liberalisieren“ und in der Folge der Aufsicht durch die Energiemarkt-Regulierungsbehörde E-Control zu unterwerfen: „Ein Fernwärmekunde in Wien kann nun einmal rein technisch keinen Versorger aus dem übrigen Bundesgebiet wählen.“
Ein Energieberater, der seinen Namen nicht genannt werden wollte, bekundete gegenüber der Redaktion indessen grundsätzliches Verständnis dafür, den Fernwärmeversorgern regulatorisch auf die Finger zu sehen. Bei den „Großen“ wie etwa der Wien Energie, der Kärntner Kelag oder der niederösterreichischen EVN gebe es zwar kaum Probleme. Dafür sorge nicht zuletzt der seit Ende November 2023 vorliegende, wenn auch nicht rechtsverbindliche, Kodex des FGW über „Grundlagen und Praxis der Fernwärmeversorgung“, der detaillierte Vorgaben zu den Lieferverträgen und den Abrechnungsmodalitäten enthält. Mancher kleine Nahwärmeversorger dagegen weise dagegen bisweilen bemerkenswerte Kosten für den Wärmenetz-Ausbau auf: „Da wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn die E-Control einen Blick darauf wirft.“
Wien will „raus aus Gas“
Stichwort Wien: Laut dem sogenannten „Raus-aus-Gas“-Programm der Stadt müssen dort bis 2040 rund 474.000 dezentrale Gasgeräte (Gasthermen) durch andere Heizanlagen sowie Herde ersetzt werden, berichtete Herbert Hemis von der für Energieplanung zuständigen Magistratsabteilung 20 (MA 20) der Stadt Wien: „Das ist sicher eine europaweit einzigartige Herausforderung.“
Zu deren Bewältigung erarbeitete die MA20 gemeinsam mit den Wiener Netzen und dem kommunalen Energieversorger Wien Energie parzellenscharfe Energieraumpläne. Vor allem in den innerstädtischen Bezirken mit hoher Bedarfsdichte soll die Gasinfrastruktur sukzessive durch Fernwärme ersetzt werden. In den Außenbezirken sind dagegen eher lokale Wärmenetze angedacht. „Das geht in Richtung nachbarschaftlicher Wärmeversorgung“, erläuterte Hemis.
In vier „Pioniergebieten“ mit je 50 bis 150 Objekten investiert die Wien Energie bis Ende 2026 insgesamt rund 150 Millionen Euro in die Fernwärmeversorgung. Eine Besonderheit dabei sind die „Passivanschlüsse“. Dabei werden bei der Erschließung eines Straßenzugs für die Fernwärme Hausanschlüsse mitverlegt, ohne das entsprechende Objekt tatsächlich anzuschließen. Ist der Eigentümer später an einer Versorgung interessiert, kann diese vergleichsweise einfach hergestellt werden.
Energiewende ist Wärmewende
Der Vorstand des Kärntner Energieversorgers Kelag, Reinhard Draxler, erachtet es als „schade, dass die Regierung dem Thema Fernwärme nicht mehr Raum widmet. Die Energiewende ist nun einmal eine Wärmewende, und das sollte auch politisch entsprechend berücksichtigt werden“.
So richtig erfolgreich war freilich auch die vorige Regierung aus der ÖVP und den Grünen in Sachen Fernwärme nicht unterwegs, bestätigte Draxler der Redaktion. Das nach monatelangem regierungsinternem Katzbalgen Ende Februar 2024 endlich in Kraft getretene Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) verbietet zwar die Installation von Öl- und Gasheizungen in Neubauten. Pflichten für Austausch bestehender Anlagen bestehen jedoch nicht. Insgesamt gilt das EWG eher als Fehlschlag der vormaligen Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Eine Einschätzung, die Draxler in der Sache bestätigt: „Gebracht hat das EWG leider wenig.“ Nachsatz: Die Politik sei gut beraten, „endlich aufzuwachen“.
Zwar erwähnt das Programm der neuen Bundesregierung aus Konservativen (Österreichische Volkspartei, ÖVP), Sozialdemokraten (SPÖ) und Liberalen (Neos) das Thema nur ein einziges Mal: „In Abstimmung mit den Gebietskörperschaften soll die kommunale Wärmeplanung (zum Beispiel Ausbau Fernwärme) vorausschauend und transparent gestaltet werden, damit Investitionsentscheidungen getroffen werden können.“ Doch das hat für den Fernwärmeausbau kaum Bedeutung, berichtete Gerhard Fida, der Chef der Geschäftsführung der Wiener Netze, der Redaktion: „Die Regierung spricht ja auch von der ‚Transformation des Wärmesektors‘. Und das geht nun einmal nur mit Fernwärme, speziell in Ballungsgebieten wie Wien.“
Regulator pro und kontra
Wenig Sinn sieht Fida allerdings in Überlegungen, die Fernwärme ähnlich wie den Strom- sowie den Gassektor zu „liberalisieren“ und in der Folge der Aufsicht durch die Energiemarkt-Regulierungsbehörde E-Control zu unterwerfen: „Ein Fernwärmekunde in Wien kann nun einmal rein technisch keinen Versorger aus dem übrigen Bundesgebiet wählen.“
Ein Energieberater, der seinen Namen nicht genannt werden wollte, bekundete gegenüber der Redaktion indessen grundsätzliches Verständnis dafür, den Fernwärmeversorgern regulatorisch auf die Finger zu sehen. Bei den „Großen“ wie etwa der Wien Energie, der Kärntner Kelag oder der niederösterreichischen EVN gebe es zwar kaum Probleme. Dafür sorge nicht zuletzt der seit Ende November 2023 vorliegende, wenn auch nicht rechtsverbindliche, Kodex des FGW über „Grundlagen und Praxis der Fernwärmeversorgung“, der detaillierte Vorgaben zu den Lieferverträgen und den Abrechnungsmodalitäten enthält. Mancher kleine Nahwärmeversorger dagegen weise dagegen bisweilen bemerkenswerte Kosten für den Wärmenetz-Ausbau auf: „Da wäre es vielleicht nicht schlecht, wenn die E-Control einen Blick darauf wirft.“
Wien will „raus aus Gas“
Stichwort Wien: Laut dem sogenannten „Raus-aus-Gas“-Programm der Stadt müssen dort bis 2040 rund 474.000 dezentrale Gasgeräte (Gasthermen) durch andere Heizanlagen sowie Herde ersetzt werden, berichtete Herbert Hemis von der für Energieplanung zuständigen Magistratsabteilung 20 (MA 20) der Stadt Wien: „Das ist sicher eine europaweit einzigartige Herausforderung.“
Zu deren Bewältigung erarbeitete die MA20 gemeinsam mit den Wiener Netzen und dem kommunalen Energieversorger Wien Energie parzellenscharfe Energieraumpläne. Vor allem in den innerstädtischen Bezirken mit hoher Bedarfsdichte soll die Gasinfrastruktur sukzessive durch Fernwärme ersetzt werden. In den Außenbezirken sind dagegen eher lokale Wärmenetze angedacht. „Das geht in Richtung nachbarschaftlicher Wärmeversorgung“, erläuterte Hemis.
In vier „Pioniergebieten“ mit je 50 bis 150 Objekten investiert die Wien Energie bis Ende 2026 insgesamt rund 150 Millionen Euro in die Fernwärmeversorgung. Eine Besonderheit dabei sind die „Passivanschlüsse“. Dabei werden bei der Erschließung eines Straßenzugs für die Fernwärme Hausanschlüsse mitverlegt, ohne das entsprechende Objekt tatsächlich anzuschließen. Ist der Eigentümer später an einer Versorgung interessiert, kann diese vergleichsweise einfach hergestellt werden.
Energiewende ist Wärmewende
Der Vorstand des Kärntner Energieversorgers Kelag, Reinhard Draxler, erachtet es als „schade, dass die Regierung dem Thema Fernwärme nicht mehr Raum widmet. Die Energiewende ist nun einmal eine Wärmewende, und das sollte auch politisch entsprechend berücksichtigt werden“.
So richtig erfolgreich war freilich auch die vorige Regierung aus der ÖVP und den Grünen in Sachen Fernwärme nicht unterwegs, bestätigte Draxler der Redaktion. Das nach monatelangem regierungsinternem Katzbalgen Ende Februar 2024 endlich in Kraft getretene Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) verbietet zwar die Installation von Öl- und Gasheizungen in Neubauten. Pflichten für Austausch bestehender Anlagen bestehen jedoch nicht. Insgesamt gilt das EWG eher als Fehlschlag der vormaligen Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Eine Einschätzung, die Draxler in der Sache bestätigt: „Gebracht hat das EWG leider wenig.“ Nachsatz: Die Politik sei gut beraten, „endlich aufzuwachen“.
Klaus Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 13.03.2025, 09:19 Uhr
Donnerstag, 13.03.2025, 09:19 Uhr
Mehr zum Thema