• PV-Power vom Dach
  • Energiekomplex größtenteils im Minus
  • Eppinger Solarpark aus Bürgerhand ist ein förderfreies Projekt
  • Ladebordsteine in der Praxis bewährt
  • Über 300 Ladepunkte im Angebot der Stadtwerke Duisburg
  • Aira erhält 150 Millionen Euro frisches Kapital
  • Marco Franke nun Dessaus neuer Mobilitätschef
  • BDEW empfiehlt Maßnahmen gegen Fachkräftemangel
  • Kläranlagen-Abwärme soll Jena-Nord mit Wärme versorgen
  • Auch Kaiserslautern lässt die ersten E-Busse vom Hof
Enerige & Management > Gastbeitrag - Grün allein reicht nicht
Quelle: E&M
GASTBEITRAG:
Grün allein reicht nicht
Erneuerbare Energien müssen hinsichtlich ihrer Krisenfestigkeit und Versorgungssicherheit neu bewertet werden. Ein Gastbeitrag von Sebastian Heitmann* von Extantia Capital Management.
 
Fossile Energien sind zurück, zumindest kurzfristig. Laut der Internationalen Energieagentur (IEA) stieg ihr Anteil am globalen Energiemix 2023 um 19,3 Prozent. Gleichzeitig wachsen geopolitische Unsicherheit durch Konflikte, instabile Lieferketten und Handelskriege ebenso wirtschaftliche Volatilität. Die Energiewende ist nicht mehr nur ein klimapolitisches Projekt, sondern auch sicherheitspolitische Notwendigkeit.

Lange war Wirtschaftlichkeit das Hauptkriterium für Investitionen in grüne Energie. Doch die jüngsten Krisen zeigen, dass Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit und Reaktionsfähigkeit genauso entscheidend sind. Erneuerbare müssen künftig doppelt liefern: nachhaltig und krisenfest.

Das wirft eine zentrale Frage auf: Welche Technologien erfüllen diesen Anspruch unter realen Bedingungen – politisch, wirtschaftlich, technisch? Welche sind nicht nur klimafreundlich, sondern auch widerstandsfähig gegen externe Schocks? Ein realistischer Technologiecheck ist nötig, jenseits von Wunschdenken, entlang klarer Stärken, Schwächen und Entwicklungspotenziale.

Das langfristige Potenzial der Erneuerbaren:
  • Solarenergie ist die Erfolgsstory der vergangenen Dekade: günstig, skalierbar, international wettbewerbsfähig. Doch ohne Speicherlösungen bleibt sie wetterabhängig und anfällig. Die Kombination aus Photovoltaik und Speicher wird entscheidend für Resilienz.
  • Windkraft ist etablierter Teil des europäischen Energiemixes, onshore wie offshore. Doch sie hat Schwächen: hohe Kosten, komplexe Netzintegration, Akzeptanzgrenzen besonders in dicht besiedelten Regionen.
  • Geothermie ist vielleicht die am meisten unterschätzte Option. Sie liefert konstante Energie, unabhängig von Wetter, ideal für Grundlast und industrielle Wärme. Ihre Schwächen: hoher Kapitalbedarf, technisches Risiko, fehlende Expertise. Fortschritte in Bohrtechnik und digitale Modellierung machen sie investierbarer. Regional differenziert kann sie zum Gamechanger werden.
  • Wasserkraft gilt als effizient und hat sich bewährt. Doch die Ausbaupotenziale sind in vielen Ländern ausgeschöpft. Ökologische Eingriffe, lange Genehmigungen und Nutzungskonflikte begrenzen ihre Zukunftsfähigkeit besonders in Europa.
  • Bioenergie ist eine vielseitige und wertvolle Ergänzung im erneuerbaren Energiemix, insbesondere im ländlichen Raum und in industriellen Anwendungen. Als speicherbare und grundlastfähige Energieform trägt sie zur Versorgungssicherheit bei. Ihr Potenzial entfaltet sie besonders dort, wo regionale Kreisläufe bestehen, etwa bei der Nutzung von Abwärme, landwirtschaftlichen Reststoffen oder organischen Abfällen. Damit leistet Bioenergie einen wichtigen Beitrag zu einer ressourceneffizienten und dezentralen Energiewende.
Der Blick auf einzelne Technologien zeigt: Es gibt nicht die eine Lösung. Leistungsfähigkeit hängt vom regionalen Kontext, Infrastruktur und Akzeptanz ab. Geothermie liefert in Island Grundlast, in Norddeutschland braucht es andere Voraussetzungen. Solarenergie entfaltet in Südeuropa ihr Potenzial, in Skandinavien nur eingeschränkt.

Deshalb braucht es einen Paradigmenwechsel in der Investitionslogik, weg von globalen „Wundertechnologien“ hin zu lokal verankerten, systemisch eingebetteten Energie-Portfolios. Entscheidend ist, wie gut eine Technologie ins Energiesystem passt und nicht, wie oft sie weltweit installiert wurde.

Die Energiewende braucht Tempo, keine Frage. Aber auch Richtung. Wir können nicht auf Technologien setzen, die unter realen Bedingungen nicht liefern. Wer Energieversorgung wirklich transformieren will, muss kritischer mit Technologieversprechen umgehen. Der Erfolg grüner Energie misst sich nicht am Ausbauziel, sondern daran, ob sie auch im nächsten Sturm standhält.

*Sebastian Heitmann ist Co-Gründer und Partner der Extantia Capital Management GmbH, einem Venture-Capital-Unternehmen für Climate‑Tech mit Sitz in Berlin.
 
Sebastian Heitmann
Quelle: Extantia Capital Management GmbH
 

Redaktion
© 2025 Energie & Management GmbH
Mittwoch, 30.07.2025, 12:30 Uhr

Mehr zum Thema