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Enerige & Management > Personalie - Graichen soll ukrainischen Stromversorger wieder aufbauen
Quelle: Shutterstock / Nep0
PERSONALIE:
Graichen soll ukrainischen Stromversorger wieder aufbauen
Der in den einstweiligen Ruhestand versetzte Energie-Staatssekretär Patrick Graichen formiert mit drei anderen westlichen Profis den neuen Aufsichtsrat der ukrainischen Ukrenergo.
 
Die ukrainische Regierung hat Ex-Energiestaatssekretär Patrick Graichen und drei andere Energieexperten aus der EU als neuen Aufsichtsrat des staatlichen Stromversorgers Ukrenergo berufen. Aus einer Mitteilung von Ukrenergo geht hervor, dass das Quartett nicht nur dabei helfen soll, die zu 80 Prozent von Russland zerstörte Infrastruktur Ukrenergos wieder aufzubauen, sondern das korruptionsanfällige Unternehmen auch personell neu auszurichten. Über den Vorwurf der Vetternwirtschaft war Graichen im Mai 2023 selbst gestürzt.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Graichen, der bis dahin zehn Jahre lang Direktor bei der Denkfabrik Agora Energiewende gewesen war, im Herbst 2021 zum Beginn der Ampel zu sich als beamteten Staatssekretär geholt.

Der setzte nicht nur einen beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren in Richtung 100 Prozent durch, auch im Wärmemarkt mit der Gebäudeenergiegesetz-Novelle, sondern er war auch im Hintergrund der Manager der Energiekrise 2022, als Russland kurz nach seinem Überfall auf die Ukraine Westeuropa den Gashahn zudrehte. Er stand auch für die rasche Umsetzung der von ihm sicherlich ungeliebten LNG-Terminals als Ersatz fürs russische Gas.
 
Patrick Graichen bei den Berliner Energietagen im Mai 2023 kurz vor seinem Rauswurf als Energie-Staatssekretär
Quelle: E&M / Harmsen

Gleich bei Graichens Amtsantritt gab es schon Kritik daran, dass zwei Geschwister von ihm beim Öko-Institut arbeiten und das Ministerium regelmäßig das Institut mit Studien beauftragt. Und Verena Graichen ist mit Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) verheiratet. Patrick Graichen war aber nicht mit Vergaben ans Öko-Institut befasst.

Politisch gefährlich wurde für Graichen erst, dass er als Mitglied einer dreiköpfigen Findungskommission seinen Freund und Trauzeugen Michael Schäfer als neuen Chef der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vorschlug und dieses enge Verhältnis nicht offenlegte. In einer von der Union angestrengten Untersuchungsausschuss-Sitzung im Mai 2023 hielt Habeck zunächst zu Graichen. Eine Woche später versetzte er ihn in den einstweiligen Ruhestand, nachdem herausgekommen war, dass er Projektskizzen des BUND-Landesverbandes Berlin empfehlend abgezeichnet hatte, in dessen Vorstand seine Schwester sitzt. Sein Nachfolger wurde Philipp Nimmermann (Grüne).

Was Graichen und die anderen für Ukrenergo tun dürfen

Die ukrainische Regierung beeindrucken an Graichen ungeachtet dessen seine „Schlüsselrolle“ bei der Bildung einer nationalen Energiestrategie und seine führende Tätigkeit bei Agora. 

Roman Bondar, ukrainischer Landeschef der Headhunter-Agentur Korn Ferry, die die vier Aufsichtsräte ausgewählt hatte, hob zudem hervor, dass alle vier Neuberufenen das Anliegen vereine, „zum Sieg der Ukraine beizutragen“.

Dem Aufsichtsrat komme die Aufgabe zu, in einem „transparenten wettbewerblichen Auswahlverfahren“ einen Nachfolger für Ukrenergo-Chef Oleksii Brecht zu berufen, erklärte Energieminister German Galuschtschenko. Dazu fehlen nach Brechts Worten noch die letzten rechtlichen Pinselstriche, aber die Ukraine gibt die Personalhoheit über ihren Stromversorger zunächst an das unabhängige Kontrollgremium aus lauter westlichen Experten ab.

Natürlich soll der Aufsichtsrat auch die weitere Finanzierung des Staatsriesen sichern helfen. Damit steht es naturgemäß schlecht: Ukrenergo musste erst im November die Bedienung eines Green Bond aussetzen, es hat von Fitch nur ein CC-Rating. 80 Prozent der Strom- und Wärme-Erzeugungskapazität sind gezielt zerstört worden, dazu kommen Schäden am Leitungsnetz. Die Ukrainer müssen befürchten, in diesem dritten Kriegswinter so zu frieren wie nie zuvor.

Die drei anderen neuen Aufsichtsräte sind:
  • der ehemalige dänische Außenminister Jeppe Kofod (Sozialdemokraten), der über ein Vierteljahrhundert hinweg ein diplomatisches Netzwerk aufgebaut hat;
  • Luigi de Francisci, ehemaliger Verantwortlicher für Regulierung beim italienischen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) Terna, Ex-Vize des montenegrinischen ÜNB CGES Crnogorski elektroprenosni sistem und Ex-Vorstand bei der europäischen ÜNB-Vereinigung Entsoe. De Francisci war bereits von 2019 bis 2021, also vor dem flächendeckenden Krieg, unabhängiger Ukrenergo-Aufsichtsrat und verantwortete als solcher deren Synchronisation mit dem europäischen Stromnetz und Assoziierung bei Entsoe;
  • sowie Jan Henrik Montell, ehemaliger CFO des finnischen ÜNB Fingrid.
 

Georg Eble
Redakteur
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Montag, 02.12.2024, 16:19 Uhr

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