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Enerige & Management > Windkraft Onshore - Gericht stoppt Waldwind-Baustelle
Quelle: Pixabay / andreas160578
WINDKRAFT ONSHORE:
Gericht stoppt Waldwind-Baustelle
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die immissionsrechtliche Genehmigung für einen Bürger-Windpark für rechtswidrig erklärt. Eine alte Abstandsregelung wirkt nach.
 
Die Bürgerwind Höhenkirchner Forst GmbH & Co. KG strebt ein ergänzendes immissionsrechtliches Genehmigungsverfahren im Konsens aller Beteiligten an, um in den Wirtschaftswald südöstlich von München doch noch drei Windenergieanlagen stellen zu können. Das geht aus einer Reaktion des Projektierers auf ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 4. Juli hervor, der die ursprüngliche Genehmigung für rechtswidrig erklärt hatte. Zunächst wartet die KG nach eigener Aussage die schriftliche Urteilsbegründung ab, um zu wissen, wo genau nachgebessert werden müsste.

Formal ist das Urteil in dem Eilverfahren, das die grundsätzlichen Windkraft-Gegner vom „Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität“ (VLAB) angestrengt hatten, kein Baustopp. Die Genehmigung ist formell nicht einmal aufgehoben, sondern nur der Bescheid für rechtswidrig erklärt, so Bürgerwind. Doch der VGH appellierte an die Bürgerwind, die Bauarbeiten einzustellen, weil der VLAB ohnehin damit gedroht hatte, einen Baustopp noch formell zu beantragen.

Nur vordergründig der Trinkwasserschutz

Im Vordergrund geht es bei dem Urteil um Trinkwasser. Die drei Windräder stehen in Zone IIIa eines Wasserschutzgebietes, eines davon in der Nähe zu einer strengeren Schutzzone II. Baumaßnahmen sind da generell verboten, es sei denn, die Genehmigungsbehörde erteilt eine Befreiung.

Das tat das Landratsamt München. Ein Schutzkonzept sah vor, dass getriebelose Turbinen errichtet werden, die kein Getriebeöl brauchen, das heruntertropfen könnte. Die Auflage, dass nur stationäre Maschinen an der Baustelle betankt werden dürfen und in einer Schutzwanne stehen müssen, eine ständige Brunnenmessstelle, eine zusätzliche Kiesschicht − all das reduzierte das Restrisiko, dass das Trinkwasser für München in der Schotterebene kontaminiert wird. 
Nicht genug, meinten die VGH-Richter. Es blieben immer noch mehr als 1000 Lkw-Fahrten, bei denen etwas passieren könne, so der 22. Senat. Das Wasserwirtschaftsamt München hatte sich ebenfalls „skeptisch“ geäußert, so die SZ.

Doch im großen Zusammenhang schlug noch einmal die restriktive bayerische Abstandsregelung in ihrer alten Fassung zu, die eigentlich seit November 2022 entschärft ist, wonach Windenergieanlagen den zehnfachen Abstand ihrer Höhe zu Siedlungen einhalten müssen (10H). Angesichts von 246 Metern Gesamthöhe sind das knapp 2,5 Kilometer Mindestabstand.

Dies und ein Wespenbussard-Vorkommen an einem anderen potenziellen Standort, ebenfalls im Höhenkirchner Forst, führte zu Beginn der Planungen 2018 dazu, dass die Bürgerwind − und damit auch das Landratsamt München als Genehmigungsbehörde − Standort-Alternativen erst gar nicht näher in Betracht zog. Der Genehmigungsantrag wurde von ihr aber erst im März 2023 gestellt − da galt die neue Rechtslage schon, sowohl landesrechtlich bei 10H als auch beim Bundesnaturschutzgesetz sowie beim Windenergie-an-Land-Bundesgesetz. Unterm Strich konstatierte der VGH der Behörde schwerwiegende Abwägungsfehler.

Gerichte und Stimmbürger vereiteln Aiwangers Prestigeobjekte

So wird sich ein weiteres Windkraft-Prestigeobjekt von Vizeministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) im gelindesten Fall stark verzögern und damit auch verteuern. Die Bürgerwind Höhenkirchner Forst wird getragen von den Gemeinden Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Egmating und Oberpframmern (letztere beide im Kreis Ebersberg) und ihren Bürgerschaften. Das Projekt wird aber auch von der Fast-Nachbargemeinde Ottobrunn juristisch bekämpft.

Bei Altötting hatte ein Vorzeigeprojekt Aiwangers, der seinen Ruf als Verhinderer loswerden möchte, nach einem negativen Bürgerentscheid abgespeckt werden müssen (wir berichteten). In Höhenkirchen-Siegertsbrunn war der Landes-Wirtschaftsminister im Mai zum Spatenstich gekommen.

Im gesamten Kreis zwei ernstzunehmende Windräder

In dem ohnehin relativ windkraftarmen Freistaat Bayern sind die Windräder südlich von München noch rarer gesät. Im 360.000-Einwohner-Landkreis München, der wie ein Halbmond nördlich, östlich und südlich an die Landeshauptstadt grenzt, sind die beiden Windenergieanlagen der Stadtwerke München (SWM) bei der Allianz-Arena die einzigen im MW-Bereich, die anderen fünf sind Kleinst-Windenergieanlagen, so das Marktstammdatenregister.

Geplant sind auch nur insgesamt sechs, wovon eines ein 1-kW-Forschungswindrad ist. Drei weitere sind jene im Höhenkirchner Forst und die restlichen zwei ein Vorhaben einer anderen „Bürgerwind“ im Hofoldinger Forst − übrigens genauso mit 5,56-MW-Anlagen E-160 EPS E3 von Enercon wie in Höhenkirchen. Auch jenes Vorhaben steht unter juristischem Beschuss. Der Landkreis dürfte also auf Sicht bei Windkraft bei nahe Null bleiben.
 

Georg Eble
Redakteur
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