• Frankreichs Rechte treiben deutschen Strompreis nach oben
  • Bund und Länder bürgen für Konverterbau
  • Entflechtungsdiskussion für Fernwärme bremst Wärmewende
  • Bayern will früher ans Netz
  • Werl bekommt neuen Geschäftsführer
  • Deutsche PPA-Preise bleiben im Juni konstant
  • Stadtwerke Bonn schütten trotz Konzern-Minus aus
  • Urban Keussen verlässt EWE
  • Lichtblick blickt zufrieden auf das Geschäftsjahr 2023/24
  • Österreich: GCA zuversichtlich bezüglich Pipeline-Ausbau
Enerige & Management > Recht - Gericht: Klage gegen Gas.de dürfte "Aussicht auf Erfolg" haben
Quelle: Fotolia.com, Stefan Welz
RECHT:
Gericht: Klage gegen Gas.de dürfte "Aussicht auf Erfolg" haben
Das Landgericht Düsseldorf hat durchblicken lassen, dass Vertragskündigungen des Energiediscounters Gas.de im Winter wohl unrechtmäßig waren. Für das Unternehmen könnte es teuer werden.
 
Das Landgericht Düsseldorf hat im Fall der Klage des Legal-Tech-Unternehmens Veneko gegen den Energieanbieter Gas.de den Streitparteien einen Fingerzeig gegeben. Hintergrund ist eine Terminverlegung. Die zuständige Zivilkammer hat die Verhandlung, die eigentlich im August hätte stattfinden sollen, auf Dezember verschoben. Inzwischen seien „mehrere Klagen mit ähnlichem Hintergrund anhängig“, sie sollen „nach Möglichkeit gebündelt verhandelt werden“, heißt es in einer Verfügung des Gerichts, die der Redaktion vorliegt.

Die Richter geben in dem Schreiben eine Einschätzung der Rechtslage. „Die Klage dürfte nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch in der Sache grundsätzlich Aussicht auf Erfolg haben“, stellen sie fest. Die außerordentlichen Kündigungen, die Gas.de im Winter zahlreichen Kunden schickte, haben aus ihre Sicht offenbar keine rechtliche Grundlage.

Ein fristloses Kündigungsrecht nach den Paragrafen 313 und 314 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dürfte sich insbesondere nicht aus dem „pauschalen Verweis“ des Energieunternehmens auf die veränderte politische Lage und die Gaspreisentwicklung ergeben, schreiben die Richter. Weiter heißt es: Die Entwicklung des Gaspreises dürfte „grundsätzlich zum originären und alleinigen Risikobereich der Beklagten zählen“.

Kundentarif an Preisentwicklung „wirksam angepasst“

Zudem verweist die Zivilkammer darauf, dass Gas.de Kundentarife wegen gestiegenen Beschaffungspreise an den Rohstoffmärkten nach eigener Einschätzung „wirksam angepasst“ habe. Auch das Argument einer existenziellen Gefährdung des Unternehmens fällt augenscheinlich nicht ins Gewicht. Der Verweis der Beklagten, gekündigt zu haben, um ihre Existenz zu sichern und somit die Interessen von Kunden zu wahren, dürfte „bereits im Grundsatz fehlgehen“, so das Landgericht.

Veneko klagt auf Schadensersatz. Im konkreten Fall (Az.: 4d O 6/22) geht es nach Angaben der Legal-Tech-Firma um rund 7.000 Euro. Es handle sich um die Mehrkosten eines ehemaligen Gas.de-Kunden für die Ersatz- und Anschlussversorgung, erklärt der Chef des Start-ups, Tobias Hirt. Der Energiediscounter hatte dem Kunden in einem Schreiben vom 2. Dezember vergangenen Jahres fristlos gekündigt. Das Gericht dagegen meint, dass der Gasliefervertrag „nur ordentlich zum 12.10.2022“ zu beenden gewesen wäre.

Hirt beziffert die Zahl der Verbraucher, deren Schadensersatzansprüche sein Unternehmen geprüft habe, auf rund 3.000. Die Zahl aller Ex-Kunden von Gas.de mit möglichen Ansprüchen vermutet er im sechsstelligen Bereich. Die Schadensersatzkosten, die insgesamt auf den Energiediscounter, zukommen könnten, schätzt Hirt gegenüber der Welt am Sonntag auf bis zu einer halben Mrd. Euro.

Vergleich zwischen den Streitparteien?

Ihren Fingerzeig verbinden die Richter mit der Aussicht auf eine Lösung, mit der beide Seite leben könnten: Sie beabsichtigten, „den Parteien zur gütlichen und zügigen Beilegung des Rechtsstreits“ einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten. Gas.de und Veneko sollen signalisieren, ob „für sie eine vergleichsweise Einigung grundsätzlich in Betracht kommt“.

Gas.de gehört zur selben Unternehmensgruppe wie der Energiediscounter Stromio, gegen den ebenfalls Klagen laufen. Dass Ex-Kunden, den Klageweg einschlagen, hält man bei Stromio für unnötig: „Vielmehr empfiehlt unsere Mandantin Kunden, die berechtigte Forderungen aufgrund der gekündigten Stromlieferverträge geltend machen möchten, sich an das Unternehmen direkt zu wenden“, zitiert Welt am Sonntag einen Anwalt des Unternehmens. Wenn es durch Vertragskündigung zu Mehrkosten für sie gekommen sein sollte, „regelt unsere Mandantin dies mindestens im Kulanzwege mit Kunden“.
 

Manfred Fischer
© 2024 Energie & Management GmbH
Montag, 15.08.2022, 15:46 Uhr

Mehr zum Thema