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Quelle: E&M
GEOTHERMIE:
Geothermie-Verband will Turbo statt Beschleunigung
Die Geothermie-Branche sieht sich durch angekündigte Gesetzesänderungen im Aufwind. Um Großprojekte binnen drei Jahren zu verwirklichen, fordert der Bundesverband indes Nachbesserungen.
 
Geothermie-Vorhaben bekommen durch eine in Arbeit befindliche Gesetzesnovelle einen Schub. Davon ist der Bundesverband Geothermie (BVG) angesichts des am 27. Juni vorgelegten Referentenentwurfs zu einem „Gesetz zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern (GeoWG) sowie weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen“ überzeugt.

Tiefenbohrungen berührten bislang viele verschiedene rechtliche Sphären (zum Beispiel Bergrecht) und Zuständigkeitsbereiche unterschiedlicher Behörden. Nun schafft die Bundesregierung ein „Stammgesetz Geothermie“ und erhält Lob vom BVG, weil darin auch die Wärme aus der Erde den Status erlangt, von überragendem öffentlichen Interesse zu sein. Allein dies empfindet Verbands-Geschäftsführer Gregor Dilger als „großen Meilenstein“. Bei Wind- und Sonnenenergie etwa hat diese Aufwertung für vereinfachte Genehmigungsverfahren und mehr Ausbautempo gesorgt.

Vor einer Medienrunde betonte Dilger, dass die Gesetzesänderung als Beschleuniger für die mit Geothermie befassten Stadtwerke, privaten Energieversorger und Industrieunternehmen wirke. „Mit unseren Ergänzungen wäre es möglich, sogar einen Turbo für die Geothermie zu zünden“, so der BVG-Geschäftsführer.

Im Außenbereich privilegieren

Eine Zusatzforderung an die Bundesregierung besteht darin, Geothermie-Projekte über das Baugesetzbuch (§ 35) eine Privilegierung im Außenbereich einzuräumen. Verbandspräsidentin Karin Thelen ist überzeugt, dass von diesem Passus gerade die aufwändigere Tiefen-Geothermie (ab 400 Metern Tiefe) profitieren könne. Diese Vorhaben müssten heute teilweise bis zu zehn Jahre bis zur Fertigstellung warten. „Wofür heute die Planung beginnt, ist vielleicht erst 2034 fertig. Das ist für uns viel zu lange“, sagte sie aus Sicht der Stadtwerke München, für die sie als Geschäftsführerin Regionale Energiewende auch die Erdwärme vorantreibt.

Im Idealfall ließen sich Geothermie-Projekte wie Fernwärmeanlagen und Kraftwerke binnen zwei bis drei Jahren realisieren, so Karin Thelen. Denn die Privilegierung erleichtere es Unternehmen, auch bei engen Räumen in Ballungsgebieten die seismischen Untersuchungen und Bohrungen vornehmen sowie Geothermieanlagen errichten zu können. Überhaupt müsste es einfacher werden, auf öffentlichen Grundstücken seismische Messungen durchzuführen. Für das Verlegen von Fernwärmeleitungen solle es ein Duldungsrecht geben, um den Ausbau und die Nutzung Tiefer Geothermie im Fernwärmesystem zu fördern.

Dass es funktioniert, zeige ein Beispiel der Stadtwerke München im Michaelibad. Dort ist der Versorger während des Badebetriebs tätig, unternimmt acht Bohrungen im Abstand von 100 Metern zur Wohnbebauung. Und den erforderlichen Bohrkeller, der am Bohransatzpunkt für Spülungen, Zementsuspensionen und Sicherheitseinrichtungen anzulegen ist, versenken die Stadtwerke drei Meter unter die Oberfläche. „Dort arbeiten wir flächenschonend, weil wir die Liegewiese über dem Bohrkeller wieder herrichten und sie für das Bad weiter nutzbar bleibt“, so Thelen.

Im Einklang mit kommunaler Wärmeplanung noch schneller

Mit dem GeoWG erhalten Genehmigungsverfahren wichtige Eckpfeiler, etwa einzuhaltende Fristen für Behörden, die Digitalisierung von Genehmigungsanträgen und die Möglichkeit, Vorhaben vorzeitig beginnen zu können. Weitere Änderungen an Berg-, Wasser- und Naturschutzrecht erhalten ebenfalls Beifall vom Verband.

Der BVG gibt allerdings weitere Änderungsvorschläge in den parlamentarischen Beratungsprozess. So regt er für das GeoWG an, gemäß der RED-III-Erneuerbaren-Richtlinie auch für Tiefe Geothermie Beschleunigungsgebiete auszuweisen. Damit würden eine Umweltverträglichkeits(vor)prüfung und eine Artenschutzprüfung obsolet, sofern in dem Gebiet ohnehin erneuerbare Wärmeanlagen oder -netze planerisch vorgesehen sind. Gregor Dilger setzt dabei Hoffnungen auf die kommunalen Wärmeplanungen, die bis 2028 abzuschließen sind, und deren Vorgaben.

Für die oberflächennahe Erdwärme wünscht der Verband sich weitere Erleichterungen. Es sei nicht zu verstehen, dass das Atomgesetz noch Berücksichtigung finde und zu Verzögerungen führe, so Dilger. Aktuell sei bei jeder Bohrung im Bereich ab 100 Metern gleichzeitig zu prüfen, ob das Gebiet sich für ein Endlager für atomare Abfälle eignet. Für Ballungs- oder Wohngebiete ergebe diese Pflicht überhaupt keinen Sinn. Auch arbeite der BVG auf einen Zusatz im GeoWG hin, der die bislang vorgeschriebenen bergrechtlichen Genehmigungen für Anlagen bis 400 Meter tilgt. „Das würde Behörden entlasten und Verfahren verschlanken“, so der Geschäftsführer.

Ohnehin seien Genehmigungsverfahren künftig besser bei einer einzigen Behörde anzusiedeln, statt separat Berg-, Wasser-, Bau- und Immissionsschutzbehörden damit zu betrauen. Weitere Vereinfachungen seien möglich, wenn das Gesetz auch das Kühlen mit Grundwasser oder Erdwärme einbeziehe. Schließlich werde die Kältenutzung des Grundwassers zunehmend wichtig.
 
Lob und Verbesserungsvorschläge: Karin Thelen, Christoph Knepel und Gregor Dilger (r.) vom Bundesverband Geothermie.
Quelle: Volker Stephan
 

Volker Stephan
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Montag, 15.07.2024, 16:58 Uhr

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