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Quelle: E&M / Katia Meyer-Tien
GAS:
Gazprom beendet Ukraine-Transit
Mit Auslaufen des Abkommens mit der Ukraine stellte der russische Konzern seine Exporte in die EU ein. Österreich sieht sich auch ohne diese Importmöglichkeit gut versorgt.
Mit 1. Januar, 8 Uhr Moskauer Zeit (6 Uhr Mitteleuropäischer Zeit, MEZ), beendete die russische Gasprom ihre Exporte durch
die Ukraine in die Europäische Union. „Da die Ukraine die Verlängerung des Abkommens mit unserem Unternehmen wiederholt und
klar verweigerte, wurde uns die technische und rechtliche Möglichkeit für den Gastransit genommen“, hieß es in einer Aussendung,
die auch von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass verbreitet wurde.
Laut Angaben der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) brachen die Einfuhren aus Russland am Gasknoten Baumgarten rund 40 Kilometer nordöstlich von Wien am 1. Januar um 6 Uhr MEZ von zuvor 5,56 Millionen kWh/Stunde auf gerade noch 280.000 kWh ein. Gleichzeitig schnellten die Importe am Übergabepunkt Oberkappel an der bayerisch-österreichischen Grenze von knapp 282.000 kWh auf 4,93 Millionen kWh/Stunde empor. Jene am Knoten Arnoldstein an der Grenze zwischen Italien und Österreich erhöhten sich von 158.000 auf 1,51 Millionen kWh/Stunde. Weil zur gleichen Zeit etwa 951.000 kWh in die Balkanregion reexportiert wurden, ergaben sich Nettoeinfuhren von 5,74 Millionen kWh/Stunde.
Hochgerechnet auf das Gesamtjahr entspräche dies Importen von rund 50 Milliarden kWh. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 lag Österreichs Jahresbedarf bei 75,6 Milliarden kWh. Ohne den massiven Einsatz der laut der AGGM am 1. Januar zu 78,5 Prozent befüllten Gasspeicher ist die Versorgung des Landes unter den derzeitigen Umständen somit nicht zu bewerkstelligen.
Ministerin optimistisch
Die scheidende Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab sich in einer Aussendung dennoch optimistisch: „Wir waren auf dieses Szenario gut vorbereitet. Österreich ist nicht mehr auf Gas aus Russland angewiesen − und das ist gut so.“
Im Gespräch mit der Redaktion konstatierte der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Alfons Haber, diese rechne mit einer Erhöhung der Einfuhren via Oberkappel und Arnoldstein. Bezüglich Oberkappel wirke sich der am 20. Dezember 2024 beschlossene Entfall der deutschen Gasspeicherumlage auf Durchleitungen und Exporte günstig aus. Grundsätzlich sei der europäische Markt liquide. Zwar ließen sich kurzfristige Preisspitzen nicht ausschließen. Auf die Endkunden werde dies jedoch ohne Belang bleiben. „Die Lage wird sich normalisieren“, stellte Haber fest. Kein Problem sollte ihm zufolge auch sein, die Gasspeicher bis 1. November 2025 wieder auf den von der EU verlangten Füllstand von 90 Prozent zu bringen.
Keine technischen Herausforderungen
Eventuelle Engpässe bei der Ausspeicherung von Gas im Zuge von Kälteperioden sieht Haber ebenso wenig wie technische Herausforderungen bei dauerhaften Transiten auf den Pipelines in West-Ost-Richtung. Aus dem Speicher Haidach in Oberösterreich etwa könne Gas auch ohne den Einsatz von Kompressoren entnommen werden. Und die Pipelinesysteme seien sehr wohl für West-Ost-Transite geeignet: „Probleme sind diesbezüglich nicht zu erwarten.“
Wie mehrfach berichtet, plant der Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) ferner, bis Mitte 2027 die Kapazität der West-Austria-Gasleitung (WAG) mit dem Projekt „WAG Loop 1“ um etwa 27 Milliarden kWh pro Jahr oder 30 Prozent zu steigern. Dies würde Importe am Knoten Oberkappel erheblich erleichtern.
Nur mehr Turk Stream
Kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatte die EU angekündigt, ab Ende 2027 kein Gas mehr aus Russland beziehen zu wollen. In Österreich verfügte der Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV über einen bis 2040 laufenden Take-or-Pay-Vertrag, den er, wie berichtet, am 11. Dezember wegen rechtlicher Streitigkeiten mit Gazprom kündigte. Zuvor hatte die OMV mehrfach versichert, ihre Kunden auch ohne Gas aus Russland versorgen zu können. Dies betonten auch andere Gasversorger, etwa die Wien Energie, die niederösterreichische EVN und die Kärntner Kelag.
Tass zufolge ermöglichte der russisch-ukrainische Transitvertrag den Import von rund 440 Milliarden kWh Gas pro Jahr. Zuletzt lag die eingeführte Menge bei 165 Milliarden kWh. Gazprom verliert durch das Transport-Ende dem Vernehmen nach Einnahmen von rund 5 Milliarden Euro pro Jahr. Der Ukraine entgehen jährliche Transportgebühren von etwa 500 Millionen Euro, die ihr indessen, wie es heißt, von der EU ohne Gegenleistung ersetzt werden.
Per Pipeline können EU-Staaten Gas aus Russland derzeit nur über die 930 Kilometer lange Turk Stream beziehen, die von der Küstenstadt Anapa etwa 120 Kilometer westlich von Krasnodar durch das Schwarze Meer zum türkischen Dorf Kiyiköy 100 Kilometer nordwestlich von Istanbul führt. Bulgarien erhält seit Anfang 2020 Gas über diese Leitung. Nachgelagerte Pipelines erlauben Transporte nach Ungarn und in die Slowakei. Die Kapazität der Turk Stream liegt bei 346 Millarden kWh/Jahr. Etwa die Hälfte davon ist für die Türkei reserviert.
Laut Angaben der für die übergeordnete Steuerung der österreichischen Gasnetze zuständigen Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) brachen die Einfuhren aus Russland am Gasknoten Baumgarten rund 40 Kilometer nordöstlich von Wien am 1. Januar um 6 Uhr MEZ von zuvor 5,56 Millionen kWh/Stunde auf gerade noch 280.000 kWh ein. Gleichzeitig schnellten die Importe am Übergabepunkt Oberkappel an der bayerisch-österreichischen Grenze von knapp 282.000 kWh auf 4,93 Millionen kWh/Stunde empor. Jene am Knoten Arnoldstein an der Grenze zwischen Italien und Österreich erhöhten sich von 158.000 auf 1,51 Millionen kWh/Stunde. Weil zur gleichen Zeit etwa 951.000 kWh in die Balkanregion reexportiert wurden, ergaben sich Nettoeinfuhren von 5,74 Millionen kWh/Stunde.
Hochgerechnet auf das Gesamtjahr entspräche dies Importen von rund 50 Milliarden kWh. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 lag Österreichs Jahresbedarf bei 75,6 Milliarden kWh. Ohne den massiven Einsatz der laut der AGGM am 1. Januar zu 78,5 Prozent befüllten Gasspeicher ist die Versorgung des Landes unter den derzeitigen Umständen somit nicht zu bewerkstelligen.
Ministerin optimistisch
Die scheidende Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) gab sich in einer Aussendung dennoch optimistisch: „Wir waren auf dieses Szenario gut vorbereitet. Österreich ist nicht mehr auf Gas aus Russland angewiesen − und das ist gut so.“
Im Gespräch mit der Redaktion konstatierte der Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, Alfons Haber, diese rechne mit einer Erhöhung der Einfuhren via Oberkappel und Arnoldstein. Bezüglich Oberkappel wirke sich der am 20. Dezember 2024 beschlossene Entfall der deutschen Gasspeicherumlage auf Durchleitungen und Exporte günstig aus. Grundsätzlich sei der europäische Markt liquide. Zwar ließen sich kurzfristige Preisspitzen nicht ausschließen. Auf die Endkunden werde dies jedoch ohne Belang bleiben. „Die Lage wird sich normalisieren“, stellte Haber fest. Kein Problem sollte ihm zufolge auch sein, die Gasspeicher bis 1. November 2025 wieder auf den von der EU verlangten Füllstand von 90 Prozent zu bringen.
Keine technischen Herausforderungen
Eventuelle Engpässe bei der Ausspeicherung von Gas im Zuge von Kälteperioden sieht Haber ebenso wenig wie technische Herausforderungen bei dauerhaften Transiten auf den Pipelines in West-Ost-Richtung. Aus dem Speicher Haidach in Oberösterreich etwa könne Gas auch ohne den Einsatz von Kompressoren entnommen werden. Und die Pipelinesysteme seien sehr wohl für West-Ost-Transite geeignet: „Probleme sind diesbezüglich nicht zu erwarten.“
Wie mehrfach berichtet, plant der Fernleitungsbetreiber Gas Connect Austria (GCA) ferner, bis Mitte 2027 die Kapazität der West-Austria-Gasleitung (WAG) mit dem Projekt „WAG Loop 1“ um etwa 27 Milliarden kWh pro Jahr oder 30 Prozent zu steigern. Dies würde Importe am Knoten Oberkappel erheblich erleichtern.
Nur mehr Turk Stream
Kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hatte die EU angekündigt, ab Ende 2027 kein Gas mehr aus Russland beziehen zu wollen. In Österreich verfügte der Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV über einen bis 2040 laufenden Take-or-Pay-Vertrag, den er, wie berichtet, am 11. Dezember wegen rechtlicher Streitigkeiten mit Gazprom kündigte. Zuvor hatte die OMV mehrfach versichert, ihre Kunden auch ohne Gas aus Russland versorgen zu können. Dies betonten auch andere Gasversorger, etwa die Wien Energie, die niederösterreichische EVN und die Kärntner Kelag.
Tass zufolge ermöglichte der russisch-ukrainische Transitvertrag den Import von rund 440 Milliarden kWh Gas pro Jahr. Zuletzt lag die eingeführte Menge bei 165 Milliarden kWh. Gazprom verliert durch das Transport-Ende dem Vernehmen nach Einnahmen von rund 5 Milliarden Euro pro Jahr. Der Ukraine entgehen jährliche Transportgebühren von etwa 500 Millionen Euro, die ihr indessen, wie es heißt, von der EU ohne Gegenleistung ersetzt werden.
Per Pipeline können EU-Staaten Gas aus Russland derzeit nur über die 930 Kilometer lange Turk Stream beziehen, die von der Küstenstadt Anapa etwa 120 Kilometer westlich von Krasnodar durch das Schwarze Meer zum türkischen Dorf Kiyiköy 100 Kilometer nordwestlich von Istanbul führt. Bulgarien erhält seit Anfang 2020 Gas über diese Leitung. Nachgelagerte Pipelines erlauben Transporte nach Ungarn und in die Slowakei. Die Kapazität der Turk Stream liegt bei 346 Millarden kWh/Jahr. Etwa die Hälfte davon ist für die Türkei reserviert.
Klaus Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 02.01.2025, 10:08 Uhr
Donnerstag, 02.01.2025, 10:08 Uhr
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