
Im Gefolge der Netzstörung vom 8. Januar erarbeitete der Elektrizitätswirtschaftsverband Oesterreichs Energie ein Fünf-Punkte-Programm,
um die Versorgungssicherheit auch unter den Bedingungen der Energiewende zu gewährleisten. Vorgestellt wurde dieses vom Präsidenten
des Verbandes, Verbund-Generaldirektor Michael Strugl, und dem technischen Vorstand des Übertragungsnetzbetreibers Austrian
Power Grid (APG), Gerhard Christiner, am 26. Januar in Wien. Strugl räumte ein, dass manche der Forderungen bereits seit längerer
Zeit bekannt sind: „Aber die Netzstörung hat die Aufmerksamkeit dafür wieder erhöht.“
Unter dem Titel „Bewusstsein schärfen“ fordert die E-Wirtschaft einen „regelmäßigen Dialog zur Versorgungssicherheit“, an
dem neben ihren eigenen Repräsentanten Vertreter aus Politik, Verwaltung und Wissenschaft teilnehmen sollen. Ferner umfasst
dieser Punkt den Wunsch nach Abschätzung der Konsequenzen für die Versorgungssicherheit bei der Begutachtung aller energiewirtschaftlichen
Gesetze.
Der zweite Punkt betrifft den Infrastrukturausbau. Einmal mehr plädiert Oesterreichs Energie diesbezüglich für die Beschleunigung
der Verfahren. Dazu müssten etwa die zuständigen Behörden personell besser ausgestattet werden, erläuterte Strugl. Ferner
wünscht die E-Wirtschaft einen „integrierten Planungsansatz“ für den Netzausbau. Dem trägt die Bundesregierung indessen ohnehin
Rechnung: Der Entwurf des Pakets um das Erneuerbare-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) sieht die Erarbeitung und regelmäßige Aktualisierung
eines „Integrierten Netzinfrastrukturplans“ (NIP) vor.
Neubau von Gaskraftwerken gefordert
Weiter fordert die Branche wirtschaftliche Absicherungen für den Neubau von Gaskraftwerken. Manche der bestehenden Anlagen
erreichen laut Strugl „bald“ das Ende ihrer technischen Lebensdauer. Ohne Gaskraftwerke sei jedoch die sichere Stromversorgung
Österreichs nicht zu gewährleisten, bekräftigte Christiner auf Anfrage von E&M.
Drittens spricht sich die E-Wirtschaft für die Nutzung „grüner“ Gase zur Stromerzeugung aus, etwa von synthetischem Wasserstoff
und Biomethan. Laut Strugl können einige der bestehenden Gaskraftwerke „mit überschaubarem Aufwand“ auf den Einsatz solcher
Gase umgerüstet werden.
Der vierte Punkt befasst sich mit verstärkter Forschung und Innovation im Energiebereich. Oesterreichs Energie verlangt die
Berücksichtigung diesbezüglicher Aufwendungen in den Netztarifen. Überdies sollten „Regulatory Sandboxes“ mit Ausnahmen von
regulatorischen Vorgaben zur leichteren Durchführung von Pilotprojekten eingeführt werden. Solche „Sandboxes“ sind im EAG-Paket
ebenfalls vorgesehen.
Schließlich wünscht die E-Wirtschaft verstärkte Anstrengungen im Bereich Cybersicherheit. Wie sie betont, erarbeitete sie
bereits vor mehreren Jahren eine einschlägige Risikoanalyse und baute auch das Austrian Energy-CERT (Computer Emergency Response
Team) zur Bewältigung von Krisenfällen auf.
„Nicht zum Nulltarif“
Strugl betonte, Versorgungssicherheit gebe es „nicht zum Nulltarif“. Doch ein großflächiger Stromausfall würde in Österreich
mit rund 1 Mrd. Euro pro Tag zu Buche schlagen: „Ich kann daher nur appellieren, sich das gut zu überlegen.“ Notwendig sei
auch, die Bevölkerung für das Thema Versorgungssicherheit und den dafür notwendigen Infrastrukturausbau zu gewinnen. Bei einschlägigen
Vorhaben leisteten oft nicht nur Betroffene Widerstand, sondern auch „Aktionisten, die man immer wieder trifft. Das ist nicht
unproblematisch“. Ziel
Zur Herausforderung für die Versorgungssicherheit in ganz Europa könnte laut Strugl der deutsche Ausstieg aus der Kernkraft
und aus der Kohleverstromung werden. „Es geht immer mehr gesicherte Leistung aus dem System, immer mehr volatile Leistung
kommt hinzu. Das erhöht die Anforderungen an das Netzmanagement“, warnte Strugl. Auf längere Sicht werde sich dies „auch auf
die Strompreise auswirken“.
Dienstag, 26.01.2021, 14:49 Uhr