Angesichts hoher Kosten für die fossile Stromerzeugung will Frankreich den Elektrizitätsmarkt so reformieren, dass der Strompreis nicht mehr so stark vom Gaspreis bestimmt wird.
In Paris erwartet man, dass die Preise für Gas und für Emissionszertifikate auf absehbare Zeit hoch bleiben. Das geht aus
einem Papier hervor, das die französische Ratspräsidentschaft im Januar auf einem Treffen der Energieminister in Amiens vorgelegt
hat und das E&M vorliegt.
Trotz der Anstrengungen, die Stromerzeugung zu Dekarbonisieren, werde der Strompreis weiter vom Gaspreis bestimmt, weil Gaskraftwerke
für den Lastenausgleich unverzichtbar seien, obwohl die tatsächlichen Durchschnittskosten der Stromerzeugung zunehmend durch
den wachsenden Anteil der erneuerbaren Energien bestimmt würden, heißt es in dem Text.
Hohe und volatile Strompreise, die durch das aktuelle Strommarktdesign entstünden, seien geeignet, die aus Gründen des Klimaschutzes
gewünschte Elektrifizierung des Energieverbrauchs zu gefährden und stellten ein Risiko für eine nachhaltige Senkung der Treibhausgase
dar. Wenn die Strompreise die sinkenden Durchschnittskosten der Stromerzeugung nicht wiedergäben, sei das ein falsches Signal
an die Investoren. Behindert würden vor allem Investitionen in die Elektro-Mobilität sowie in den Einsatz von Strom in der
Industrie und im Wärmemarkt. Das aktuelle Design des Strommarktes behindere die Energiewende, indem es den Einsatz emissionsarmer
Technik teurer mache.
In Paris sieht man vor allem die Gefahr, dass die Betreiber von Windrädern und PV-Anlagen hohe Gewinne zulasten von Verbrauchern
einfahren, die ihren Stromverbrauch nicht reduzieren könnten, und zulasten der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Ein erschwinglicher
Zugang zu Energie für alle Haushalte sei inzwischen nicht mehr gegeben. Das stelle die politische und soziale Akzeptanz der
Energiewende in Frage.
Hohe und volatile Strompreise gefährden Elektrifizierungsziele
Auf dem Gasmarkt hätten nicht mehr alle Großhändler einen ausreichenden Zugang zu Erdgas-Lieferungen, so dass die Speicher
trotz einer europäischen Regulierung nicht ausreichend hätten gefüllt werden können. Strom- und Gasverbraucher seien entweder
mit steigenden Preisen konfrontiert oder dem Risiko ausgesetzt, dass ihr Lieferant seine Verpflichtungen nicht mehr erfüllen
könne. Den Bürgern, die von den erneuerbaren Energien sinkende Kosten erwarteten, sei das immer weniger zu vermitteln.
Tatsächlich würden die Durchschnittskosten durch die wachsende Rolle der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren weiter
sinken. Den Preis für Strom würden aber weiter die voraussichtlich steigenden und schwankenden Gas- und CO2-Preise bestimmen.
Eine gewisse Volatilität sei zwar erwünscht, um flexible Technologien zu finanzieren. Das reiche aber nicht, um die „substanziellen
Einnahmen“ der emissionsarmen Anlagen an die Verbraucher weiterzureichen. „Fortschritte bei der Elektrifizierung des Verbrauchs
sind nur zu erwarten, wenn die Strompreise auf einem niedrigeren Niveau gehalten werden können als die Preise fossiler Brennstoffe.
Einen Investitionsanreiz stellt dies dann dar, wenn es über einen gewissen Zeitraum absehbar ist.“
Die bestehende Regulierung setze darauf, Angebot und Nachfrage auf der Grundlage kurzfristiger Preise auszugleichen, heißt
es in dem Papier der französischen Regierung weiter. Das begünstige Anlagen mit geringen Kapital- und hohen variablen Kosten.
Für Anlagen mit hohen Kapitalkosten bedeute dies höhere Risiken und Finanzierungskosten.
Trotzdem wollen die Franzosen die Preisbildung anhand der Grenzkosten nicht vollständig über Bord werfen. Schließlich unterstützen
sie die Flexibilität und die Effizienz des Systems. Gleichzeitig sollten „langfristige Preissignale“ die „Fundamentaldaten
der Energiewirtschaft“ an die Verbraucher weitergeben. In Paris stellt man sich das etwa so vor: Verbraucher könnten in die
Lage versetzt werden, ihren voraussichtlichen Strombedarf zu einem festen Preis im Voraus zu decken. Weicht der tatsächliche
Verbrauch davon ab, müsste der Kunde die Differenz über den Spotmarkt decken (oder abgeben). Dadurch wären die Verbraucher
einem geringeren Risiko ausgesetzt aber trotzdem gezwungen, sich flexibel zu verhalten.
Montag, 07.02.2022, 17:09 Uhr