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Enerige & Management > Gastbeitrag - Flexibilität ins Zentrum rücken
Quelle: E&M
GASTBEITRAG:
Flexibilität ins Zentrum rücken
Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel, will im E&M-Gastbeitrag Impulse für eine kommunale Energiewende-Agenda setzen.
 
Mit dem Energiewende-Monitoring und dem dazugehörigen 10-Punkte-Plan hat die Bundesregierung jetzt zentrale energiepolitische Themen aufgegriffen. Das Monitoring geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück. Für die Erstellung des Berichts wurden mit BET und EWI zwei ausgewiesene Fachinstitutionen beauftragt, eine Bestandsaufnahme der Energiewende vorzulegen.

Der Bericht ist eine fundierte Grundlage für die weitere Arbeit der Bundesregierung. Er bestätigt, was in der Branche längst Konsens ist: Der Ausbau der Erneuerbaren muss enger mit den Netzen und dem Aufbau von Flexibilität verzahnt werden.

Dabei fällt ein Punkt besonders auf: In der politischen Debatte wurde Flexibilität bisher eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist sie der Schlüssel zum Gelingen der Energiewende, denn nur über die Synchronisation von Erzeugung und Verbrauch können die Erneuerbaren erfolgreich in den Markt integriert werden. Umso erfreulicher ist, dass Frau Ministerin Reiche in ihren „10 Schlüsselmaßnahmen zum Monitoringbericht“ den Begriff „Flexibilität“ elf Mal erwähnt. 

Jetzt gilt es, ins Handeln zu kommen. Flexibilität darf nicht zum Schlagwort verkommen, sondern muss mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden und gehört als zentrales Handlungsfeld der Energiewende ganz oben auf die energiepolitische Agenda.

Eine Flex-Agenda muss folgende Punkte umfassen:

Systemdienlichkeit von Flexibilität als Leitprinzip

In der Diskussion über die Marktintegration von Flexibilitätsoptionen – etwa von Batteriespeichern – wird regelmäßig Netzdienlichkeit gefordert. Das greift aber zu kurz! Entscheidend muss ihre Wirkung auf das Gesamtsystem sein. Batteriespeicher leisten nicht nur einen Beitrag zur Netzstabilität. Sie wirken preisdämpfend, erleichtern die Einspeisung erneuerbarer Energien und unterstützen aktiv die Transformation hin zur Klimaneutralität. Systemdienlichkeit schließt Netzdienlichkeit mit ein, geht aber deutlich darüber hinaus.

Speicher, steuerbare Verbraucher und Erneuerbare-Anlagen müssen dort geplant und gefördert werden, wo ihr Nutzen für das Gesamtsystem am größten ist. Das erfordert ein Umdenken: Systemdienlichkeit muss zum Leitkriterium für Anschluss, Förderung und regulatorische Rahmenbedingungen werden.

Eine Kraftwerksstrategie, die schnell und unbürokratisch umsetzbar ist

Gesicherte Leistung ist unverzichtbar, soweit herrscht Konsens. Nicht nur die Ampel-Regierung, auch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD haben die Dringlichkeit betont. Was ist bisher passiert? Wenig. Das angekündigte „Schnellboot“ mit kurzfristigen Ausschreibungen für 5-10 GW Kraftwerksleistung ist maximal ein Tretboot. 

Was wir dringend brauchen, ist ein verbindlicher Investitionsrahmen, der
  • einfach, schnell und pragmatisch ist
  • wettbewerbliche Ausschreibungen ermöglicht
  • und die Wasserstofffähigkeit der Gaskraftwerke nicht in Frage stellt.

Ein Kapazitätsmarkt, der gesicherte Leistung honoriert

Zusätzlich zur Kraftwerksstrategie braucht es einen verlässlichen, marktbasierten Rahmen für die mittelfristige Absicherung: einen Kapazitätsmarkt, der sämtliche Flexibilitäten integriert und technologieoffen ausgestaltet ist.

Versorgungssicherheit ist ein hohes Gut, das den Wirtschaftsstandort Deutschland absichert. Sie muss zentral durch den Staat gewährleistet werden und darf nicht allein auf die Marktakteure abgewälzt werden. Seit 2013 sprechen wir uns für einen Kapazitätsmarkt aus, der Planungssicherheit bei der Investition in dringend benötigte gesicherte Leistung schafft. Der belgische Kapazitätsmarkt kann hier als Vorbild dienen – und hilft, Diskussionen um EU-Beihilferegeln zu vermeiden.

Wichtig ist mir dabei zu betonen: Zentralität schließt Dezentralität nicht aus. Wenn das Strommarktdesign so ausgestaltet ist, dass alle Technologien teilnehmen können, dann haben dezentrale Technologien genauso eine Chance wie große Kraftwerksparks – und kommunale Akteure können mit ihren KWK- und Biogasanlagen ebenfalls teilnehmen. Dieser Aspekt ist deswegen so wichtig, da in der Branche ein Klassenkampf (Groß vs. Klein) ausgerufen wurde, der hier nichts zu suchen hat. 

Wenn wir die Energiewende erfolgreich gestalten wollen, müssen wir Flexibilität endlich als das anerkennen, was sie ist: das verbindende Element zwischen Erzeugung, Verbrauch und Versorgungssicherheit. Jetzt ist der Moment, die Weichen zu stellen: systemdienlich, marktorientiert und mit kommunaler Stärke.
 
Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung, Trianel GmbH, Aachen
Quelle: Trianel
 

Redaktion
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Donnerstag, 16.10.2025, 12:43 Uhr

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