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Enerige & Management > Wirtschaft - Finanzierungsdefizit gefährdet Ausbauziele der Energiewende
Quelle: Shutterstock / DC Studio
WIRTSCHAFT:
Finanzierungsdefizit gefährdet Ausbauziele der Energiewende
Eine Kearney-Analyse zeigt: Für die Energiewende fehlen hierzulande bis 2030 rund 185 Milliarden Euro. Besonders Stadtwerke stoßen zunehmend an ihre finanziellen Grenzen.
 
Die Energiewende droht am nötigen Geld zu scheitern. Das legt zumindest eine Studie der Unternehmensberatung Kearney nahe, die am 24. Juni veröffentlicht wurde. Demnach fehlen bis zum Jahr 2030 rund 185 Milliarden Euro, um die notwendigen Maßnahmen zum Ausbau der Energieinfrastruktur umzusetzen. Die Analyse geht von einem Gesamtbedarf in Höhe von 675 Milliarden Euro aus. Bereits gesichert sind lediglich 615 Milliarden Euro über Eigenmittel, Bankkredite und Förderprogramme.

Insbesondere gestiegene Zinsen, regulatorische Unsicherheiten und politische Rahmenbedingungen erschweren deutschlandweit Investitionen. Betroffen sind unter anderem Projekte zur kommunalen Wärmewende, der Ausbau der Stromnetze, die Transformation des Verkehrssektors und der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft. Das hätte nicht nur unmittelbare Folgen für die Versorgungssicherheit, sondern auch für das Erreichen der Klimaziele. „Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, werden zentrale Infrastrukturprojekte ins Stocken geraten“, warnt Hanjo Arms, Partner bei Kearney. Besonders kritisch sei, dass sich Finanzierungslücken durch die lange Amortisationsdauer vieler Projekte weiter verschärfen. 

Versorger unter Finanzierungsdruck

Ein zentrales Problem liegt laut den Autoren von Kearney bei den Stadtwerken. Deren Verschuldungsgrad hat sich laut Kearney seit dem Jahr 2018 von 2,4 auf 4-fach erhöht. Gleichzeitig ist die durchschnittliche Marge im selben Zeitraum von 13,5 auf 8,4 Prozent gefallen. Die wirtschaftliche Belastbarkeit vieler kleiner und mittlerer Versorger erreicht damit die Grenzen dessen, was Banken noch finanzieren. 

Bei Investitionen in Netze, Wärme und Dekarbonisierung sehen sich kleinere Versorger häufig mit restriktiven Kreditvergabekriterien konfrontiert. Besonders problematisch: Ein großer Teil der Investitionen ist gesetzlich vorgeschrieben, eine Priorisierung durch Wirtschaftlichkeit ist kaum möglich. Damit geraten insbesondere kommunale Anbieter mit sozialen und ökologischen Versorgungsaufträgen in Schieflage. Für viele Versorger bedeutet das: Ohne Reformen bei Finanzierung und Regulierung ist eine Fortsetzung der Ausbaupläne nicht umsetzbar.

Potenziale privater und institutioneller Kapitalquellen

Grüne Anleihen oder öffentlich-private Partnerschaften könnten Investitionen in langfristige Infrastrukturprojekte wie Strom- und Wärmenetze oder Windparks ermöglichen. Auch neue Finanzierungsformen wie Mezzanine-Kapital gewinnen an Bedeutung. Gleichzeitig verändert sich laut Kearney die Finanzierungskultur im Versorgungssektor.

Stadtwerke entwickeln neue Steuerungsinstrumente: „Viele Stadtwerke arbeiten aktiv an der Verbesserung ihrer kaufmännischen Steuerung – von integrierten Unternehmensplanung bis hin zur Liquiditätsvorschau. Für stark verschuldete Versorger wird zudem ein transparentes Finanzreporting zur Voraussetzung, um weiteres Fremdkapital zu erhalten – es gibt hier viel zu tun“, sagt Christian Feldmann, ebenfalls Partner bei Kearney. 

Ein weiterer Ansatz liegt in der direkten Beteiligung von Bürgern. Kommunale Anleihen, Genussrechte oder Beteiligungen an Projekten wie Photovoltaik-Anlagen oder Wärmenetzen können zusätzliches Kapital aktivieren und Akzeptanz schaffen. Lokale Teilhabe wirkt sich positiv auf Genehmigungsprozesse aus und stärkt das Vertrauen in die Umgestaltung der Energieversorgung.

Laut Kearney bestehen erhebliche gesellschaftliche Risiken, wenn das Finanzierungsproblem ungelöst bleibt. Energiepreise in Deutschland liegen bereits deutlich über dem internationalen Durchschnitt. Das beeinträchtige die Wettbewerbsfähigkeit und treffe sozial schwache Haushalte. Eine tragfähige Energiewende erfordere sowohl wirtschaftlich belastbare Strukturen als auch gesellschaftliche Vermittlung.
 

Heidi Roider
Redakteurin und Chefin vom Dienst
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