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Enerige & Management > Aus Der Aktuellen Zeitung - Finanzierung bleibt kompliziert
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN ZEITUNG:
Finanzierung bleibt kompliziert
Die kommunale Wärmeplanung ist ein entscheidender Baustein der Wärmewende. Sie erfordert umfangreiche Investitionen. Dazu braucht es neue Formen der Finanzierung.
 
Ein zentrales Instrument bei der Finanzierung von Wärmeprojekten könnte ein Energiewendefonds werden, wie ihn die Energieverbände VKU, BDEW und die Beratungsgesellschaft Deloitte schon länger vorschlagen. Die schwarz-roten Koalitionäre der neuen Bundesregierung haben das auch in ihren Vertrag aufgenommen. Ziel ist es, Eigen- und Fremdkapital für kommunale Wärmeprojekte bereitzustellen − ein Thema, das viele Stadtwerke als zentrale Hürde beim Hochlauf identifizieren.

Allerdings bleibt unklar, wie genau dieser Fonds ausgestaltet werden soll: Wer verwaltet ihn? Welche Projekte gelten als förderfähig? Wie lassen sich private Investoren einbinden, ohne die kommunale Trägerschaft zu gefährden? Und wie wird sichergestellt, dass die Mittel auch schnell abfließen?

Diese Fragen müssen geklärt werden. Denn: Der Ausbau und die Modernisierung von Wärmenetzen sind mit enormen finanziellen Aufwendungen verbunden. Der Deutsche Städtetag schätzt die Gesamtkosten für den Umbau der Wärmenetze auf rund 100 Milliarden Euro. Der Bund hat bisher lediglich 2 bis 3 Milliarden Euro an Unterstützung zugesagt.

Eine Umfrage des VKU zeigt denn auch, dass 67 Prozent der befragten kommunalen Unternehmen das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 unter den aktuellen Rahmenbedingungen für nicht realisierbar halten. Die größten Herausforderungen sehen sie in den hohen Kosten, unklaren Finanzierungswegen und einer übermäßigen Bürokratie, die den Fortschritt hemmt.

Besonders deutlich wird die Unsicherheit bei der Finanzierung der Energiewende (siehe Interview). Mehr als die Hälfte der Befragten fordert neue Finanzierungsmodelle. 39 Prozent legen vor allem auf die Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen Wert. Der Investitionsbedarf ist in bestimmten Bereichen besonders hoch: 66 Prozent der Unternehmen sehen den größten Finanzierungsbedarf in den Stromnetzen, gefolgt von der Fernwärme mit 50 Prozent und der Wasserversorgung mit 28 Prozent.
 
Der Bau neuer Wärmenetze wie hier in Leipzig erfordert hohe Investitionen. Deren Finanzierung bleibt unklar
Quelle: Frank Urbansky

Die laufenden Betriebskosten und der Modernisierungsbedarf bestehender Netze verschärfen diese Situation zusätzlich. Die Klimaneutralität erfordert Investitionen in Solarthermie, Biomasse-BHKW oder industrielle Abwärmequellen. Zusätzlich werden Netze mit niedrigeren Vorlauftemperaturen benötigt. Das macht weitreichende Umbauten erforderlich.

Fernwärme ist teuerste Heizform

Dabei ist gerade Fernwärme schon heute eine der teuersten Heizformen in Deutschland und bleibt es auch in Zukunft. 2024 wurde sie um 27 Prozent teurer. Mit 15,10 Cent pro kWh wird sie nur noch von Heizstrom etwa für Nachtspeicheröfen übertroffen. Diese Preissteigerungen sind auch auf die monopolartige Struktur der Fernwärmeversorger zurückzuführen, die sowohl Erzeugung als auch Verteilung kontrollieren. Die fehlende Wettbewerbssituation erschwert es den Verbrauchern, auf günstigere Alternativen auszuweichen.

Zum Vergleich: In Dänemark ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Fernwärmeversorger keine Gewinne erwirtschaften dürfen. In Deutschland hingegen nutzen Stadtwerke ihre Erträge häufig zur Quersubventionierung anderer kommunaler Projekte wie dem öffentlichen Nahverkehr oder dem Betrieb von Schwimmbädern. Das ist politisch gewollt und in gewissem Maße auch sinnvoll, wirkt sich jedoch direkt auf die Fernwärmepreise aus.

Das alles schlägt schon jetzt auf die Politik durch. Ein Gesetzentwurf aus Rheinland-Pfalz etwa sieht vor, dass Kommunen die Planung übernehmen, die Umsetzung jedoch vorrangig durch kommunale Versorgungsunternehmen erfolgt. Doch diese stoßen häufig an finanzielle Grenzen. Da Kommunen meist nicht genug Eigenkapital bereitstellen können, ist die Einbindung privater Investoren notwendig. Eine Fondsstruktur mit staatlicher Risikoabsicherung könnte hier Abhilfe schaffen, da bestehende Förderprogramme nicht ausreichen.

Fonds sind eine Möglichkeit der Finanzierung

Fonds wären also eine Möglichkeit. Doch die wird nicht ausreichen. Wie könnte nun das fehlende Geld für diese massiven Investitionen zusammenkommen?
Ein Ansatz ist die Bürgerbeteiligung durch Energiegenossenschaften oder Crowdfunding-Initiativen. Dabei investieren Bürgerinnen und Bürger direkt in lokale Energieprojekte, etwa in den Ausbau von Fernwärme- und Stromnetzen. Das Modell hat einige Vorteile: Zum einen werden finanzielle Mittel mobilisiert, die andernfalls nicht zur Verfügung stünden. Zum anderen steigt (idealerweise) die Akzeptanz in der Bevölkerung, da sich die Menschen aktiv an der Energiewende beteiligen und gleichzeitig von den Erträgen profitieren können. 

Private Investitionen sind ebenfalls denkbar. Partnerschaften zwischen Kommunen und Unternehmen ermöglichen es, größere Infrastrukturprojekte schneller und effizienter umzusetzen. Möglich wären Public Private Partnerships (PPP), bei denen private Investoren den Ausbau der Wärmenetze mitfinanzieren und im Gegenzug über eine festgelegte Laufzeit Renditen aus den Energieverkäufen erhalten. Sie ermöglichen es Kommunen, dringend benötigte Modernisierungen vorzunehmen, ohne ihre Haushalte übermäßig zu belasten.

Zudem könnten Kommunen durch innovative Finanzierungsmodelle wie Contracting mit spezialisierten Unternehmen zusammenarbeiten, die die notwendigen Modernisierungen finanzieren und sich durch die späteren Einsparungen refinanzieren.

Optimierung der bestehende Netze

Nicht zu vergessen wäre auch die Optimierung bestehender Netze. Durch den Einsatz intelligenter Energiemanagementsysteme können Kommunen ihre Netzinfrastruktur effizienter nutzen und dadurch Investitionsbedarfe gezielt steuern. Technologien zur Lastspitzenverschiebung helfen, den Energieverbrauch flexibler zu gestalten, indem beispielsweise in Zeiten niedriger Nachfrage Energie gespeichert und bei hoher Nachfrage wieder eingespeist wird. Das reduziert nicht nur den unmittelbaren Bedarf an neuen Infrastrukturmaßnahmen, sondern trägt auch dazu bei, die Betriebskosten langfristig zu senken.

Die Finanzierung der Wärmewende bleibt eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre. Ohne eine deutliche Erhöhung der staatlichen Fördermittel und eine verstärkte Einbindung alternativer Finanzierungsmodelle drohen massive Kostensteigerungen für Verbraucher und Kommunen. Gleichzeitig wird der Umbau der Wärmeversorgung durch den Fachkräftemangel erheblich ausgebremst.
Die neue Bundesregierung ist gefordert, klare Anreize zu setzen, um die Transformation der Wärmenetze wirtschaftlich tragfähig zu gestalten. Nur durch eine langfristige und nachhaltige Planung können die Ziele der Wärmewende erreicht und eine bezahlbare, klimafreundliche Wärmeversorgung für alle sichergestellt werden. 



„Gesetzgeber bei Finanzierung wahlweise optimistisch oder naiv“

Ein Gespräch mit BBH-Rechtsanwalt und -Partner Markus Kachel. Er wurde als Sachverständiger zum Entwurf des Wärmeplanungsgesetzes Rheinland-Pfalz bestellt.

E&M: Herr Kachel, wie bewerten Sie die aktuelle Ausgestaltung des Gesetzes aus juristischer und wirtschaftlicher Sicht?

Kachel: Die Ausgestaltung im engeren Sinne betrifft die Umsetzung der Vorgaben des Wärmeplanungsgesetzes des Bundes (WPG) für die spezifischen Umstände in Rheinland-Pfalz. Das macht der Gesetzentwurf schnörkellos und im Wesentlichen überzeugend.

E&M: Eine These betrifft die Finanzierungslücke bei der Umsetzung kommunaler Wärmepläne. Worin besteht diese Lücke konkret − und wer trägt sie derzeit?

Kachel: Die Finanzierungslücke besteht nicht bei der Planung selbst − hier erhalten Kommunen in gewissem Umfang Unterstützung und die Planung ist auch noch nicht die wirtschaftlich problematische Phase der Wärmetransformation, auf die das WPG abzielt.

Die Lücke besteht in der anschließenden Umsetzung der Wärmepläne. Die Umsetzung ist zwar zwingend erforderlich − gesetzgeberisch gibt es hier auf Bundes- und Landesebene aber eine einzige große Leerstelle. Es wird schlicht vorausgesetzt, dass die geplante Wärmeversorgungsoption auch in die Tat umgesetzt wird. Von wem? Wie? In welcher Zeitspanne? Mit welchem Wärmepreis für den Verbraucher? Suchen Sie die Antwort, Sie werden keine finden.

Und wenn wir uns hier ansehen, wie viel Geld notwendig sein wird, um insbesondere die effizienteste Versorgung mit Wärme − leitungsgebundene Fern- oder Nahwärme − auszubauen oder überhaupt erst aufzubauen, kann man die Auffassung des Gesetzgebers wahlweise als optimistisch oder als naiv bezeichnen. Viele Versorgungsunternehmen werden, wenn sie sich denn der Umsetzung widmen, überfordert sein, die benötigte Finanzierung zu stemmen. Es braucht verlässliche Programme für Fremdkapital und kreative Wege, um Eigenkapital bereitzustellen.

E&M: Welche Herausforderungen sehen Sie für Energieversorger, wenn Kommunen ihre Wärmepläne nicht ausreichend finanziert umsetzen können?

Kachel: Realistisch gesehen können die Kommunen aus eigener Kraft wenig Unterstützung leisten. Und die Wärmepläne kommen eben ohne automatisch eingebauten Geldbeutel.

Die erste Herausforderung sind die benötigten Fördermittel, denn ohne Fördermittel rechnet sich derzeit kaum ein Wärmeprojekt. Es gilt Förderprogramme zu identifizieren, dann sinnvoll zu nutzen beziehungsweise zu kombinieren und im weiteren Prozess alles Erforderliche nachzuhalten, etwa Verwendungsnachweise.

Die weniger sichtbare, aber größere Herausforderung ist das Eigenkapital: Die Kommunen als Eigentümer werden die Finanzkraft nur selten haben, um Eigenkapital nachzuschießen. Bei anderen Versorgungsunternehmen wird das auch keine Selbstverständlichkeit sein. Ausreichend Eigenkapital benötigen die Unternehmen, um Fremdkapital in der Regel als Darlehen aufzunehmen. Eine Finanzierung ohne Fremdkapital ist unrealistisch.

E&M: Inwiefern betrifft die Finanzierungsthematik auch privatwirtschaftliche Investitionen in Wärmenetze oder Erzeugungsanlagen?

Kachel: Es geht gerade um die Investitionen, die privatwirtschaftliche Unternehmen zu stemmen haben − der Staat selbst wird es nicht tun. Ob Unternehmen in kommunaler Hand oder nicht, alle stehen vor dem gleichen Problem.

E&M: Welche konkreten Maßnahmen oder Förderinstrumente wären aus Ihrer Sicht auf Landes- und Bundesebene sinnvoll?

Kachel: Auf Landes- und Bundesebene müssen Wege gesucht werden, die Unternehmen bei der Suche nach Eigenkapital zu unterstützen. Viele Vorschläge gehen derzeit in eine ähnliche Richtung, die ich ebenfalls für sinnvoll halte: Mechanismen schaffen oder unterstützen, die Eigenkapital oder eigenkapitalähnliches Mezzanin-Kapital zur Verfügung stellen. Die staatliche Unterstützung kann durch Ansiedlung eines Fördersystems bei der KfW oder bei Landesbanken erfolgen; eventuell weiter abgesichert oder risikooptimiert.
 
Markus Kachel
Quelle: BBH

 

 
 

Frank Urbansky
© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 19.08.2025, 08:55 Uhr

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