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Enerige & Management > Smart Meter - Fabrikationsfehler zwingt Messstellenbetreiber zum Zählertausch
Quelle: Fotolia / unique3d
SMART METER:
Fabrikationsfehler zwingt Messstellenbetreiber zum Zählertausch
Bei Zählern eines chinesischen Herstellers versagt das Display. Die Verbräuche der Kunden und die Einspeisemengen der Prosumer müssen folglich berechnet werden.
 
In den vergangenen Wochen und Monaten hat der Ausfall von elektronischen Zählern, sogenannten modernen Messeinrichtungen, für Aufsehen gesorgt. Betroffen sind aktuell Geräte des chinesischen Herstellers Holley, bei denen nach unbestimmter Betriebsdauer – es können einige Wochen, aber auch mehrere Monate sein – das Display ausfällt. Auch über die digitale Schnittstelle lassen sich die Zählerstände nicht mehr auslesen.

EWE und Syna gehören zu den Unternehmen, die Holley-Geräte verbaut haben. Ein EWE-Sprecher erklärte auf Anfrage der Redaktion, dass im eigenen Netzgebiet 25.000 Zähler vom Fabrikationsfehler des Herstellers betroffen sind. „Wir wissen derzeit von 4.000 tatsächlich ausgefallenen Zählern. Vorsorglich tauschen wir alle 25.000 Holley-Zähler aus“, so der Sprecher. Geplant sei dies bis Ende 2024.
 
Kein „typisch chinesisches Problem“
 
Sowohl die Syna als auch EWE versichern, dass für die betroffenen Kunden keine Kosten und durch die Schätzung beziehungsweise die Berechnung des Verbrauchs keine Nachteile entstehen werden. „Wir haben aber vollstes Verständnis, wenn das für unsere Kunden eine ärgerliche Situation ist“, sagte eine Syna-Sprecherin. Laut EWE Netz erfolgt die rechnerische Ermittlung von Zählerständen nach den einschlägigen gesetzlichen und technischen Regelwerken. Grundlage sind die vorliegenden früheren Verbrauchswerte oder Verbrauchsprognosen des jeweiligen Kunden nach Standardlastprofil. Bei Kunden mit angemeldeter Einspeiseanlage, werden Einspeise- und Verbrauchsdaten bei den Kunden abgefragt. „In den allermeisten Fällen verfügen sie über Apps und Software, die den erzeugten Strom dokumentieren. Zusätzlich berücksichtigen wir technische Daten der Anlage“, so ein EWE-Sprecher.

Welche Kosten für die Messstellenbetreiber selbst durch den Fabrikationsfehler entstehen, lasse sich noch nicht abschätzen, heißt es unisono. Bezüglich möglicher Schadensersatzforderung gebe es Gespräche.

Die Syna, die Netztochter der Süwag, nennt keine konkreten Zahlen. „Leider tritt der Fehler erst spät nach Einbau auf, weswegen er bei unseren Qualitätssicherungsmaßnahmen initial nicht entdeckt wurde“, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Die genaue Zahl der zu tauschenden Geräte ergebe sich dann über die Zeit. Es sei aber ein abgestimmtes Verfahren mit dem Hersteller vereinbart worden, um die defekten Geräte so schnell wie möglich auszutauschen.

Beim VKU sind die Fälle bekannt. Das Thema werde auch im Verband behandelt. „Nach derzeitigen Kenntnisstand betrifft das spezielle Zähler-Chargen“, so ein VKU-Sprecher gegenüber der Redaktion.

Frank Borchardt, beim Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE für die Themen Metering und Digitalisierung verantwortlich, kennt die Fälle ebenfalls. Dass sich fehlerhafte Bauteile in Geräten bemerkbar machen, komme nicht zum ersten Mal vor. Bei Hardwareherstellern könnten immer einmal solche Probleme auftauchen. Man könne auch nicht von „typisch chinesischen Problemen“ sprechen. Selbst namhafte europäische Unternehmen seien durchaus schon gezwungen gewesen, bereits verbaute Geräte wieder einzusammeln. Und auch Holley sei ein am Weltmarkt durchaus renommiertes Unternehmen und kein zweifelhafter Billiganbieter.

Borchardt geht davon aus, dass die Zähler von Holley, wie auch alle anderen von den grundzuständigen Messstellenbetreibern in Deutschland verbauten modernen Messeinrichtungen, dem FNN-Lastenheft, für das derzeit eine neue Version erarbeitet werde, entsprechen. Damit haben die Messstellenbetreiber Anhaltspunkte zum Mindestumfang und der Konstruktion der Geräte. „Das Lastenheft hat den Charakter einer Empfehlung“, sagt Borchardt und stellt klar, die Qualität von Bauteilen werde dadurch jedoch nicht definiert.
 
Konformität der Geräte mit EU-Richtlinie unbedingt erforderlich
 
Unbedingt erforderlich ist dem FNN-Experten zufolge jedoch die Konformität der Geräte mit der Metering Instrument Directive (MID) der EU. Die Richtlinie definiert die gemeinsamen Anforderungen an Messgeräte. Diesen muss ein Zähler entsprechen, damit er in der EU zum Einsatz kommen darf. Auf dem Weg dorthin muss der Hersteller das Gerät von einer akkreditierten Prüfstelle prüfen und sich ein entsprechendes Zertifikat ausstellen lassen. Im Rahmen der Qualitätssicherung muss er dann schlüssig nachweisen können, dass die Serienproduktion mit den geprüften Baumustern vollkommen identisch ist.

Bei den bei EWE und Syna eingebauten Geräten sind die Fehler erst Wochen oder gar Monate nach der Installation aufgetreten. Es ist davon auszugehen, dass bei den Prüfmustern entsprechend nichts zu beanstanden war und es auch bei Stichproben zum Zeitpunkt des Einbaus bei den Messstellenbetreibern keine Anhaltspunkte für Probleme gab. Dies wird auch von Seiten der Syna bestätigt. Das Unternehmen setzt nach eigenen Angaben auf eine diversifizierte Beschaffung und dabei auf Hersteller aus unterschiedlichen Ländern, von denen eine Vielzahl jedoch Bauteile aus chinesischer Fertigung enthält. Jeder Zählertyp, egal in welchem Land er hergestellt wird, werde jedoch einer intensiven Qualitätsprüfung unterzogen, bevor er für den Einbau freigegeben wird. „Aus diesem Grund hatten wir bislang bei über 500.000 verbauten modernen Messeinrichtungen auch noch keine nennenswerten Ausfälle. Einen Fehler, der erst nach Monaten auftritt, hatten wir noch nicht“, so die Sprecherin der Süwag-Tochter.

Wenn bei einer modernen Messeinrichtung das Display ausfällt, muss das Gerät zwangsläufig getauscht werden. „In diesem Fall ist der Zähler im Geschäftsverkehr nicht mehr zugelassen“, so Borchardt. Selbst wenn die Verbrauchsdaten noch auslesbar wären. Der Kunde muss jederzeit den Zählerstand am Display der modernen Messeinrichtung selbst ablesen können. Dies ist eine Vorgabe des Eichrechts.
 
 

Fritz Wilhelm
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