
Das Europäische Parlament will am Abend des 9. Februar den europäischen Wiederaufbaufonds (Recovery and Resilience Facility,
RRF) verabschieden, mit dem 672,5 Mrd. Euro bereitgestellt werden, um die Folgen der Corona-Krise zu überwinden. 390 Mrd.
Euro werden den Mitgliedsstaaten als verlorene Zuschüsse zugeteilt, der Rest als rückzahlbare Kredite gewährt. 37 % der Ausgaben,
die aus dem RRF finanziert werden, sollen für Projekte ausgegeben werden, die auch dem Klimaschutz zugutekommen. 20 % sollen
einen Beitrag zur Digitalisierung leisten.
Dagegen haben sich jetzt die Wirtschaftsberater der EU-Kommission, die EEAG (European Economic Advisery Group) ausgesprochen.
Um die Corona-Krise zu überwinden, müssten die ökonomischen Schäden in allen Branchen gleichmäßig beseitigt werden, sagte
der Sprecher des EEAG, der Chef des Münchner Ifo-Institutes Clemens Fuest in einer Video-Konferenz vor Journalisten. Aus dem
RRF sollten vorzugsweise Investitionen in die grenzüberschreitende Infrastruktur finanziert werden.
Quantitative Ausgabenziele wie die vorgesehene Klima- oder Digitalisierungsquote seien schwer zu überprüfen und böten keine
Garantie, dass die Mittel aus dem Fonds richtig verwendet würden, heißt es im Jahresgutachten des EEAG. Das könnte das Vertrauen
in die Politik der EU beschädigen. Die Mitgliedsstaaten sollten sich stattdessen eigene Klimaziele setzen und Rechenschaft
darüber ablegen, dass diese Ziele auch erreicht würden. Um den wirtschaftlichen Aufschwung vereinbar zu machen mit den Klimazielen der EU, sei der CO2-Preis das richtige Instrument.
Emissionshandel auf alle Sektoren ausdehnen
„Die Klimaziele sollten dadurch erreicht werden, dass der Emissionshandel ETS auf die gesamte EU und alle Wirtschaftssektoren
ausgedehnt wird“, heißt es in dem Gutachten. „Von oben verordnete Investitionen“ seien voraussichtlich nicht sehr effektiv.
Die Gelder aus dem RRF seien deswegen dort am besten angelegt, wo die Risiken für private Investoren zu hoch seien. Das sei
typischerweise bei der Infrastruktur und Netzwerken der Fall.
Die Einnahmen aus dem erweiterten Emissionshandel könnten nach Ansicht des EEAG einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des
RRF leisten. Er wird aus Krediten gespeist, die die EU-Kommission am Kapitalmarkt aufnimmt. Die Kredite sollen ab 2028 zurückgezahlt
werden. Dafür haben die Mitgliedsstaaten bislang aber keine Mittel bereitgestellt.
Die Einnahmen aus dem Verkauf der Emissionsrechte fließen zurzeit in die nationalen Haushalte. Dabei soll es im bisherigen
Umfang auch bleiben. Höhere Einnahmen, die aus einer Ausweitung des ETS resultieren, könnten nach der Empfehlung des EEAG
dagegen als Eigenmittel der EU in den Haushalt fließen. Nach Berechnungen des Ifo-Institutes würde das reichen, um den Schuldendienst
der EU ab 2028 zu finanzieren.
Dienstag, 09.02.2021, 14:19 Uhr