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Enerige & Management > Gas - EU-Gasversorgung vor neuen Unsicherheiten
Quelle: Shutterstock / aerial motion
GAS:
EU-Gasversorgung vor neuen Unsicherheiten
Angesichts des geplanten Auslaufens der Einfuhren aus Russland ist mit höherer Abhängigkeit von LNG und entsprechenden Risiken zu rechnen, hieß es beim Vienna Energy Security Dialogue.
 
 
Die Arbeiten am Vertrag zwischen dem österreichischen Finanzministerium und der Fernleitungsgesellschaft Gas Connect Austria (GCA) über den Ausbau der West-Austria-Gasleitung (WAG) schreiten gut voran. Das bestätigte GCA-Geschäftsführer Stefan Wagenhofer der Redaktion am Rande des Vienna Energy Security Dialogue am 8. Oktober in Wien. Wie berichtet, gewährt das Ministerium der GCA ein Darlehen von 70 Millionen Euro für das Projekt „WAG Loop I“, mit dem die Kapazität der WAG um 27 Milliarden kWh pro Jahr oder rund 30 Prozent steigt. Dies erleichtert Erdgasimporte aus Nordwesteuropa nach Österreich und damit potenziell auch in andere zentraleuropäische Staaten. Fertiggestellt werden soll der „Loop“ bis Ende 2027.

Laut Wagenhofer gibt es hinsichtlich der Ausarbeitung des Vertrags mit dem Finanzministerium Fortschritte bei einer Reihe von Details, darunter der Erstellung benötigter Gutachten. Wie berichtet, ist geplant, den Vertrag bis Jahresende zu finalisieren. Mit Verzögerungen infolge der österreichischen Parlamentswahl vom 29. September und der laufenden Debatte über die Bildung einer neuen Bundesregierung rechnet Wagenhofer nicht. Die gesetzliche Grundlage für den Vertrag sei bekanntlich am 3. Juli einstimmig im Parlament beschlossen worden. Sämtliche derzeit sowie künftig im Parlament vertretenen Parteien befürworteten die möglichst rasche Umsetzung des „WAG Loop I“.

Kurzfristig keine Krise

Der Vienna Energy Security Dialogue, der heuer zum siebten Mal stattfand, befasste sich im Wesentlichen mit zwei Themen: mit der zukünftigen Versorgung der EU mit Erdgas und mit den Perspektiven der europäischen Energiewende. Hinsichtlich Gasversorgung konstatierte Katja Yafimava, Senior Research Fellow am Oxford Institute for Energy Studies, kurzfristig sei nicht mit krisenhaften Entwicklungen zu rechnen. Für den kommenden Winter verfüge die EU über ausreichende Mengen an eingespeichertem Gas sowie über Leitungskapazitäten, um die Versorgung auch ohne Importe aus Russland zu gewährleisten. Ferner seien auf dem Weltmarkt ausreichende Gasmengen verfügbar. „Die Frage ist natürlich immer die nach den Preisen“, stellte die Wissenschaftlerin klar.

Ebenso fraglich ist laut Yafimava, ob es nach dem Auslaufen des russisch-ukrainischen Gastransitvertrags am 31. Dezember zu einem Stopp der Durchleitungen kommt. „Es ist durchaus möglich, dass eine akzeptable Lösung zustande kommt, ein Paket, mit dem auch die Ukraine zufrieden ist“, mutmaßte Yafimava. Auch langfristig sei aber nicht mit einer Rückkehr zur Situation vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine zu rechnen, also zu einer Wiederaufnahme der Importe aus Russland im früheren Ausmaß.

Bekanntlich wolle die EU die Einfuhr russischen Gases mit Ende 2027 vollständig auslaufen lassen. Ihre eigene Gasproduktion gehe indessen tendenziell zurück. In der Folge erhöhe sich die Abhängigkeit vom weltweiten LNG-Markt, und auch diese sei keineswegs ohne Risiken, warnte Yafimava. Nicht zuletzt stelle sich die Frage nach der dauerhaften Verfügbarkeit von US-amerikanischem LNG. Laut Yafimava fragt sich somit, ob die EU auf das Ende der Gasimporte aus Russland hinreichend vorbereitet ist. Wagenhofer zufolge macht US-amerikanisches Gas rund 40 Prozent der LNG-Importe in die EU aus. Weitere je 13 Prozent entfallen auf Russland und das Emirat Katar am Persischen Golf. Die verbleibenden etwa 34 Prozent werden aus anderen Quellen gedeckt.

Koordination unzureichend

Sicher ist Yafimava zufolge: Mit den Diskussionen über die Zukunft der Gasversorgung gewinnt die Energiewende und damit die Nutzung erneuerbarer Energieträger an Bedeutung. Sie können fossile Energiemedien wie Erdgas zumindest teilweise ersetzen und somit die Versorgungssicherheit verbessern.

Der Finanzvorstand des österreichischen Energiekonzerns Verbund, Peter Kollmann, konstatierte, zum Gelingen der Energiewende benötige Europa „Kompetenz, Kapital und Koordination“. Während die Kompetenz zweifellos vorhanden und auch das Kapital grundsätzlich verfügbar sei, stehe es um die Koordination gerade auf energiepolitischer Ebene nicht zum Besten. Dies sei auch der Grund, warum zwischen den hochgesteckten Zielen und deren Umsetzung eine nicht zu unterschätzende Lücke klaffe. Kollmann ist Mitglied des Vorstands des World Energy Council Austria, das gemeinsam mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Vienna Energy Security Dialogue veranstaltet. Unterstützt wird dieser von der österreichischen Industriellenvereinigung und dem Beratungsunternehmen Ernst & Young.
 

Klaus Fischer
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Mittwoch, 09.10.2024, 11:12 Uhr

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