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Enerige & Management > Gaskraftwerke - Erneut Ausschreibung der Feuerwehr-Kraftwerke verschoben
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
GASKRAFTWERKE:
Erneut Ausschreibung der Feuerwehr-Kraftwerke verschoben
Die Kapazitätsreserve besteht aus stillgelegten Gasblöcken, die als letzte Rettung fürs Stromsystem einspringen. Das BMWE braucht noch mehr Zeit für das Go aus Brüssel.
 
Die Bundesnetzagentur hat am 19. August in einer neuen Festlegung die Ausschreibung der 2.000 MW Kapazitätsreserve abermals verschoben, und zwar diesmal auf den 2. März 2026. Bereits Ende März hatte der Energieregulierer extrem kurzfristig die ursprünglich für 1. April dieses Jahres vorgesehene Ausschreibung verschoben, und zwar auf diesen Dezember. Daraus wird nun auch nichts.

Der Grund war und ist immer der gleiche: Für die nächste zweijährige Bereitstellungsperiode, die am 1. Oktober 2026 beginnt, fehlt die nötige beihilferechtliche Genehmigung durch die EU-Kommission. Nach den Ausführungen der Netzagentur in ihrer Bekanntmachung zu schätzen, liegen die Positionen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWE) und Brüssels noch weit auseinander, und das geht ins Grundsätzliche:

Während Deutschland meint, es müsse nur die bisherige Genehmigung von 2018 verlängert werden, verlangt die Kommission als Hüterin des Wettbewerbs und des Energiebinnenmarktes einen neuen Antrag. Sie begründet dies mit bedeutenden Änderungen im EU-Recht, etwa die aktuelle Strommarktverordnung oder die klima-, umwelt- und energiebeihilferechtlichen Richtlinien.

Die „Kapazitätsreserve“ gehört neben der „Netzreserve“ und den „netztechnischen Betriebsmitteln“ zu einem unübersichtlichen Geflecht von Sicherheitssegmenten im deutschen Stromsystem. Die bis 2021 regierende Große Koalition hatte es eingerichtet, um den absehbaren Atom- und Kohleausstieg zu flankieren und den marktbasierten Spot- und Regelenergiehandel zu ergänzen.

Dazu kamen auch der regulatorisch erzwungene Weiterbetrieb „systemrelevanter“ fossiler Kraftwerke sowie unter der Ampel 14 fossile Blöcke, die in der Energiekrise Ende 2022 bis diesen 1. April aus der „Sicherheitsbereitschaft“ - einem weiteren Segment - an den Markt zurückgeholt worden waren. 

Bei der Kapazitätsreserve handelt es sich um alte fossile Kraftwerke und abschaltbare Industrielasten, die nicht mehr am Strommarkt teilnehmen dürfen und nur vorgehalten werden, um als letzte Feuerwehr hochzufahren (oder runterzufahren), wenn überraschenderweise Stromangebot und -nachfrage weder im Handel noch mit Regelenergie in Einklang zu bringen wären. Dies ist bisher noch nie eingetreten.

Eine gemähte Wiese für die bisherigen Betreiber

Die Kapazitätsreserve steht in mehrerlei Hinsicht auf tönernen Füßen: Sie beruht auf der gleichnamigen Verordnung. Die Bundesnetzagentur meint, sie müsse sich in ihren Festlegungen, die die Ausschreibungen und Zuschläge definieren, daran halten. Dabei hatte der Europäische Gerichtshof den nationalen Energieregulierern vollen Spielraum innerhalb der geltenden Gesetze zugesprochen.

Zudem ist das Segment eine Goldgrube für ein Oligopol mit fast den immergleichen acht Gasblöcken, das bereits ziemlich genau abschätzen kann, dass die ausgeschriebene Leistung von 2.000 MW erneut stark unterzeichnet bleibt. Ausländische Kraftwerke sind nicht zugelassen - wie Brüssel diesen Abschottungsaspekt noch einmal genehmigen könnte, ist fraglich.

Das heißt, die Bieter können in die Vollen gehen. Für die laufende Bereithaltungsperiode gab es nur Gebote für gut 1.200 MW, von RWE, Leag und Statkraft, bei RWE kam noch ein Gasblock dazu, und erstmals bot auch eine industrielle Last in Gegenrichtung, mit nur 9 MW.

Kostenexplosion - weiter so

Alle Gebote mussten in voller Leistung bezuschlagt werden, weil sie formal und technisch in Ordnung waren, und zwar alle knapp unterhalb des Höchstpreises von 100.000 Euro/MW/Jahr, obwohl der genügsamste Bieter nur 19.000 Euro verlangt hatte und der gewichtete Schnitt unter 46.000 Euro lag. Doch die Verordnung sieht zwingend ein Markträumungsverfahren vor. Das gibt es sonst nur bei der Day-ahead-Auktion.

Die Gesamtkosten erhöhen sich gegenüber der vorherigen Bereitstellungsperiode um 76 Prozent auf 120 Millionen Euro jährlich. Die Netzagentur traute sich nach der Ausschreibung vom April 2024 nicht, die fehlenden 800 MW nochmal auszuschreiben - mangels Erfolgsaussicht.

Ob es überhaupt eine Feuerwehr-Leistung braucht, wie hoch sie sein soll, warum nicht alles in die „Netzreserve“ wandern kann, die die Netzagentur und die Übertragungsnetzbetreiber unter sich ausmachen, zu diesen Fragen berufen sich das Ministerium und die Netzagentur auf die jeweils andere Institution - eine Katze, die sich in den Schwanz beißt. Oder aber die zugrundeliegenden Daten sind aus dem Jahr 2018. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass das BMWE von sich aus die Kapazitätsreserveverordnung infrage stellt.

Die Bekanntmachung der Netzagentur mit Verweisen auf frühere Festlegungen ist auf ihrer Website veröffentlicht. 
 

Georg Eble
Redakteur
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