• Gas schwimmt gegen den Strom
  • Energie senkt überraschend Herstellerpreise
  • Tschechien feiert zweite Unabhängigkeit vom Kreml
  • Klimabewegung verliert Wolf von Fabeck
  • Vattenfall verteuert Berliner Strom-Grundversorgung
  • Messstellenbetreiber darf seinen Zählerschrank verwenden
  • Erkrath verlässt Gründertrio der Neander Energie
  • Pannen-Park geht unter neuer Regie probeweise wieder ans Netz
  • Verspätete Abrechnung verstößt gegen Wettbewerbsrecht
  • Leine-Energie sichert Belieferung von Liegenschaften in Niedersachsen
Enerige & Management > Wasserstoff - Engpässe bei H2-Tankstellen lösen sich langsam auf
Quelle: H2 Mobility
WASSERSTOFF:
Engpässe bei H2-Tankstellen lösen sich langsam auf
Eine Explosion in einer H2-Abfüllanlage führte zu schweren Versorgungsengpässen an Tankstellen in ganz Deutschland. Der Betreiber H2 Mobility arbeitet an der Stabilisierung der Lage. 
 
Zum 31. März ist die Wasserstofftankstelle in Siegen planmäßig außer Betrieb gegangen, wie die Westfalenpost bereits Mitte März ankündigte. Die Anlage an der Aral-Station in der Eiserfelder Straße ist eine von elf Tankstellen, die der Betreiber H2 Mobility zum Ende des ersten Quartals 2025 dauerhaft vom Netz genommen hat. Bis zum Ende des zweiten Quartals sollen elf weitere folgen.

Bei dem Berliner Unternehmen handelt es sich um den Betreiber des größten Wasserstofftankstellennetzes öffentlicher Wasserstofftankstellen in Deutschland. Es betreibt mit Stand 1. April 57 Stationen zur Betankung von Pkw (700 bar) und 40 Stationen zur Betankung von Lkw beziehungsweise Nutzfahrzeugen (350 bar), so eine Sprecherin von H2 Mobility gegenüber der Redaktion. Bundesweit gibt es insgesamt nur unwesentlich mehr: 68 Stationen mit 700 bar und 54 Stationen mit 350 bar, so die Sprecherin gegenüber der Redaktion.

Bereits Anfang dieses Jahres hatte das Unternehmen an, 22 seiner 700-bar-Stationen zu schließen. Betroffen sind überwiegend kleinere Anlagen mit Fokus auf Pkw, darunter neben Siegen auch Standorte wie Neuruppin, Ulm, Bonn, Aachen und Potsdam.

Netz wird an Nachfrage und Fahrzeugtypen angepasst

Die Schließungen sind Teil einer strategischen Neuausrichtung, wie der Tankstellenbetreiber betont. „Seit einigen Jahren konzentrieren wir uns auf einen regionalen, nachfragebasierten Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur für leichte und schwere Nutzfahrzeuge“, lässt sich Geschäftsführer Martin Jüngel in einer Mitteilung 17. Februar zitieren.

Ältere, teils über zehn Jahre alte Wasserstofftankstellen für Pk würden den heutigen technischen Anforderungen nicht mehr gerecht. Ein zentrales Problem sei der Platzmangel: Busse und Lkw benötigten größere Vorfelder und weitere Wenderadien, als sie an klassischen Pkw-Tankstellen vorhanden sind. Auch die bauliche Höhe spiele eine Rolle: Die Dächer vieler älterer Anlagen sind zu niedrig, um Nutzfahrzeuge sicher betanken zu können.

Hinzu komme die Speicherkapazität: Während Pkw vergleichsweise kleine Mengen Wasserstoff benötigen, tanken Nutzfahrzeuge deutlich mehr. Die dafür nötige Technik – größere Speicher, leistungsfähigere Verdichter und Zapfanlagen mit 350-bar-Technologie – lässt sich an vielen Altstandorten nicht ohne Weiteres integrieren. Manche Anlagen können baulich gar nicht nachgerüstet werden oder wären nach einem Umbau nicht wirtschaftlich zu betreiben. Dort, „wo es unvermeidbar ist“, müssten diese aus dem Netz genommen werden, so H2 Mobility. 

Ein Teil der bestehenden Standorte rüstet das Unternehmen technisch auf. So entstünden neue Zapfpunkte für Busse und Lkw mit 350-bar-Technologie. In Magdeburg etwa hat H2 Mobility eine bestehende Tankstelle erweitert und am Flughafen Hamburg eine ehemalige Pkw-Station in eine leistungsfähige Nutzfahrzeuganlage umgewandelt. In Bayreuth laufe aktuell der Umbau.

Rückbau und Wiederverwertung betroffener Anlagen

Die elf nun geschlossenen Stationen werden zurückgebaut, erklärt die Sprecherin auf Anfrage. Dabei sollen möglichst viele Komponenten weiterverwendet werden. Der Hauptgrund für die Schließungen sei die unzureichende Nachfrage. An einzelnen Standorten, etwa in Neuruppin, sei die Auslastung deutlich hinter den Erwartungen geblieben – bei gleichzeitig abnehmendem Trend. Der Markthochlauf bei Wasserstoff-Pkw sei schwächer verlaufen als erhofft, während die Nutzung im Nutzfahrzeugbereich steige. Das Unternehmen geht davon aus, dass der Großteil des Absatzes im laufenden Jahr voraussichtlich über 350-bar-Betankungen für Busse und Lkw erfolgen werde.

Für den Aufbau eines nachhaltigen Tankstellennetzes sieht das Unternehmen die Politik am Zug. Es handle sich um einen langfristigen Prozess, für den der Bund klare wirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen müsse. Dazu gehöre eine gezielte Förderung regionaler Wasserstoff-Cluster, in denen Infrastruktur, Fahrzeugflotten und Erzeugungskapazitäten zusammengeführt werden. 

Wirtschaftlicher Betrieb im Fokus

Für den wirtschaftlichen Betrieb neuer Tankstellen erachtet das Unternehmen eine gebündelte Nachfrage als wichtig. Nur größere Standorte mit Tageskapazitäten von bis zu 5 Tonnen Wasserstoff ließen sich dauerhaft kostendeckend betreiben, erklärt das Unternehmen. Neben gezielten Investitionszuschüssen für Modernisierungen seien auch strukturelle Maßnahmen wie die Förderung von Elektrolyse zur Herstellung von Wasserstoff und günstige Strompreise wichtig.

Ein weiterer Anreiz für den Markthochlauf ist aus Sicht von H2 Mobility der geplante Handel mit Treibhausgasquoten für Wasserstofffahrzeuge. Das Unternehmen fordert die Bundesregierung auf, dieses System zügig einzuführen. Es könnte Betreiber und Fahrzeugnutzer finanziell entlasten und so helfen, mehr Wasserstofffahrzeuge auf die Straße zu bringen.

Ob H2 Mobility künftig überhaupt noch Tankstellen für Wasserstoff-Pkw betreibt, ist unklar. „Wir befinden uns in Gesprächen mit verschiedenen Marktteilnehmenden, um einen Fortbetrieb zu ermöglichen“, teilte das Unternehmen mit. Im Fokus stehe jedoch ein wirtschaftlich tragfähiges Netz – und das sei derzeit im Bereich der Nutzfahrzeuge realistischer umzusetzen als im Pkw-Segment.
 
 

Davina Spohn
Redakteurin
+49 (0) 8152 9311 18
eMail
facebook
© 2025 Energie & Management GmbH
Freitag, 22.11.2024, 12:36 Uhr

Mehr zum Thema