
Engie und die Finanzbehörde des Großherzogtums Luxemburg hatten zwischen 2008 und 2014 darüber verhandelt, welche Aktivitäten
der französische Energiekonzern auf seine Tochter in Luxemburg überträgt und wie der luxemburgische Fiskus diese Aktivitäten
besteuern würde. Das Ergebnis wurde in einer Reihe von Vorabentscheiden („tax rulings“) der Finanzbehörde festgehalten.
Die EU-Kommission hatte diese Entscheidungen 2018 für rechtswidrig erklärt und Luxemburg aufgefordert, 120 Mio. Euro Körperschaftssteuer
von Engie nachzufordern. Die Behandlung durch den Luxemburger Fiskus beschere Engie einen ungerechtfertigten Steuervorteil
und müsse deswegen als staatliche Beihilfe betrachtet werden.
Das von den Luxemburger Behörden akzeptierte Beziehungsgeflecht zwischen der Konzernholding in Paris und ihren Tochtergesellschaften
in Luxemburg habe dazu geführt, dass die in dem Großherzogtum anfallenden Gewinne praktisch unversteuert blieben. Nach den
Berechnungen der Kommission zahlte Engie teilweise nur 0,3 % Steuern auf den Gewinn der Luxemburger Töchter – weil die Bescheide
der Finanzbehörde inkonsistent gewesen seien. Letztlich habe Engie 99 % seiner Gewinne der Besteuerung entzogen und damit
den Wettbewerb verzerrt.
Engie und das Großherzogtum klagten gegen die Entscheidung. Sie machten geltend, dass die Besteuerung alleine Sache der Mitgliedstaaten
sei. Der Anspruch der Kommission, sie mit Hilfe der Beihilfenkontrolle zu kontrollieren, bedeute eine „verdeckte Steuerharmonisierung“.
Das Gericht hat diesen Einwand zurückgewiesen und die Entscheidung der Kommission im vollen Umfang bestätigt. Luxemburg habe
Engie eine fiskalische Vorzugsbehandlung gewährt, mit der andere Unternehmen in einer vergleichbaren Lage nicht rechnen konnten,
befanden die Richter.
Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager begrüßte die Entscheidung. Das Gericht habe bestätigt, dass die Beihilfenkontrolle
als Instrument gegen den Missbrauch des nationalen Steuerrechts eingesetzt werden könne. Engie teilte mit, man prüfe, ob man
gegen die Entscheidung Berufung beim Europäischen Gerichtshof einlege. Die in Rede stehende Summe bleibe eingefroren, bis
der Rechtsweg erschöpft sei.
Mittwoch, 12.05.2021, 15:23 Uhr