
Quelle: E&M
AUS DER AKTUELLEN AUSGABE:
Energieautark unter der andalusischen Sonne
Der Blackout auf der Iberischen Halbinsel legte Schwächen im europäischen Stromsystem offen. Just in Spanien zeigt Caterpillar, wie Microgrids und Wasserstoff Netzstabilität sichern.

Im Malaga Demonstration & Learning Center zeigt Caterpillar ein Generatoraggregat der Baureihe G3500K. Die gasbetriebene Anlage
ist für Schulungen und technische Tests vorgesehen
Quelle: Davina Spohn
Quelle: Davina Spohn
26 Grad, strahlend blauer Himmel, trockene Wärme − das Klima ist mild an der Costa del Sol. Ideale Bedingungen für den unterbrechungsfreien Betrieb von Maschinen wie Radladern, Kettenbaggern, mobilen Generatoren, Batteriespeichersystemen und Co. Alle stehen sie auf einem 260 Hektar großen Gelände in Malagas Stadtteil Campanillas, rund 20 Kilometer vom Zentrum entfernt. Dort betreibt Caterpillar seit 1971 das Malaga Demonstration & Learning Center − kurz MDLC. Über 7.000 Gäste besuchten im vergangenen Jahr rund 330 Veranstaltungen − darunter Mitarbeitende, Kunden, Händler und internationale Medien. Auch E&M war im Mai dieses Jahres vor Ort.
Die Stromversorgung des Standorts erfolgt über ein hybrides Microgrid, das auf maximale Versorgungssicherheit ausgelegt ist. Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher und Gasmotoren arbeiten dabei eng abgestimmt zusammen. Steuerungseinheiten koordinieren das Zusammenspiel − alles Komponenten des US-amerikanischen Maschinen- und Anlagenbauers Caterpillar, der in diesem Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert. Zwar ist das MDLC ans öffentliche Netz angeschlossen, kann jedoch bei Bedarf vollständig autark betrieben werden − und hat seine Robustheit erst kürzlich bewiesen: Bei dem großflächigen Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel Ende April blieb das MDLC uneingeschränkt funktionsfähig.
Strukturelle Schwächen offengelegt
Der Blackout entblößte die Anfälligkeit des europäischen Verbundsystems. Laut dem spanischen Übertragungsnetzbetreiber Red Electrica de Espana (REE) wurde die Störung durch einen kurzzeitigen Spannungsabfall im Stromnetz ausgelöst. In dessen Folge schalteten sich Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von etwa 10.000 MW automatisch ab − und damit rund ein Drittel der installierten PV-Leistung Spaniens. Die Kettenreaktion reichte bis nach Frankreich.
Der Vorfall sei ein Symptom wachsender Instabilität, findet Francois-Xavier Saury. Der Business Development Manager für EAME-CIS sieht die räumliche Schieflage zwischen Erzeugung und Verbrauch als Teil des Problems: „Die Solarproduktion konzentriert sich stark im Süden Europas − doch vielerorts fehlt es an leistungsfähigen Stromleitungen, um die Energie in die Verbrauchszentren zu bringen.“ Veraltete oder nicht genehmigte Leitungen verlangsamten den Abtransport des Stroms, das System halte nicht Schritt mit dem Tempo der Energiewende. Saury: „Steigende Stromnachfrage, ehrgeizige Klimaziele und ein wachsender Anteil fluktuierender Erzeugung setzen das Netz zunehmend unter Druck.“

Francois-Xavier Saury, Business Development Manager bei Caterpillar, sieht Europas Stromnetz am Limit: Alte Leitungen und
wachsender Solarstrom erzeugen Spannungen im System
Quelle: Davina Spohn
Quelle: Davina Spohn
Auch Rich Osborne, Vice President und General Manager von Large Electric Power Solutions bei Caterpillar, erkennt in dem Blackout ein deutliches Warnsignal. Auf Nachfrage von E&M sagte er Ende Juni: „Die Energieversorgung ist angesichts des steigenden Strombedarfs komplexer geworden.“ Zwar gebe es zahlreiche technische Optionen zur Stabilisierung des Systems, doch auf der Erzeugungsseite seien sie nur langfristig umsetzbar. Schneller realisierbar seien Maßnahmen auf der Verbrauchsseite − wie temporäre Stromversorgung, dezentrale Erzeugung, Energiespeicher oder Microgrids. Diese könnten nicht nur kurzfristig Kapazitäten bereitstellen, sondern auch Resilienz, Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit fördern.
Stabilität durch flexible Versorgung
Der Stromausfall im April bestätigt, was Anlagenhersteller wie Caterpillar seit Langem beobachten: Das Stromsystem braucht mehr Widerstandsfähigkeit. Die unkontrollierte Abschaltung vieler Erzeugungsanlagen zeige vor allem, wie wichtig steuerbare Einspeiser sind. Brian George, Vice President Technik und Produktmanagement bei Caterpillar, sieht als Schlüssel zur Lösung dieser Probleme die dezentrale Energieerzeugung: „Man verlässt sich nicht auf das Übertragungsnetz, sondern bringt die Erzeugung näher an das Lastzentrum.“
Diese Strategie spiegelt sich in der Technologiephilosophie des Unternehmens: Caterpillar setzt auf modular aufgebaute Systeme, die flexibel auf Netzschwankungen reagieren können − etwa durch schnellstartfähige Gasmotoren, gekoppelt mit Batteriespeichern und intelligenter Steuerung. Das skalierbare Cat Energy Control System (ECS) deckt Anwendungen vom Notstrombetrieb bis zur Integration in komplexe Microgrids ab. Ergänzt wird es durch gasbetriebene Generatoraggregate der Baureihe G3500K (1,5 bis 2,5 MW).
Laut Raphael Timms, bei Caterpillar Regional Sales Manager for Large Electric Power Solutions, lassen sich solche Systeme in sechs bis zwölf Monaten installieren − und bei Bedarf parallel an bis zu 1.000 Standorten. Für industrielle Anwendungen mit Wärme- oder Kältebedarf kommen zudem Kraft-Wärme-Kopplung und Tri-Generation-Konzepte zum Einsatz.

Neil Smith, Strategy Manager − Retail Electric Power Solutions bei Caterpillar, zeigt ein modulares Batteriespeichersystem,
wie es zur Netzstabilisierung, zur Spitzenlastkappung oder für Microgrids im Einsatz ist
Quelle: Davina Spohn
Quelle: Davina Spohn
Ein weiteres Argument für dezentrale Lösungen sieht Francois-Xavier Saury in ihrer Brennstoffflexibilität. Neben Diesel und Erdgas können die Aggregate mit synthetischen Kraftstoffen wie hydriertem Pflanzenöl (Hydrotreated Vegetable Oil, HVO) betrieben werden − und perspektivisch mit Wasserstoff. Entscheidend sei, so Saury, „dass sie schnell starten, Lastwechsel verkraften und gleichzeitig wirtschaftlich arbeiten“. Mit intelligenter Steuerung entstehe so eine Infrastruktur, die Versorgungssicherheit bietet − und gleichzeitig die Netze entlastet.
Hoffnungsträger Wasserstoff − mit Hindernissen
Wasserstoff gilt vielen als Schlüsseltechnologie der klimaneutralen Energieversorgung. Auch Caterpillar sieht ihn als wichtigen Baustein. Laut Timms genießt der Energieträger bei Politik, Industrie und Investoren hohe Priorität. Er könne helfen, die wachsenden Ungleichgewichte zwischen Stromerzeugung und Strombedarf auszugleichen − insbesondere angesichts der fluktuierenden Erneuerbaren. In Kombination mit dezentralen Aggregaten lasse sich damit eine widerstandsfähige Energieinfrastruktur aufbauen.
Doch die Realität hinkt hinterher. Viele Pilotprojekte scheitern laut Timms am Offensichtlichen: dem verfügbaren Wasserstoff. Seit Jahren sucht Caterpillar in Europa nach einem Standort für ein vollständig wasserstoffbetriebenes Gasmotoraggregat mit 1,25 MW − bislang erfolglos. In den USA hingegen konnte das Unternehmen ein solches Referenzprojekt bereits umsetzen − im Rahmen eines Pilotversuchs im Bundesstaat Minnesota.
Praxisversuch in den USA
Drei Jahre lang testete Caterpillar in den USA gemeinsam mit dem regionalen Versorger District Energy St. Paul den Einsatz von Wasserstoff in einem 2-MW-Blockheizkraftwerk. Eingesetzt wurde ein Aggregat vom Typ Cat G3516, das in mehreren Versuchsphasen jeweils bis zu 200 Stunden mit reinem Wasserstoff betrieben wurde − und zum Vergleich unter identischen Bedingungen auch mit Erdgas. Strom und Wärme speiste das System direkt in das Versorgungsnetz ein. Laut Caterpillar entsprach die Effizienz im Wasserstoffbetrieb der konventioneller Erdgasaggregate.
„Diese erfolgreiche Demonstration zeigt, wie wir durch maßgeschneiderte Lösungen unseren Kunden helfen, ihre Energieziele zu erreichen“, so Melissa Busen, Senior Vice President der Electric Power Division bei Caterpillar. Ziel des vom US-Energieministerium geförderten Projekts war es, Emissionen, Betriebssicherheit und technische Stabilität unter realen Bedingungen zu bewerten.
Zwar wurde der Betrieb mit reinem Wasserstoff im Pilotprojekt erfolgreich erprobt, doch in die Serienanwendung ist die Technologie noch nicht überführt. Caterpillar hat aktuell serienreife Lösungen für den Mischbetrieb in seinem Portfolio: Generatoraggregate mit Leistungen zwischen 400 kW und 4,5 MW vertragen bis zu 25 Prozent Wasserstoff im Erdgas. Bei Gasturbinen sind laut Unternehmen bis zu 80 Prozent möglich.
Perspektivisch soll der reine Wasserstoffbetrieb in die Serienproduktion überführt werden. Technisch sei man bereit, versichert Timms: Das Gasmotoren-Portfolio sei grundsätzlich H2-fähig und die Validierung für den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff laufe auf Hochtouren. Doch die Infrastruktur fehlt. Ein Beispiel aus Deutschland macht das deutlich: Dort wurde ein mit Wasserstoff betriebener Eisenbahnzug wieder außer Betrieb genommen − mangels zuverlässiger Versorgung. Beispiele wie die Heidekrautbahn in Brandenburg oder das Wasserstoffprojekt im Taunus zeigen, dass fehlende Infrastruktur und Brennstoffengpässe den Betrieb ausbremsen können. Dennoch ist Caterpillar optimistisch: Sobald der Wasserstoff verfügbar ist, will das Unternehmen liefern.
Das MDLC
Das Malaga Demonstration & Learning Center (MDLC) gilt bei Caterpillar als globaler Referenzstandort für hybride Energiesysteme.
Neben der Produktpräsentationen dient das 260 Hektar große Gelände auch als Testumgebung für Lastwechselverhalten, Brennstoffflexibilität
und Steuerungstechnologien unter realen Klimabedingungen.
Das Zentrum ist eines von weltweit drei firmeneigenen Standorten, an denen Caterpillar neue Microgrid-Konzepte intern validiert, bevor sie global ausgerollt werden. Anders als bei Pilotprojekten mit Kunden erfolgt die Entwicklung hier unter kontrollierten Bedingungen − losgelöst von Netzrestriktionen oder Partnerabhängigkeiten. Auch Netzbetreiber, Behörden und internationale Partner nutzen das Gelände regelmäßig für Trainings und Technologiechecks.
Das Zentrum ist eines von weltweit drei firmeneigenen Standorten, an denen Caterpillar neue Microgrid-Konzepte intern validiert, bevor sie global ausgerollt werden. Anders als bei Pilotprojekten mit Kunden erfolgt die Entwicklung hier unter kontrollierten Bedingungen − losgelöst von Netzrestriktionen oder Partnerabhängigkeiten. Auch Netzbetreiber, Behörden und internationale Partner nutzen das Gelände regelmäßig für Trainings und Technologiechecks.

Der Eingangsbereich des Malaga Demonstration & Learning Centers: Neben Seminarräumen gibt es über 60 Maschinen, einen großen
Motorraum und ein SOS-Öllabor für Ölkühlmittel- und Kraftstoffanalysen
Quelle: Davina Spohn
Quelle: Davina Spohn

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Freitag, 01.08.2025, 09:29 Uhr
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