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Enerige & Management > Politik - Emissionshandel auf dem Prüfstand
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
POLITIK:
Emissionshandel auf dem Prüfstand
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
Die EU will den Emissionshandel (ETS) auf den Verkehr und den Gebäudesektor ausweiten. Das ist im Prinzip beschlossen, wird jetzt aber wieder infrage gestellt.

Der Emissionshandel gilt als das erfolgreichste Instrument der europäischen Klimapolitik. Industrie und Energiewirtschaft, die vom ETS erfasst werden, haben ihre Klimaziele bislang erreicht. Deswegen liegt es nahe, die Bepreisung des CO2-Ausstoßes auf die Sektoren auszudehnen, die bei der Senkung ihrer Treibhausgase nicht so erfolgreich sind. Das gilt besonders für den Verkehr und das Heizen von Gebäuden. Ab 2027 sollen Raffinerien für Emissionen, die durch den Einsatz von Treibstoffen entstehen, Emissionsrechte benötigen. Das Gleiche gilt für Gas, das zum Heizen oder Kochen verwendet wird.

Das könnte für manche Mitgliedsstaaten ein Problem werden, sagt der Staatssekretär im Bundesumweltministerium, Jochen Flasbarth: „Der CO2-Preis wird in Paris gleich hoch sein wie in Ostrumänien, aber die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, auf die er da trifft, sind sehr unterschiedlich.“
 
E&M-Korrespondent Tom Weingärtner
Quelle: E&M

Für Deutschland ist das Problem überschaubar, da es bereits einen CO2-Preis für Treibstoffe und Gas für die privaten Haushalte gibt. Es werden nur geringe Preissteigerungen erwartet. Die Regierungen anderer EU-Länder übten jedoch „massiven Druck“ auf das ETS2 aus, sagte Flasbarth dem Tagesspiegel.

Inzwischen verlangen 20 Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, die Pläne zur Einführung des ETS2 zu ändern. Grundsätzlich hält die Bundesregierung am ETS2 fest. Den Deutschen geht es darum, Preisspitzen bei der Einführung zu vermeiden. Dafür müsse man die Richtlinie selbst nicht ändern, heißt es in Berlin. Es reiche, wenn die Regeln für den Einsatz der „Marktstabilitätsreserve“ (MSR) angepasst würden. In der MSR wird ein Teil der Emissionsrechte geparkt, um sie bei überhöhten Preisen auf den Markt zu bringen.

Wunsch nach transparentem Preissignal

Damit würden sich allerdings nicht alle Länder zufriedengeben. Insbesondere die polnische Regierung, die 2027 wiedergewählt werden will, macht sich für weiter reichende Änderungen und eine spätere Einführung des ETS2 stark. Auf breite Unterstützung stößt der Wunsch, die erste Auktion von Emissionsrechten für das ETS2 spätestens Mitte nächsten Jahres durchzuführen. Das würde das im ETS2 zu bildende Preissignal „transparenter“ machen, heißt es in einem Brief von Mitgliedsstaaten an die EU-Kommission. 
Auch die Klimalobby fürchtet, dass ein Preisschock bei der Einführung des ETS2 die Akzeptanz des Emissionshandels und der gesamten Klimapolitik unterminieren könnte. Die europäischen Umweltverbände stehen dem ETS2 skeptisch gegenüber. Nur wenn alle Einnahmen aus dem Verkauf der Zertifikate für den sozialen Ausgleich verwendet würden, sei das ETS2 wirksam für den Klimaschutz, heißt es beim Klimanetzwerk CAN. Die in der deutschen „Klima-Allianz“ zusammengeschlossenen NGOs haben bereits im Sommer einen „5-Punkte-Plan“ vorgelegt, der verhindern soll, dass einkommensschwache Haushalte durch höhere Gas- und Spritpreise überfordert werden. Deutschland sollte dafür den Sozialfonds der EU in Anspruch nehmen.

Das Öko-Institut hält „begleitende Maßnahmen“ bei der Einführung des ETS2 ebenfalls für nötig. Der Einbau einer neuen Heizung sei teuer, sagt sein Klimaexperte Jacob Graichen: „Hier bedarf es der Förderung durch den Staat, damit Bürger durch steigende Kosten nicht übermäßig belastet werden.“ Die Nachfrage nach Zertifikaten in Deutschland als größtem Teilmarkt im ETS2 werde auf jeden Fall einen erheblichen Einfluss auf die Preisentwicklung im ETS2 haben. Ein Tempolimit auf den deutschen Autobahnen würde erheblichen Druck auf den Preis für die neuen Zertifikate ausüben.

Anderen EU-Staaten fehlt allerdings das Geld für „begleitende Maßnahmen“. Sie drängen darauf, den Kohlenstoffpreis auf Treibstoffe, Gas und Heizöl erst später einzuführen oder das ETS2 „nachzujustieren“.

Eine Verschiebung des Emissionshandels im Gebäude- und Verkehrssektor läge durchaus im Trend, denn auch andere klimapolitische Instrumente wie das Aus für Verbrennermotoren werden in der EU immer lauter infrage gestellt. Das allgemeine Klimaziel der EU wird jetzt wieder auf höchster politischer Ebene verhandelt. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, die Treibhausgase der EU bis 2040 um 90 Prozent zu reduzieren. Die Umweltminister sollten darüber zügig entscheiden. Dieser Plan ist gescheitert. Frankreich verlangt stattdessen eine Diskussion über die europäische Klimapolitik und wird dabei von Deutschland unterstützt. Die Europäer müssten noch einmal grundsätzlich darüber reden, welche klimapolitischen Ambitionen sie sich leisten könnten, sagt der französische Staatspräsident Macron.
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 18.09.2025, 17:06 Uhr

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