
Der Beschluss des Pakets um das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG-Paket) dürfte sich bis ins zweite Quartal 2021 verzögern,
befürchtet der Energiesprecher der Sozialdemokraten (SPÖ) im österreichischen Bundesparlament, Alois Schroll.
Zwar ging der Entwurf des Pakets zur Neugestaltung der Ökostromförderung im vergangenen Herbst in die vorparlamentarische
Begutachtung durch die betroffenen Interessengruppen. Die Begutachtungsfrist endete am 28. Oktober. Doch seither habe sich
nichts mehr getan, kritisierte Schroll bei einem Hintergrundgespräch am 15. Januar. Und der Parlamentarier warnte: Wenn das
Paket nicht spätestens am 24. Februar im Ministerrat von der Bundesregierung behandelt werde, könne es schwerlich bei der
Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Parlaments am 10. März auf der Tagesordnung stehen.
Damit aber sei eine Beschlussfassung im Plenum des Parlaments im März nahezu ausgeschlossen. Die Umsetzung eines allfälligen
Beschlusses wiederum nehme „mehrere Monate“ in Anspruch: „Dann sind wir voraussichtlich schon im Herbst.“
Das aber sei einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien alles andere als förderlich, erläuterte Schroll. Die Bundesregierung
plant, den jährlichen Strombedarf Österreichs ab 2030 bilanziell vollständig mithilfe der Erneuerbaren zu decken. Zu diesem
Zweck muss die jährliche Ökostromerzeugung um 27 Mrd. kWh oder rund 50 % gesteigert werden.
Vorgesehen war, den Ausbau der Wind- und der Wasserkraft sowie der Photovoltaik- und Biomasseanlagen im Zehnjahreszeitraum
2020 bis 2030 zu bewerkstelligen. Sollte das EAG-Paket erst in der zweiten Jahreshälfte in Kraft treten, wären laut Schroll
seit Beginn 2020 somit „bereits fast zwei Jahre verloren“. Und bis dato habe die Regierung aus Konservativen (ÖVP) und Grünen
wenig Bereitschaft zu Offenheit gegenüber der Opposition gezeigt, obwohl sie ihrer Stimmen zu Beschlussfassung des EAG-Pakets
mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit bedarf: „Bis jetzt werden wir nur hingehalten.“
Unklar sind für Schroll die Gründe der Verzögerung. Er habe von regierungsinternen Unstimmigkeiten gehört, nicht zuletzt hinsichtlich
der Rolle grüner Gase wie Biomethan. Die ÖVP wolle den Einsatz forcieren, die Grünen seien skeptisch hinsichtlich der verfügbaren
Potenziale. Auch gebe es offenbar Nachfragen seitens der EU-Kommission, bei der das Paket notifiziert werden muss: „Aber was
die Kommission wissen möchte, ist uns nicht bekannt.“
Umstrittene Kosten
Robert Strayhammer, der energiepolitische Referent im Parlamentsklub der SPÖ, ergänzte: „Wir können nach wie vor nicht beurteilen,
ob das neue Ökostrom-Fördersystem effizienter sein wird als das derzeitige.“ Das liege unter anderem daran, dass viele Details
erst durch Verordnungen aufgrund des Pakets festgelegt würden.
Grundsätzlich ist vorgesehen, die derzeit dominierenden Einspeisetarife durch flexible Marktprämien zu ersetzen, deren Höhe
überwiegend mit Verordnungen festgelegt werden soll. Die Gesamthöhe der Fördermittel wird auf 1 Mrd. Euro pro Jahr im Dreijahresschnitt
begrenzt.
Allerdings sieht der Entwurf des EAG-Pakets die Möglichkeit vor, diese Grenze durch einen Beschluss des Hauptausschusses der
ersten Kammer des Parlaments, des Nationalrats, zu überschreiten. Hierfür ist lediglich eine einfache Mehrheit erforderlich.
Doch dieses Procedere kommt für die SPÖ nicht infrage, betonte Schroll bei dem Hintergrundgespräch einmal mehr: Die Überschreitung
der 1-Mrd.-Grenze müsste ihm zufolge das Plenum des Nationalrats beschließen, wofür eine Zweidrittelmehrheit und daher die
Einbindung der Opposition nötig wäre.
Schroll geht davon aus, dass die Milliardengrenze schon bald überschritten wird: „Letztes Jahr beliefen sich die Kosten für
die Ökostromförderung auf rund 740 Mio. Euro, für heuer ist mit etwa 936,6 Mio. zu rechnen.“
Regierung am Zuge
Schroll fügte hinzu, die wesentlichsten Wünsche seiner Fraktion hinsichtlich des EAG-Pakets seien seit längerem bekannt. Erstens
müsse die Höhe der Ökostromförderung mit 100 Euro pro Haushalt gedeckelt werden. Reiche die damit sowie mit den Förderbeiträgen
der Industrie und des Gewerbes aufgebrachte Summe nicht, um den Ausbau im geplanten Umfang zu bewerkstelligen, müssten ergänzende
Mittel aus dem Bundesbudget bereitgestellt werden. Zweitens sei es notwendig, beim Ökostromausbau auf die Effizienz der Anlagen
zu achten. Und drittens gelte es, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, nicht zuletzt durch den zügigen Ausbau der Stromnetze.
Auf die Frage der Redaktion, wie es nun weitergehe, beschied Schroll, er könne nur an die Öffentlichkeit gehen und auf die
Lage aufmerksam machen. Die Elektrizitätswirtschaft jedenfalls warte sehnsüchtig auf das Paket: „Das habe ich Klima- und Energieministerin
Leonore Gewessler auch persönlich gesagt.“ Am Zuge sei aber die Regierung: „Wenn sie sagt, es tut sich bis in den Herbst nichts,
dann soll es so sein.“
Dienstag, 16.02.2021, 10:17 Uhr