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Enerige & Management > Strom - Dynamische Stromtarife lohnen sich so mittel
Quelle: Fotolia / galaxy67
STROM:
Dynamische Stromtarife lohnen sich so mittel
Eine Studie hat die Auswirkungen von dynamischen Tarifen anhand der Strompreise 2024 ausgewertet. Preissignal und Verbraucherbedürfnis passen oft nicht zusammen.
 
Die Studienergebnisse zeigen: Ein reines Preissignal reicht nicht aus, um das Verbrauchsverhalten von Stromkunden in großem Umfang zu steuern. Zwar verlagern sich Lasten, doch entstehen dabei neue Probleme. Ohne zusätzliche Kurzzeitspeicher oder Batterien führen dynamische Tarife zu erheblichen Verwerfungen im Tagesablauf, heißt es in der Studie von Prof. Dr.-Ing. Markus Löffler vom Westfälischen Energieinstitut in Gelsenkirchen.

Löffler hat in seiner Studie „Dynamische Stromtarife zur Regelung EE-versorgten Stromverbrauchs“ die Auswirkungen flexibler Preismodelle auf den Stromverbrauch 2024 simuliert. Grundlage sind 243 Szenarien, in denen unterschiedliche Verbrauchs- und Angebotslagen durchgerechnet wurden. Die Studie untersucht dabei, was passiert wäre, wenn alle Verbraucher in Deutschland bereits 2024 mit dynamischen Tarifen abgerechnet hätten.

Die Modellrechnungen knüpfen an das reale Lastprofil und die stündlich ermittelten Börsenpreise von 2024 an. Damit zeigt die Untersuchung auf, welche Effekte sich im Alltag einstellen würden. Das reicht von veränderten Spitzenlasten bis hin zu möglichen Kosteneffekten auf dem Strommarkt.

„Nichts passt zusammen“

Besonders in Wochen mit starkem Überangebot erneuerbarer Energie weicht der simulierte Verbrauch erheblich vom tatsächlichen Alltag ab. „Nichts passt zusammen“, heißt es in der Studie und führt zu konkreten praktischen Problemen. Verbraucher müssten beispielsweise mitten in der Nacht ihre Wäsche waschen oder industrielle Stromkunden außerhalb der üblichen Produktionszeiten ihre Anlagen betreiben.

Zwar könnten dynamische Tarife in Einzelfällen Vorteile bieten, doch strukturelle Probleme wie unzureichende Speicherkapazitäten und schleppender Netzausbau bleiben ungelöst. „Die Flexibilisierung des Strommarktes über dynamische Preismechanismen ist grundsätzlich eine Form der Energierationierung, die strukturelle Probleme sichtbar offenlegt“, sagt Löffler. „Als alleiniges Instrument sind flexible Tarife kein Game-Changer.“

Nach seinen Berechnungen können Kosteneffekte im Gesamtsystem durch notwendige Zusatzinvestitionen in Speichertechnik sogar aufgezehrt oder ins Negative verkehrt werden. Die Studie zeigt, dass eine flexible Anpassung des Verbrauchs an Preissignale ohne Kurzzeitspeicher kaum machbar sei. Diese Zusatzinvestitionen in Speicher könnten aber dazu führen, dass es „kaum zu nennenswerten finanziellen Entlastungen beim Strombezug kommt“ oder diesen sogar überproportional verteuert.

Trotzdem haben dynamische Tarife Potenzial

Dennoch sieht Löffler Potenzial. Er verweist auf die psychologische Wirkung dynamischer Tarife: Sie könnten das Bewusstsein der Verbraucher für die Herausforderungen der Energiewende schärfen und so Akzeptanz für weitere Maßnahmen schaffen. Zudem eröffnen sich Geschäftsfelder für neue Produkte, die auf den Tarifen aufsetzen wie Heimspeichern oder Elektromobilität. Auch innovative Geschäftsmodelle von Energieversorgern könnten in diesem Umfeld entstehen. Die Stromkunden dürften aber nicht den Eindruck gewinnen, dass sie am Ende trotz dynamischer Tarife finanziell enttäuscht werden, so die Studienautoren. 

Seit dem 1. Januar dieses Jahres sind Stromanbieter verpflichtet, dynamische Stromtarife anzubieten. Politik und Energiebranche verbinden mit diesem Schritt große Erwartungen: Verbraucher sollen ihren Stromverbrauch stärker an die wetterabhängige Einspeisung erneuerbarer Energien anpassen. Damit sollen Lastspitzen abgeflacht, das Stromsystem entlastet und die Integration von Wind- und Solarstrom verbessert werden. Für Löffler sind dynamische Stromtarife ein interessanter Baustein, „doch ohne Speicher, Netzausbau und ein robustes Marktdesign bleiben sie weit hinter den Erwartungen zurück“.

Die Studie „Dynamische Stromtarife zur Regelung EE-versorgten Stromverbrauchs “ kann auf der Internetseite des Westfälischen Energieinstituts heruntergeladen werden.
 

Stefan Sagmeister
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