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Enerige & Management > Inside EU Energie - Die Kurskorrektur der Ursula von der Leyen
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Die Kurskorrektur der Ursula von der Leyen
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
Es geht los: In dieser neuen Kolumne sortiert, ordnet und bewertet unser EU-Korrespondent Tom Weingärtner wöchentlich für die E&M-Leser das politische Geschehen in Brüssel. Die E&M-Redaktion wünscht viel Spaß!

Es ist eine delikate Operation, die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit dem europäischen Pakt für eine klimafreundliche Industrie („Green Industrial Deal“: GID) eingeleitet hat. Auf der einen Seite soll nicht der Eindruck entstehen, dass die „Kommission von der Leyen II“ von den Klimazielen der „Kommission von der Leyen I“ abrückt. Andererseits schwindet die Überzeugung, dass Europa damit ein wettbewerbsfähiger Industriestandort bleiben kann. Die Belastung der Unternehmen stehe nicht immer in einem angemessenen Verhältnis zum klimapolitischen Nutzen, hört man nun aus der Kommission.

Das soll jetzt korrigiert werden. Die Ankündigungen, die in dieser Woche gemacht wurden, sind dafür das politische Signal. Eine Strategie dahinter ist allerdings noch nicht erkennbar. Der GID soll dafür sorgen, dass die EU ihre führende Rolle bei grünen Technologien zurückgewinnt. Der zusätzliche „Aktionsplan zur Senkung der Energiekosten“ soll Gas und Strom, die in der EU zwei bis drei Mal so viel kosten wie in den USA oder China, billiger machen.

Mit dem GID, auch als „Wirtschaftsplan für Dekarbonisierung, Reindustrialisierung und Innovation“ angekündigt, kümmert sich die Kommission vor allem um die energieintensiven Branchen und um die „sauberen Technologien“. Sie sollen durch niedrigere Energiepreise entlastet und durch neue Förderprogramme unterstützt werden. Dabei geht es nicht nur um mehr Geld, von dem nicht ganz klar ist, wo es herkommen soll. Die Mitgliedsstaaten sollen grüne Produkte aus der EU künftig auch dann kaufen, wenn sie teurer sind als vergleichbare Angebote aus Drittstaaten.

Viele Ideen des GID sind nicht neu. Dass mindestens 40 Prozent der in Europa eingesetzten grünen Technologie in Zukunft aus eigener, europäischer Produktion stammen sollen, steht schon im „Netto-Null-Industrie-Act“ aus dem vergangenen Jahr. Die Lockerung der Beihilferegeln soll den Weg für Subventionen der Mitgliedsstaaten frei machen. Mut zu Wettbewerb sieht anders aus.

Der Aktionsplan zur Senkung der Energiekosten ist nicht gerade ein Aufbruch zu neuen Ufern. Es gehe vor allem darum, die bereits beschlossene Reform des Elektrizitätsmarkt-Designs schnell umzusetzen, sagt Energiekommissar Jörgensen.

Um die Strompreise schnell zu senken, empfiehlt er den Mitgliedsstaaten, die Steuern auf den Energieverbrauch zu senken, wohl wissend, dass die Neigung der nationalen Finanzminister dazu gering ist. Ein Vorschlag der Kommission zur Reform der Energiebesteuerung wird schon seit Jahren vom Ministerrat ignoriert.

Mit dem Abbau der Bürokratie will man jetzt Ernst machen.

Schon vor einem Jahr hatte die Kommissionspräsidentin angekündigt, die Unternehmen von einem Viertel ihrer Berichtspflichten zu entlasten. Jetzt sollen 80 Prozent der Unternehmen von der Nachhaltigkeitsberichterstattung und den Taxonomie-Vorschriften befreit werden. Von den Importeuren, die bislang Daten über den CO2-Gehalt von importiertem Stahl, Zement oder Aluminium sammeln müssen, damit ab 2027 Klimazoll erhoben werden kann, werden sogar 90 Prozent vom sogenannten CBAM befreit. Damit würden immer noch 99 Prozent der Emissionen erfasst, heißt es in Brüssel.

Damit, so freut sich der Klimapolitiker Peter Liese (CDU), habe die Kommission das Ruder herumgerissen, ohne die Klimaziele infrage zu stellen. Für seinen Parteifreund Christian Ehler ist der GID dagegen bestenfalls der erste Baustein, wenn es darum geht, die grüne Transformation zu einem „Business-Case“ zu machen: „Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, ob einige Umweltvorschriften aus dem vergangenen Mandat überhaupt noch angemessen sind.“

Die Kommission weist dieses Ansinnen zurück. Eine „Deregulierung“ komme nicht in Frage, sagt die zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Teresa Ribera. Chiara Martinelli, die Direktorin des Klimanetzwerkes CAN, traut dieser Zusicherung nicht. Was die Kommission vorgelegt habe, werde dem Anspruch „Vorrang für die Senkung der Emissionen“ nicht gerecht.

Aber auch die Industrie ist nicht sicher, wie ernst man es in Brüssel mit dem Vorrang für die Wettbewerbsfähigkeit wirklich meint. Mit der „bisherigen Herangehensweise“ werde man die Probleme jedenfalls nicht lösen, sagt der Cheflobbyist der chemischen Industrie, Wolfgang Große Entrup. Nach neuen Ideen sucht man in den Vorschlägen der Kommission vorerst freilich vergebens.

 
Quelle: E&M


 
 

Tom Weingärtner
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Donnerstag, 27.02.2025, 14:12 Uhr

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