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Enerige & Management > Gas - Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab
Quelle: Shutterstock / Mike Mareen
GAS:
Deutschland schafft Gasspeicherumlage ab
Die Bundesregierung will die Gasspeicherumlage an den Grenzübergangspunkten vom nächsten Jahr an nicht mehr erheben. Die Nachbarländer hatten das schon lange gefordert. 
 
Deutschland will die in Europa umstrittene Gasspeicherumlage an den Grenzübergangspunkten mit den Nachbarländern abschaffen. Das hat der deutsche Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold am Rande eines Energieministerrates in Brüssel angekündigt.

Er begründete den Schritt mit den negativen Auswirkungen der Abgabe auf den europäischen Binnenmarkt für Erdgas. Österreich, Ungarn, Tschechien und die Slowakei hatten sich im Vorfeld des Rates darüber beschwert, dass die Abgabe es ihnen schwere mache, von russischen Gaslieferungen unabhängig zu werden.

Österreichische Wirtschaftsministerin begrüßt Abschaffung

„Das ist ein Faktor, der Österreich die Diversifizierung erschwert“, sagte die österreichische Energieministerin, Leonore Gewessler, in Brüssel. Sie begrüßte die deutsche Ankündigung. Als Ersatz für das russische Gas kommt vor allem Flüssigerdgas in Frage, das über LNG-Terminals an der Nordseeküste und durch das deutsche Leitungsnetz in diese Länder gelangt. Der Transport wird durch die Abgabe erheblich verteuert.

Giegold sagte, dies sei nicht die Absicht der Bundesregierung gewesen: „Wir unterstützen die Integration der Energiemärkte in Europa. Es war niemals unsere Absicht, diese Integration zu behindern oder gar die Unabhängigkeit von Russland zu stören. Umgekehrt wurde damit ja die Befüllung der Speicher finanziert, die uns geholfen hat, den europäischen Markt unabhängiger und stabiler zu machen.“

Die Gaspeicherumlage werde allerdings nur an den Grenzen abgeschafft und im Inland weiter erhoben. Schließlich müssten die Speicher auch in Zukunft finanziert werden. Die Bundesregierung werde, auch im Interesse der Nachbarn, weiter in den Ausbau der LNG-Kapazitäten investieren.

Giegold kündigte einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung mit dem Ziel an, die Umlage an den Interkonnektoren zum 1. Januar 2025 abzuschaffen. Das werde den Gastransit durch das deutsche Leitungsnetz deutlich billiger machen.

Gastransit durch Deutschland wird billiger

Mit der Abgabe sollte die 2022 von der EU angeordnete Befüllung der Gasspeicher auf mindestens 90 Prozent finanziert werden. Weil Deutschland über die größte Speicherkapazität in der EU verfügt und davon auch die Nachbarländer profitieren, die keine eigenen Gasspeicher haben, stellt die Abgabe eine Beteiligung der Verbraucher an den Kosten der höheren Lagerhaltung dar, die den gesamten Gasmarkt stabilisieren soll.

Mit der Befüllung der deutschen Erdgasspeicher wurde der Marktgebietsbetreiber Trading Hub Europe (THE) beauftragt. THE kaufte 2022 nach eigenen Angaben auf dem internationalen Markt 50 TWh Gas für die Befüllung der Speicher zum Preis von 175 Euro/MWh. 12,5 TWh davon seien im Winter 2022/23 zum Preis von 77,5 Euro/MWh abgegeben worden. Die restlichen 37,5 TWh wurden im Winter 2023/24 für nur noch 48,50 Euro/MWh im Durchschnitt verkauft.

Die THE sah sich deswegen genötigt, die Umlage Anfang des Jahres auf 1,86 Euro/MWh anzuheben. Zum 1. Juli soll sie auf 2,50 Euro/MWh steigen, um die aufgelaufenen Verluste zu decken. Giegold bestätigte in Brüssel, dass die Erhöhung der Abgabe nach den geltenden, gesetzlichen Bestimmungen erfolge. Eine schnellere Abschaffung sei nicht möglich, weil eine Beratung des Gesetzes durch den Bundestag erst nach der Sommerpause erfolgen könne.

THE geht davon aus, dass eine Gesetzesänderung nur geringe Auswirkungen auf die Höhe der Umlage hat. Die Höhe werde nach einer Änderung der Rechtslage auf Grundlage des inländischen Verbrauchs neu ermittelt. Eine geringere Umlage ist auch deswegen zu erwarten, weil der Finanzierungsbedarf bei stabilen Gaspreisen geringer wird.

Andere Entwicklung in der Zukunft zu erwarten 
Die hohen Verluste in den vergangenen beiden Jahren entstanden vor allem dadurch, dass teures Erdgas eingelagert wurde, das später zu niedrigeren Preisen abgegeben werden musste. Mit einer vergleichbaren Entwicklung der Gaspreise wird vorerst nicht gerechnet.

Das Problem der Kostenverteilung aus der hohen Lagerhaltung ist damit aber nicht gelöst. Darauf hat der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, hingewiesen: „Es muss sichergestellt werden, dass Nutzer deutscher Gasspeicher im Ausland angemessen an der Speicherumlage beteiligt werden.“ Denn obwohl von den Gasspeichern in Deutschland auch die Verbraucher in den Nachbarländern profitieren, zahlen dafür in Zukunft nur die deutschen Verbraucher – schätzungsweise zwei Cent pro Kilowattstunde.
 

Tom Weingärtner
© 2024 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 30.05.2024, 16:50 Uhr

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