
Die kleinere Pilotanlage, die schon bisher Schiffstreibstoff aus biologischen Resten produziert. Quelle: Fraunhofer Umsicht
MOBILITÄT:
Demoanlage soll Biosprit für Schiffe herstellen
Aus Reststoffen wie Reishülsen wollen Forscher des Fraunhofer-Instituts Umsicht mit einem speziellen Pyrolyse-Verfahren einen Biokraftstoff für die Seeschifffahrt herstellen.
Aus landwirtschaftlichen Resten Schiffstreibstoffe zu synthetisieren: Darum geht es in dem neuen EU-Projekt „Seafairer“. Beteiligt
sind zehn Projektpartner unter Federführung der Technischen Universität Dänemark. Für die Technologie ist das Fraunhofer-Institut
für Umwelt, Sicherheit und Umwelttechnologien (Umsicht) aus Sulzbach-Rosenberg zuständig.
Als Rohstoffe für den Biokraftstoff sollen drei unterschiedliche Quellen dienen. Zum einen sind das Reishülsen aus dem spanischen Valencia, einer der größten Reis produzierenden Regionen in Europa. Ein weiterer Stoff sind Pflanzenfasern der Agave, die bei der Herstellung von Spirituosen wie Tequila und Mezcal in Mexiko übrigbleiben. Dabei wird der mexikanische Partner, Centro Mario Molina, die so genannte Bagasse sammeln und zur Verfügung stellen. Der dritte Einsatzstoff sind Bioabfälle aus Bayern, die beim Sieben von Bioabfällen für Kompostier- oder Biogasanlagen übrigbleiben. Derzeit sei diese Abfallfraktion unbrauchbar und lande in der Müllverbrennung, so Umsicht-Sprecher Frederik Betsch. Das verursache normalerweise Entsorgungskosten von etwa 70 Euro je Tonne.
Neuartige Pyrolyse-Technologie
Um aus den Resten Kraftstoffe zu gewinnen, hat das Umsicht die Pyrolyse-Technologie „Vinter“ (vertical intermediate thermochemical conversion) entwickelt und patentieren lassen. Dabei werden die kohlenstoffhaltigen Reststoffe unter Sauerstoffabschluss bei hohen Temperaturen erhitzt. Es entsteht ein Pyrolyseöl, bei dem längerkettige Kohlenstoffe gecrackt werden. Neben dem biogenen Rohöl, aus dem der Schiffskraftstoff synthetisiert wird, entstehen zwei weitere Fraktionen: eine Biokohle, die zum Beispiel zur Bodenverbesserung eingesetzt wird und so eine negative CO2-Bilanz erreichen kann, sowie wie ein wasserstoffhaltiges Synthesegas, das den Prozess selber mit Energie und Wärme versorgen wird, zum Beispiel zur Trocknung der Einsatzstoffe.
„Vorteil der Vinter-Technologie ist ihre große Flexibilität bei den Einsatzstoffen“, sagt Betsch. „Dies ermöglicht die Nutzung von global relativ reichlich vorhandenen biogenen Reststoffen, die nicht mit der Lebens- und Futtermittelproduktion konkurrieren. Im Projekt werden wir die Technologie von der derzeitigen Durchsatzkapazität von 65 Kilogramm pro Stunde auf Demonstrations-Maßstab skalieren“, so der Institutssprecher weiter. Dadurch soll der Durchsatz auf 250 kg/h steigen. Ziel sei es, im Projekt „mindestens 6.000 Liter Bio-Rohöl“ zu produzieren.
Fortschrittliche Biokraftstoffe
Für den Einsatz des künftigen Bio-Schiffstreibstoff gibt es zwei Optionen. Die erste sei, den Kraftstoff direkt zu 10 bis 30 Prozent (B10 bis B30) gemäß den Qualitätsanforderungen der Norm ISO 8217:2024 sehr schwefelarmem Bunkeröl (VLSFO) beizumischen. Der zweite Pfad ziele auf den mittel- bis langfristigen Bedarf der industriellen Seeschifffahrt ab. In diesem Fall werde das im Prozess anfallende Bio-Rohöl durch Hydrodeoxygenierung aufgewertet, wobei eine höhere Beimischungsquote (B50 bis B100) möglich wird bis hin zu einer Kraftstoffqualität gleichwertig mit Marine Diesel Oil (MDO).
Für die Auswahl der Reststoffe waren mehrere Faktoren wichtig. Erstens sollten sie regional in konzentrierter Form vorliegen und bisher nicht im Rahmen der Kreislaufwirtschaft genutzt werden. Zweitens müssen sie aus „fairen“ Quellen stammen, die keine indirekten Landnutzungsänderungen (iLUC) verursachen. Nur dann können die daraus gewonnenen Produkte auch als fortschrittliche Kraftstoffe gelten nach der EU-Direktive für Erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive – RED) II. Und nur dann können sie auch auf die erneuerbare Kraftstoffquote angerechnet werden, die die EU für alle diejenigen vorschreibt, die Mineralöl in der Gemeinschaft in Verkehr bringen.
6.000 Liter für Schiffe im Hafen Valencia
Der Kraftstoff soll am Ende des Projektes vom Hafen von Valencia aus während einer 30-tägigen Kampagne im Mittelmeer getestet werden. „An Bord werden Emissionswerte ebenso wie Kraftstoff- und Motorleistung live von dem Forschungszentrum für Verbrennungsmotoren und Thermodynamik Rostock GmbH (FVTR) gemessen“, erklärt Betsch.
Das Projekt Seafairer steht für „Sustainable Energy and Alternative Fuels from Advanced Intermediate Renewable Energy carrieR technology“. Die EU fördert das Vorhaben, das im September 2024 gestartet ist und bis 2028 läuft, mit 10 Millionen Euro. Zu den Partnern zählen die Unternehmensberatung KPMG und das dänische Startup Sagava, die einen Businessplan für die Technologie entwickeln wollen.
Als Rohstoffe für den Biokraftstoff sollen drei unterschiedliche Quellen dienen. Zum einen sind das Reishülsen aus dem spanischen Valencia, einer der größten Reis produzierenden Regionen in Europa. Ein weiterer Stoff sind Pflanzenfasern der Agave, die bei der Herstellung von Spirituosen wie Tequila und Mezcal in Mexiko übrigbleiben. Dabei wird der mexikanische Partner, Centro Mario Molina, die so genannte Bagasse sammeln und zur Verfügung stellen. Der dritte Einsatzstoff sind Bioabfälle aus Bayern, die beim Sieben von Bioabfällen für Kompostier- oder Biogasanlagen übrigbleiben. Derzeit sei diese Abfallfraktion unbrauchbar und lande in der Müllverbrennung, so Umsicht-Sprecher Frederik Betsch. Das verursache normalerweise Entsorgungskosten von etwa 70 Euro je Tonne.
Neuartige Pyrolyse-Technologie
Um aus den Resten Kraftstoffe zu gewinnen, hat das Umsicht die Pyrolyse-Technologie „Vinter“ (vertical intermediate thermochemical conversion) entwickelt und patentieren lassen. Dabei werden die kohlenstoffhaltigen Reststoffe unter Sauerstoffabschluss bei hohen Temperaturen erhitzt. Es entsteht ein Pyrolyseöl, bei dem längerkettige Kohlenstoffe gecrackt werden. Neben dem biogenen Rohöl, aus dem der Schiffskraftstoff synthetisiert wird, entstehen zwei weitere Fraktionen: eine Biokohle, die zum Beispiel zur Bodenverbesserung eingesetzt wird und so eine negative CO2-Bilanz erreichen kann, sowie wie ein wasserstoffhaltiges Synthesegas, das den Prozess selber mit Energie und Wärme versorgen wird, zum Beispiel zur Trocknung der Einsatzstoffe.
„Vorteil der Vinter-Technologie ist ihre große Flexibilität bei den Einsatzstoffen“, sagt Betsch. „Dies ermöglicht die Nutzung von global relativ reichlich vorhandenen biogenen Reststoffen, die nicht mit der Lebens- und Futtermittelproduktion konkurrieren. Im Projekt werden wir die Technologie von der derzeitigen Durchsatzkapazität von 65 Kilogramm pro Stunde auf Demonstrations-Maßstab skalieren“, so der Institutssprecher weiter. Dadurch soll der Durchsatz auf 250 kg/h steigen. Ziel sei es, im Projekt „mindestens 6.000 Liter Bio-Rohöl“ zu produzieren.
Fortschrittliche Biokraftstoffe
Für den Einsatz des künftigen Bio-Schiffstreibstoff gibt es zwei Optionen. Die erste sei, den Kraftstoff direkt zu 10 bis 30 Prozent (B10 bis B30) gemäß den Qualitätsanforderungen der Norm ISO 8217:2024 sehr schwefelarmem Bunkeröl (VLSFO) beizumischen. Der zweite Pfad ziele auf den mittel- bis langfristigen Bedarf der industriellen Seeschifffahrt ab. In diesem Fall werde das im Prozess anfallende Bio-Rohöl durch Hydrodeoxygenierung aufgewertet, wobei eine höhere Beimischungsquote (B50 bis B100) möglich wird bis hin zu einer Kraftstoffqualität gleichwertig mit Marine Diesel Oil (MDO).
Für die Auswahl der Reststoffe waren mehrere Faktoren wichtig. Erstens sollten sie regional in konzentrierter Form vorliegen und bisher nicht im Rahmen der Kreislaufwirtschaft genutzt werden. Zweitens müssen sie aus „fairen“ Quellen stammen, die keine indirekten Landnutzungsänderungen (iLUC) verursachen. Nur dann können die daraus gewonnenen Produkte auch als fortschrittliche Kraftstoffe gelten nach der EU-Direktive für Erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive – RED) II. Und nur dann können sie auch auf die erneuerbare Kraftstoffquote angerechnet werden, die die EU für alle diejenigen vorschreibt, die Mineralöl in der Gemeinschaft in Verkehr bringen.
6.000 Liter für Schiffe im Hafen Valencia
Der Kraftstoff soll am Ende des Projektes vom Hafen von Valencia aus während einer 30-tägigen Kampagne im Mittelmeer getestet werden. „An Bord werden Emissionswerte ebenso wie Kraftstoff- und Motorleistung live von dem Forschungszentrum für Verbrennungsmotoren und Thermodynamik Rostock GmbH (FVTR) gemessen“, erklärt Betsch.
Das Projekt Seafairer steht für „Sustainable Energy and Alternative Fuels from Advanced Intermediate Renewable Energy carrieR technology“. Die EU fördert das Vorhaben, das im September 2024 gestartet ist und bis 2028 läuft, mit 10 Millionen Euro. Zu den Partnern zählen die Unternehmensberatung KPMG und das dänische Startup Sagava, die einen Businessplan für die Technologie entwickeln wollen.
Oliver Ristau
© 2025 Energie & Management GmbH
Montag, 20.01.2025, 11:06 Uhr
Montag, 20.01.2025, 11:06 Uhr
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