
In Castrop-Rauxel, einer 74.000-Einwohner-Stadt nordwestlich von Dortmund, will das Projektteam nun prüfen, wo sich grüner Wasserstoff sinnvoll produzieren, speichern und einsetzen lässt. Die Stadt habe in Sachen Wasserstoff einiges zu bieten, wie Philipp Schroer meint. Der Projektleiter aufseiten des Fraunhofer IEG erklärt: „Schon seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nutzen Industrieunternehmen in Castrop-Rauxel Wasserstoff aus dem Chemiewerk Hüls in Marl, wo er zuerst als Überschuss bei der Produktion von Kraftstoffen aus Braun- oder Steinkohle entstand und später aus den Ölraffinerien kam.“
Noch heute liege Castrop-Rauxel am Ende der 240 Kilometer langen Wasserstoffpipeline von Air Liquide, die Leverkusen mit dem nördlichen Ruhrgebiet verbindet. Wasserstoff sei noch immer ein wichtiger Rohstoff der chemischen Industrie. Sie sei, wie Fraunhofer weiter anmerkt, die längste Wasserstoff-Pipeline Deutschlands und bildet zugleich den Startpunkt des geplanten Wasserstoff-Kernnetzes.
Standort mit lokalen Besonderheiten
Im Projekt H2 Raum wollen sich die Partner die lokalen Besonderheiten zunutze machen. Etwa den Windpark im Stadtteil Frohlinde, der den grünen Strom für die Wasserstoffproduktion liefern könnte. Als Wasserstoffspeicher kämen etwa ehemalige Zechen infrage. Somit gäbe es in Castrop-Rauxel eine funktionierende Wasserstoff-Infrastruktur und damit gute Voraussetzungen für die Nutzung des Energieträgers.
In Workshops und Experteninterviews wollen die Projektpartner auch die unternehmerischen Bedarfe der ansässigen Firmen sowie der Kommune erfassen. „Grundsätzlich, aus technischer Sicht, kann Wasserstoff in allen Bereichen als Energieträger fungieren, ob als Wärmequelle, Stromspeicher, zum Antrieb von Fahrzeugen oder zur Erzeugung von Prozesswärme“, so Schroer. Entscheidend sei aber, zu eruieren, wo der Einsatz von Wasserstoff aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht den größten Sinn ergibt. H2 Raum adressiert dabei alle Interessierten vom Start-up über kleine und mittelständische Unternehmen, Universitäten, Bildungs- und Forschungseinrichtungen über Studierende, Schülerinnen und Schüler bis hin in die Zivilgesellschaft hinein.
Digitaler Zwilling des Netzes geplant
Der Westfälischen Hochschule obliegt die Netzanalyse. Die Wissenschaftler wollen das Versorgungsnetz digital nachbilden, um
zu prüfen, wo zusätzliche Speicher nötig sind und wie sich der Einsatz von Wasserstoff auswirken würde, stelle etwa ein Unternehmen
seine Produktion von Erdgas auf Wasserstoff um. Die Hochschule verallgemeinere ihre Erkenntnisse im Anschluss und prüfe ihre
Übertragbarkeit auf andere Netze.
Betreiber der Netzinfrastruktur in Castrop-Rauxel ist die Gelsenwasser AG. Diese nimmt die Umwidmung vorhandener Gasleitungen in den Blick. „Dazu müssen wir jedoch wissen, wo es Sinn ergibt, bestehende Infrastruktur zu ertüchtigen und wo nicht“, so Klaus Mengesdorf, Projektleiter von Gelsenwasser. Dahinter stehe die Frage, wie sinnvoll das Heizen mit Wasserstoff ist oder welche Unternehmen ihre Prozesswärme besser mit Wasserstoff statt mit Strom erzeugen könnten.
H2 Raum wird finanziell durch das Förderprogramm „T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterstützt. Ziel des Förderprogramms ist, in strukturschwachen Regionen langfristig zukunftsweisende Innovationen und den Strukturwandel gleichermaßen voranzutreiben.
Dienstag, 13.02.2024, 15:42 Uhr