Wirtschaftsminister Robert Habeck hat zum Auftakt der Weltleitmesse Wind Energy in Hamburg eine positive Bilanz der seit 2022
beschleunigten nationalen Energiewende gezogen. Von der Wirtschaftsministerkonferenz mit den Ländern zugeschaltet, sagte der
Grünen-Politiker am 24. September auf Englisch: „Wir sind wirklich stolz auf das Erreichte: Wir, das heißt, die Bundesregierung, ich, der ehemalige
Staatssekretär Patrick Graichen und sein Nachfolger Philipp Nimmermann“ (beide Grüne, die Redaktion).
Der Erfolg der vor fast zwei Jahrzehnten auf der Klimakonferenz in Paris vereinbarten nationalen Klimaziele sei „vielleicht
größer als erwartet“, der „Aufschwung der erneuerbaren Energien besser als erhofft nach dem Tal“ vor der Ampelregierung, in
dem keine substanzielle Erneuerbaren-Infrastruktur installiert worden sei. Allein offshore sei 2023 mit 8.000 MW mehr installierte Leistung bezuschlagt worden, als bis dahin bereits am Netz war, und Deutschland werde 2030 kurz vor dem
Erreichen des 30.000-MW-Zwischenziels stehen. Damit spielte Habeck darauf an, dass einige tausend MW wegen verzögerter Netzanbindungen um
ein bis zwei Jahre später ans Netz gehen könnten.
Habeck verwies darauf, dass sich allein die Kooperation der Nordsee-Anrainerstaaten auf ein Endziel von 300.000 MW verpflichtet hatten. Deutschland, genauer, Hamburg, ist nächsten Juni Gastgeber der nächsten Konferenz dieser Staaten.
Zehn Gigawatt Onshore-Wind in diesem Jahr
Was Windkraft an Land betrifft, bekräftigte der Vizekanzler mit Bezug auf den Zubau: „Zehn Gigawatt Onshore-Wind werden wir
dieses Jahr erreichen.“ Dies sei aber nur möglich, wenn die Politik der Ehrgeiz mit der Energiewende nicht verlasse. Und die
Windkraft-Zubauziele wären allein mit einem Ersatz von 10.000 alten Windenergieanlagen durch 10.000 neue zu bewältigen, wiederholte
er. Erstmals sei jetzt „nicht die Politik der Flaschenhals“, sondern − das meinte Habeck anerkennend − die Unternehmen, die die
Ziele in der Wertschöpfungskette umsetzten.
Gefragt nach den zwei größten Herausforderungen, antwortete der Minister, es gelte, die Erneuerbaren in ein bestehendes Energiesystem
zu integrieren. Dies sei etwas anderes als während der Energiekrise, als er 2022 gesagt hatte, jede kWh Grünstrom zähle, um
das damals verknappte Gas und andere fossile Energieträger „hinauszudrängen“, denn mittlerweile stellten die Erneuerbaren
schon mehr als die Hälfte des einheimischen Stroms. Nächstes Jahr werde die Bundesregierung „erste Schritte zu einem Kapazitätsmechanismus schaffen“, um diese Herausforderung
zu bewältigen. Die zweite große Herausforderung nannte Habeck, die „Kontrolle über die Verteilung von Energie“ zu erlangen. Dies sei ein
„Sicherheitsthema“.
Auf die Frage nach einem Ratschlag für andere Energiepolitiker erwiderte Habeck: „Lassen Sie nicht alles − also Gas und Kohle
− auslaufen, während Sie nichts aufbauen (don’t phase out everything while not phasing in)“. Mit dem Aufbau meinte der Politiker
die Netzinfrastruktur, die mit dem Erneuerbaren-Zubau Schritt halten müsse. Auch hier habe die Bundesregierung Beschleunigungserfolge vorzuweisen: 2024 seien 1.700 Kilometer Übertragungsleitung genehmigt worden, so viel wie nie zuvor.
Habeck bekräftigte das gesetzliche Ziel, bis 2030 80 Prozent der einheimischen Stromerzeugung auf Erneuerbare umzustellen. Niemand solle in Resignation verfallen, wenn nicht genau
das 1,5-Grad-Ziel gehalten werden könne: „1,5 Grad? Zwei Grad? Wir wissen nicht genau, wo der Kipppunkt des Treibhauseffekts
ist.“ Aber gerade deshalb sei Handeln angesagt.
Dienstag, 24.09.2024, 14:52 Uhr