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Enerige & Management > Erzeugung - BNE warnt vor zentralem Kapazitätsmarkt
Quelle: Fotolia / Ralf Urner
ERZEUGUNG:
BNE warnt vor zentralem Kapazitätsmarkt
Nach einer Hochrechnung des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft belaufen sich die Kosten für einen zentralen Kapazitätsmarkt von 2030 bis 2050 auf bis zu 435 Milliarden Euro.
 
In der energiepolitischen Debatte herrscht zwar Einigkeit darüber, dass gesicherte Erzeugungsleistung gebraucht wird. Keinesfalls Einigkeit herrscht jedoch darüber, wie die Versorgungssicherheit am effizientesten gewährleistet werden soll. Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) kritisiert, dass es für diese Entscheidung bislang keine tragfähige Grundlage gibt.

Der Verband weist darauf hin, dass die Befürworter eines zentralen Modells nicht die gesamten volkswirtschaftlichen Kosten im Blick haben. Deshalb hat er eine Hochrechnung vorgelegt, welche Aufschluss über die langfristigen Kosten eines zentralen Kapazitätsmarkts geben soll. Sie basiert auf dem Monitoringbericht für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWE) von Katherina Reiche (CDU) und den Analysen des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), als es noch von Robert Habeck (Grüne) geführt wurde.
 
Die Berechnung stützt sich auf Szenarien zur Stromnachfrage und Erzeugung im Zeitraum 2030 bis 2045 aus dem Monitoringbericht. Der Hochrechnung zufolge würde eine Kapazitätsumlage von etwa zwei Cent je Kilowattstunde – wie sie laut früheren BMWK-Angaben im Raum steht – ab 2029 insgesamt rund 435 Milliarden Euro im Zeitraum 2030 bis 2050 verursachen. In einem explorativen Szenario ergäben sich immerhin noch etwa 340 Milliarden Euro.

Diese Summen entsprechen nahezu dem Volumen des Bundeshaushalts 2025 oder des auf zwölf Jahre angelegten Sondervermögens. „Während Befürworter mit harmlosen Cent-Beträgen argumentieren, zeigt unsere Berechnung die wahre volkswirtschaftliche Dimension – wir reden über mehrere hundert Milliarden Euro”, sagt Robert Busch, Geschäftsführer des BNE.
 
Die tatsächliche Belastung hängt stark von der Entwicklung der Spitzenlast und dem Grad an Flexibilisierung im Stromsystem ab. Steigende Elektrifizierung könnte die Umlagen weiter erhöhen. Selbst unter der konservativen Annahme konstanter Spitzenlasten würden die Kosten dem Verband zufolge noch immer bei rund 200 Milliarden Euro liegen.
 
Keine Empfehlung für zentralen Ansatz
 
Für einen Haushalt mit 4.000 kWh Jahresverbrauch würden die 2 Cent zu Kosten von 80 Euro pro Jahr führen, und ein Industriebetrieb mit 100 Millionen kWh müsste 2 Millionen Euro zusätzlich aufbringen. Diese Belastungen könnten im internationalen Wettbewerb entscheidend sein, insbesondere für Branchen wie Stahl, Chemie oder Papier.
 
Das frühere Bundeswirtschaftsministerium habe sich aus Kostengründen gegen einen zentralen Kapazitätsmarkt entschieden. Warum die aktuelle Leitung nun eine Festlegung in diese Richtung prüft, bleibe unklar. Der BNE weist darauf hin, dass der Monitoringbericht selbst keine Empfehlung zugunsten eines zentralen Modells gibt. Zudem sei im Koalitionsvertrag ein marktwirtschaftlicher Mechanismus angekündigt worden. „Der sogenannte Kapazitätsmarkt ist hingegen ein Instrumentarium zur Verteilung von Subventionen und hat mit Markt nichts zu tun“, heißt es in einem Positionspapier des BNE.
 
Administrativ komplex und politisch anfällig, orientiert sich an schwer prognostizierbaren Spitzenlasten, begünstigt Überdimensionierung, kann Flexibilitätsoptionen ausbremsen, drängt Innovationen aus dem Markt und ist nicht technologieoffen – so die fundamentale Kritik des Verbands am zentralen Ansatz. Außerdem verweise der Monitoringbericht auf erhebliche Prognoseunsicherheiten.
 
Absicherungspflicht als Alternative

Als Alternative macht sich der BNE für eine Absicherungspflicht stark. Dieses Modell setze auf marktwirtschaftliche Preissignale und dezentrale Verantwortung, statt auf „planwirtschaftliche Kapazitätssubventionen“, so Busch. Versorger müssten ihre Lieferverpflichtungen am Terminmarkt oder über eigene Anlagen absichern – etwa durch Kraftwerke, Speicher oder flexible Verbraucher. Dadurch würden Risiken verteilt, Investitionen angereizt und Innovationspotenziale erschlossen.
 
Die Absicherungspflicht komme ohne Umlage aus, erfordert keine staatliche Förderung und sei mit dem europäischen Binnenmarktrecht vereinbar. Ihr administrativer Aufwand bliebe gering, und sie ließe sich schneller umsetzen als ein Kapazitätsmarkt. Zudem würden alle Technologien gleichbehandelt, was Innovation und Effizienz stärkt. Da mit der Absicherungspflicht ein kosteneffizienteres Modell verfügbar sei, sei die Politik in der Pflicht, Alternativen ernsthaft zu prüfen.
 

Fritz Wilhelm
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