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Enerige & Management > Inside EU Energie - Bis 1. November müssten 20 Prozent mehr LNG her
Quelle: Pixabay / NakNakNak / E&M
INSIDE EU ENERGIE:
Bis 1. November müssten 20 Prozent mehr LNG her
Unser Brüsseler Korrespondent Tom Weingärtner kommentiert in seiner E&M-Kolumne „Inside EU Energie“ energiepolitische Themen aus dem EU-Parlament, der EU-Kommission und den Verbänden.
 
Der europäische Gasmarkt befindet sich in einem grundlegenden Wandel, eine eindeutige Richtung ist dabei aber nicht erkennbar. Das geht aus einem Bericht der europäischen Regulierungsbehörde ACER hervor.

Die Nachfrage lag im Großteil der abgelaufenen Wintersaison (Oktober 2024 bis Februar 2025) mit 1.994 Milliarden kWh zwar deutlich über jener der Wintermonate in den vorigen beiden Jahren, aber immer noch um gut 10 Prozent unter jener der Wintersaison 2021/22. Das lag vor allem an den insgesamt niedrigeren Temperaturen im Vergleich zu den Vorjahren: in der Industrie, Büros und privaten Haushalten wurde 6 Prozent mehr Gas verbraucht, in den Gaskraftwerken sogar 17,6 Prozent mehr, denn in Windkraftanlagen wurde 46 Prozent weniger Strom erzeugt.

Die Gasverstromung (Kraftwerksbedarf) entwickelte sich damit im jüngsten Winter entgegen dem längerfristigen Trend: im Jahresvergleich 2024 gegenüber 2023 ging sie um 7 Prozent zurück. Insgesamt lag der Gasverbrauch aller Sektoren 2024 um mehr als 17 Prozent unter dem Durchschnitt der fünf Vorkrisenjahre 2017 bis 2021.
 
Tom Weingärtner
Quelle: E&M

Im Gegensatz zum Verbrauch waren die Importe mit 139 Milliarden Kubikmetern (bcm) um 10 bcm geringer als in der gleichen Vorjahresperiode. Auch die Flüssigerdgas-Importe lagen insgesamt unter Vorjahresniveau, zogen aber im Januar und Februar deutlich an. Tatsächlich hätte die EU mehr als doppelt soviel LNG importieren können: Die Auslastung aller LNG-Terminals lag zwischen Oktober 2024 und Februar 2025 bei 46 Prozent, in Deutschland sogar nur bei 24 Prozent.

Die Großhandelspreise lagen mit im Mittel 46 Euro/MWh deutlich über den 34 Euro/MWh in der Vorjahresperiode. Sie schwankten aber im Verlauf dieses Winters stark. Anfang Oktober musste man knapp 40 Euro/MWh bezahlen, Ende Februar fast 60 Euro. Inzwischen sind die Preise wieder unter 40 Euro gefallen. Märkte mit hoher Liquidität hätten die Akteure der Gaswirtschaft in die Lage versetzt, mit den Risiken wirksam umzugehen, heißt es in dem Bericht. Das Volumen des Gashandels lag mit mehr als 400 Milliarden kWh pro Tag im ersten Quartal 2025 um fast ein Drittel über dem Vorjahreswert. Allerdings entfielen davon fast 350 Milliarden kWh alleine auf den niederländischen Hub (Handelspunkt) TTF, der seine führende Stellung im europäischen Gashandel ausbaut.

Die großen Preisschwankungen führt ACER nicht zuletzt auf die Entwicklung der Speicherstände zurück. Der längere und kältere Winter habe die Speicher schneller und weiter geleert, als mit den gestiegenen Versorgungsrisiken vereinbar sei. Am 1. April - dem traditionellen Ende der Heizperiode - waren die Speicher der EU noch zu 34 Prozent gefüllt, am 1. April 2024 waren es fast 60 Prozent gewesen.

In den kommenden sechs Monaten müsste die EU alle Pipelines nahezu voll auslasten und 20 Prozent mehr LNG importieren als 2024, um, wie bislang vorgeschrieben, die Speicher bis 1. November wieder auf 90 Prozent aufzufüllen - zu höheren Preisen als im Vorjahr, denn auch auf dem Weltmarkt wird wieder mehr LNG nachgefragt. Zu höheren Preisen auch als für den Winter 2025/26. Für die Gaswirtschaft gab es deswegen keinen Anreiz, die Speicher wieder aufzufüllen, beziehungsweise der Winter-Sommer-Preisspread ist aktuell dafür noch zu gering.

Diese ungünstige Aussicht hat die EU-Kommission erkannt und vorgeschlagen, das Speicherziel flexibler als bisher zu handhaben (wir berichteten). Die Gasspeicherverordnung soll zwar bis Ende 2027 verlängert werden, die Mitgliedsstaaten dürften aber von den dort genannten Zielwerten und Stichtagen unter bestimmten Bedingungen abweichen und dabei auch die Lage auf den Beschaffungsmärkten berücksichtigen.

Ministerrat will mehr Flexibilisierung

Inzwischen haben sich der Ministerrat und das Europäische Parlament dazu positioniert. Die Mitgliedsstaaten verlangen zusätzliche Flexibilität. Um „ungünstigen Marktbedingungen“ beziehungsweise der Spekulation entgegentreten zu können, soll der Richtwert ihrer Ansicht nach von 90 Prozent über einen längeren Zeitraum (1. Oktober bis 1. Dezember) erreicht werden. Die EU-Mitglieder können um bis zu 15 Prozent von dem Zielwert abweichen, und die Kommission soll in die Lage versetzt werden, noch niedrigere Speicherstände zu erlauben. Damit könnten die Unternehmen schneller auf den Markt reagieren und von niedrigen Gaspreisen profitieren.

Auch im Parlament zeichnet sich ein Votum für mehr Flexibilität ab. Zwischenziele auf dem Weg zur Befüllung der Speicher soll es nicht mehr geben. Die polnische Ratspräsidentschaft will die neue Gasmarkt-Verordnung noch im Juni endgültig verabschieden, so dass die Unternehmen bereits in diesem Sommer mehr Handlungsspielraum auf dem Beschaffungsmarkt hätten.

Die ACER stellt ihren Bericht zu Gas auf ihrer Website  zur Verfügung.

 
 

Tom Weingärtner
© 2025 Energie & Management GmbH
Donnerstag, 17.04.2025, 14:55 Uhr

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