
Die EU-Kommission hatte 2014 eine Richtlinie zum Ausbau des Ladenetzes vorgelegt. Danach sollten 2020 mindestens 800.000 Ladesäulen
in der EU zur Verfügung stehen. Später wurden die Pläne auf 440.000 gekürzt – aber auch davon ist die EU weit entfernt. Ende
vergangenen Jahres gab es gerade einmal 250.000 öffentlich zugängliche Ladestationen in Europa einschließlich Großbritannien.
Das hat die Kommission nicht daran gehindert, im Rahmen ihres Klimapaktes noch ehrgeizigere Ziele zu formulieren. 2025 sollen
mindestens eine Million Ladestationen im Betrieb sein. Nach einem Bericht des ERH müsste die Ladeinfrastruktur in den nächsten
Jahren allerdings wesentlich schneller ausgebaut werden als bisher, um dieses Ziel zu erreichen.
Die Rechnungsprüfer bescheinigen der EU zwar auch positive Beiträge zur Entwicklung der Elektromobilität. So gebe es gemeinsame
Standards wie einheitliche Stecker oder den Zugang zu den Ladesäulen. Von einer ungehinderten Fahrt im Elektroauto (EV) quer
durch Europa könne aber keine Rede sein. Mit der jüngst gestiegenen Zulassung halte der Ausbau der Infrastruktur nicht Schritt.
Dichte fällt sehr unterschiedlich aus
Tatsächlich ist die Ladesäulendichte in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. In Deutschland beispielsweise gab es 2020
rund 40.000 öffentliche Ladesäulen, davon 5.000 zum Schnellladen (über 50 kW). In den Niederlanden waren es 36.000 Ladepunkte,
obwohl die Landesfläche nur ein Zehntel der deutschen beträgt und die Bevölkerung nur ein Fünftel. Nur die Hälfte der EU-Staaten
erfüllten die europäische Vorgabe, einen Ladepunkt für zehn zugelassene EV bereitzuhalten.
Große Unterschiede gebe es auch bei der Bezahlung an der Ladesäule oder im Hinblick auf Informationen, kritisieren die Rechnungsprüfer.
In Echtzeit stünden so gut wie keine Daten über die Nutzung der Ladeinfrastruktur zur Verfügung. Verschiedene Zahlungs- und
Informationssysteme seien geeignet, die Freude an der elektrischen Fortbewegung zu trüben.
„Wir sind der Auffassung, dass die Kommission mehr tun sollte, um die EU-weite Netzabdeckung zu unterstützen und sicherzustellen,
dass die Mittel dorthin fließen, wo sie am dringendsten benötigt werden“, sagte ERH-Mitglied Ladislav Balko bei der Vorstellung
des Berichtes.
In den letzten Jahren hat die Kommission den Ausbau der Infrastruktur für „alternative Kraftstoffe“ mit rund 700 Mio. Euro
gefördert. Davon flossen 343 Mio. in die Elektromobilität. Dabei wurde nach Ansicht der Rechnungsprüfer nicht genug darauf
geachtet, dass die Verteilung der Ladepunkte den europäischen Zielen entspricht.
Die Kommission habe insbesondere nicht geprüft, welche Lücken es im Netz der Ladepunkte gebe und dem entsprechend versäumt,
ihre Fördermittel dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten gebraucht wurden. Kohärente Ziele oder Mindestanforderungen wurden
nicht formuliert.
Der Rechnungshof empfiehlt der Kommission deswegen, zunächst eine genaue Analyse vorzunehmen. Die Überarbeitung des rechtlichen
Rahmens für die Elektromobilität, die gegenwärtig in Brüssel durchgeführt wird, sei eine gute Gelegenheit einen „strategischen
Fahrplan zur Erreichung der Ladeinfrastruktur-Ziele auszuarbeiten und Mindeststandards und -anforderungen festzulegen“.
Fördermittel aus dem EU-Haushalt sollten nur noch eingesetzt werden, um offensichtliche Lücken im Ladenetz zu füllen. Die
Lücken müssten zuvor auf der Grundlage objektiver Kriterien ermittelt werden. Es müsse auch klar sein, dass kofinanzierte
Projekte „allen Nutzern einen diskriminierungsfreien Zugang bieten“.
Dienstag, 13.04.2021, 14:21 Uhr